Blick zurück in die goldene Kino-Ära in prachtvollem Technicolor: California (1947)
California (1947) wurde inszeniert vom vielseitigen Regisseur John Farrow (The Big Clock, Hondo), der verschiedentlich auch als Drehbuchautor aktiv war. Farrow war bei diesem Film der Paramount – zusammen mit Seton I. Miller (The Sea Hawk) – zugleich Produzent. Hinter der Kamera stand der renommierte Ray Rennahan (Drums Along the Mohawk, Gone With the Wind, For Whom the Bell Tolls). Die Zeitschrift Variety listete California im Januar 1948 auf Platz 16 der „Top Grossers 1947“.
Die Story rankt sich um Kalifornien, im frühen 19. Jahrhundert, das – vernachlässigt man die den nur rund 5.000 Europäern gegenüberstehenden ca. 150.000 Ureinwohner – noch eine hispanisch geprägte mexikanische Provinz gewesen ist. Bereits während des Mexikanisch-Amerikanischen Krieges (1846–48) machte sich diese vom Mutterland unabhängig. Infolge des Einflusses der insbesondere durch den Goldrausch von 1848 nochmals massiv erstarkten Gruppe US-amerikanischer Migranten wurde es im Jahr 1850 schließlich zum 31. Staat der amerikanischen Union. Damit ist allerdings nur der nördliche Teil, „Alta California“ der ehemaligen (bis 1846) mexikanischen Provinz gemeint, dessen südlicher Teil „Baja California“ noch heute den nördlichsten und westlichsten mexikanischen Bundesstaat bildet. Die Zahl der Indianer nahm übrigens nach der US-Annexion innerhalb von 20 Jahren kräftig ab, betrug in Kalifornien um 1870 nur noch ca. 30.000.
In der Umsetzung ist das Attribut „bildgewaltig“ das mitentscheidende Markenzeichen von California. Es ist entscheidend dabei behilflich, dem Zuschauer über so manche Schwäche des Drehbuchs dezent hinwegzuhelfen. Alles beginnt mit einem Kalifornien als das „Gelobte Land“ darstellenden prachtvoll-blumigen Prolog und mündet im Anschluss in groß angelegte Szenen eines gewaltigen Siedlertrecks, welcher in seiner Monumentalität sogar Der große Treck (1930) Konkurrenz machen kann. John Farrow setzt den Wagenzug in einer seiner bevorzugten langen Einstellungen mit langsamem Kameraschwenk grandios in Szene und dieser scheint sich von Horizont zu Horizont zu erstrecken. Von den die Handlung bestreitenden Figuren sticht das Duo Barbara Stanwyck und Ray Milland besonders hervor. Barbara Stanwyck zählte nicht zu den Hollywood-Schönheiten. Entsprechend bevorzugte sie auch in ihren Rollen einen betont markanten wie kantigen Frauentypus, der im Umgang oftmals rau und mitunter auch rücksichtslos (etwa in Billy Wilders Double Indemnity * Frau ohne Gewissen) agiert. In California verkörpert sie die Pokerspielerin und spätere Saloonbesitzerin Lily Bishop, die sich mit dem ebenfalls kaum zum hollywoodtypischen romantischen Publikumsliebling eignenden Ray Milland als Jonathan Trumbo, einem patriotischen Ex-Army-Leutnant und jetzt Treckführer, bis fast zum Schluss eine ziemlich ruppige, mitunter auch mal schlagende „Romanze“ mit Hindernissen liefert. (Milland hatte kurz zuvor den Oscar als Bester Schauspieler in der bemerkenswerten Alkoholismusstudie The Lost Weekend gewonnen.) Bereits bei ihrem ersten Auftritt, direkt nach dem Prolog, landet Lily direkt äußerst unsanft auf der Straße und wird dabei von den so honorigen Moralhüterinnen der Stadt und des sich dort formierenden großen Siedlertrecks übel beschimpft und fast aus der Stadt gejagt. Bemerkenswerterweise ist Barbara Stanwyck in dieser Szene die Einzige, die dank Technicolor und einer besonderen Ausleuchtung mit ihrer leuchtend roten Bluse auffällig Farbe zeigen und hervorstechen darf. Ihre farblich wesentlich dezenter ausstaffierten, zum Teil sogar komplett in schwarz gekleideten Gegenspielerinnen wirken gegenüber der Frau mit Vergangenheit eher bigott und langweilig. Ihre Rolle in California sticht damit von den üblichen Romanzen-Klischees deutlich ab. Sie markiert einen weiteren Schritt auf dem Wege zur „härtesten Frau im Westen“ in Samuel Fullers 40 Gewehre (1959).
Der Bösewicht des Plots ist der von George Coulouris dargestellte skrupellose Ex-Kapitän und Sklavenhändler Pharaoh Coffin. Er bildet den Kopf einer Interessengemeinschaft, die aus Kalifornien einen unabhängigen Staat machen will. Die hierzu im sehr verdienstvollen „Western-Lexikon“ von Joe Hembus zu findende Einordnung als „Schwungvoller Patrioten-Western der alten Schule“ ist stimmig. Die Aussage „aus Kalifornien ein selbständiges Kaiserreich machen“ ist hingegen irreführend.
Einen ebenfalls tragenden Part übernimmt der für seine charmant-kauzigen Rollen bekannte Barry Fitzgerald als Siedler Michael Fabian, der etwas besonders Wichtiges für den zukünftigen US-Bundesstaat in seinem Gepäck hat. Auch der damals noch wenig bekannte Anthony Quinn, welcher seinen Durchbruch erst ein paar Jahre später mit Viva Zapata (1952) erlebte, erhält einen Auftritt in einer Minirolle. Quinn verkörpert den honorigen Mexikaner Hernandez, der sich für eine demokratische Abstimmung über die Zukunft des sich von Mexiko gelösten Kalifornien einsetzt. Das macht ihn zum Gegner von Coffin, welcher ihn prompt aus dem Wege räumen lässt. Coffin, der die Macht an sich reißen will, ist zugleich Rivale Trumbos um Lilys Gunst. Er, den durch seine dunklen Geschäfte mit dem menschlichen „Schwarzen Gold“ motivierte Alpträume plagen, ist allein im Umgang mit Lily nicht nur erstaunlich rücksichtsvoll, sondern sogar überzeugend liebevoll und bildet damit den vielleicht interessantesten Charakter des Plots. Am Ende zeigt er Anzeichen beginnenden Wahnsinns und wird in der finalen Konfrontation mit seinem Gegenspieler Trumbo nicht von diesem, sondern von Lily erschossen.
Bis es soweit kommt, reißt der Film Einiges in groß angelegten Szenen an. Neben den bereits erwähnten vom großen Teck geht es auch um den kalifornischen Goldrausch, durch dessen Gerüchte der große Treck infolge der unter den Siedlern ausbrechenden Gier rasch in alle Winde zerstreut wird. Daran anschließend dominieren politische Ränkespiele und Verschwörungen um das seinerzeit im Spannungsfeld zwischen amerikanischen, mexikanischen und auch russischen Interessen befindliche Alta California. Von russischen Interessen ist allerdings genauso wenig zu spüren, wie vom mit keinem Wort erwähnten Mexikanisch-Amerikanischen Krieg. Der historische Hintergrund bleibt vielmehr komplett nebulös. Neben solchen, für Filme dieser Ära zeittypischen historischen Unschärfen und Ungenauigkeiten verliert das Gründer-Epos in der zweiten Hälfte auch einiges von seinem anfänglich so vielversprechenden, an Cecil B. DeMille erinnernden epischen Atem und verschenkt damit eben auch einiges an Möglichkeiten.
Der durchweg nicht nur äußerst gediegenen, sondern häufiger betont opulenten Ausstattung gelingt es freilich, die narrativen Schwächen durch in sattem Technicolor schwelgende Impressionen in den Hintergrund treten zu lassen. Das unkonventionelle Liebespaar in spe sowie der bemerkenswerte Bad Guy Coffin tragen ebenfalls dazu bei. Die Reize des Films zeigen sich aber nicht nur in den groß angelegten Szenen, wie dem großen Ball auf der festlich geschmückten und nach klassischer Hollywoodmanier perfekt ausgeleuchteten Hazienda Pharaoh Coffins, sondern ebenso in elegant verpackt eingestreuten kleineren Details, etwa, wie durch Siedler wie Michael Fabian und die von ihm liebevoll behüteten unscheinbaren Setzlinge auch der Rotwein nach Kalifornien kam.
Nicht vergessen werden soll auch Victor Youngs routiniert-charmante Filmmusik, welche gerade zum Rollenvorspann, im Prolog und der großen Treck-Sequenz zudem mit klangvollen Songeinlagen, zum Teil mit Chor, aufwartet, die allerdings von Earl Robinson komponiert sind und deren Text von E.Y. Harburg stammt.
California in HD auf BD
Koch Media präsentiert California sehr ansprechend aufgemacht als Mediabook der Reihe „Edition Western-Legenden“ wobei das als Covermotiv dienende Plakat dem Produkt eine besonders überzeugende, betont nostalgische Aura verleiht. Eingearbeitet befindet sich ein kleines aber fein aufgemachtes, 8-seitiges Booklet, das neben zwei schwarzweißen Aushangfotos über eine besonders nostalgisch anmutende, sich über eine Doppelseite erstreckende Bildercollage verfügt. Daneben findet sich ein dieses Mal in Umfang wie Aussagekraft etwas bescheidener, aber immer noch solider Begleithefttext von Hank Schraudolph.
Das Bild im klassischen Akademieformat (1 : 1,37) sieht bereits von der DVD-Ausgabe eindrucksvoll aus. Von Blu-ray erscheint es aber qualitativ nochmals um ein entscheidendes Quäntchen knackiger. Schärfe, Kontrast, Schwarzwert, Detailfreude und Bildstand geben kaum Anlass zur Kritik. Die Technicolor-Farben sind besonders vielfältig und zudem satt leuchtend gehalten, was diese Blu-ray zu einem Demoobjekt für das klassische Technicolor macht. Das leichte Filmkorn wirkt sehr natürlich und erscheint wie das nur in einzelnen, kürzeren Momenten ein wenig softer erscheinende, ansonsten sehr knackige Bild weitgehend naturbelassen, keineswegs übermäßig gefiltert.
Der Mono-Ton in Deutsch wie Englisch hinterlässt zudem einen erfreulich frischen Eindruck.
Die Boni-Kollektion ist klein aber ordentlich ausgefallen. Neben der Koch-Media-typischen, netten Galerie, bestehend aus Werbematerialien, findet sich noch ein Trailer in ordentlicher SD-Qualität.
Fazit: Paramounts California überspielt seine konzeptionellen Schwächen durch seine unleugbare visuelle Kraft, an der neben der vorzüglichen Kameraarbeit auch die leuchtende Farbenglut von Technicolor einen entscheidenden Anteil besitzt. Auch wenn der Film nicht zu den Vertretern des Genres zählt, die im größeren Stil Filmgeschichte geschrieben haben, so ist er doch auf seine unverwechselbar klassische Hollywood-Manier ungemein kurzweilig und unterhaltsam. Das liebevoll ausgestattete Mediabook präsentiert ihn dazu auch technisch in besonders ansehnlicher Verfassung. Das alles zusammen macht California zu einem prachtvollen Farbwildwester alter Schule, bei dem es einem so richtig warm ums Herz wird.
Zur Erläuterung der Wertungen lesen Sie bitte unseren Hinweis zum Thema Blu-ray-Disc versus DVD.