Winnetou-Trilogie (Blu-ray)

Geschrieben von:
Michael Boldhaus
Veröffentlicht am:
23. Mai 2012
Abgelegt unter:
Blu-Ray

Film

(3/6)

Bild

(5/6)

Ton

(3/6)

Extras

(3.5/6)

Die vier Karl-May-Filme des Regisseurs Harald Reinl (Der Schatz im Silbersee und die Winnetou-Trilogie) zählen sicher zum Besten, was die „Karl-May-Film-Welle“ der 1960er Jahre hervorgebracht hat. Die Kinowelt-DVD-Ausgaben wurden bereits im September 2000 vorgestellt und im Rahmen unserer 2005er Weihnachts-Specials folgten die Universum-Karl-May-Collection-Sets. Inzwischen hat Universum nachgelegt und die Tetralogie nun auch in High Definition (HD) auf Blu-ray (BD) herausgebracht. Zu den Filmen gibt es nichts Neues anzumerken. Das dazu in den oben verlinkten älteren Besprechungen Geschriebene besitzt nach wie vor Gültigkeit. Und so versteht sich auch der vorliegenden Artikel in erster Linie als technische Aktualisierung — neudeutsch „Update“ — dieser „Western-Klassiker made in Germany“ auf die aktuellen Blu-ray-Editionen.

Den Anfang in HD machte Der Schatz im Silbersee. In diesem Falle hat Universum nach den extrem negativen Käufer-Kritiken an der Anfang 2010 veröffentlichten BD-Erstausgabe sogar einen nochmaligen Anlauf genommen und im Rahmen einer Zweit-Edition eine Neuabtastung und elektronische Nachbearbeitung des Bildmaterials vorgenommen — die BD-Erstausgabe konnte übrigens im Rahmen einer Rücknahmeaktion gegen die Zweit-BD-Edition ausgetauscht werden. Besagte Zweit-BD-Edition firmiert auf dem Front-Cover mit einem unübersehbaren roten Werbe-Button, der mit „Remastered Edition — Überragende Bildqualität“ aufwartet.

Direkt gesagt: Das Attribut „Überragende Bildqualität“ ist zwar zu hoch gegriffen, aber man sollte beim Kritisieren und Vergleichen die Kirche im Dorf lassen. Stellt man den Universum-HD-Veröffentlichungen Pendants der Topklasse aus Hollywood gegenüber, z.B. Vom Winde verweht oder Ben-Hur, dann fallen die deutschen Produkte klar ein deutliches Stück ab. Hierzu muss man sich allerdings das bereits zur ebenfalls von Universum auf BD herausgebrachten klassischen Erich-Kästner-Verfilmung Drei Männer im Schnee Geschriebene ins Gedächtnis rufen. Für die US-Filme besteht ein erheblich größerer, weltweiter Absatzmarkt, der ganz andere Umsätze und damit auch Gewinne verspricht. Und exakt das macht es erst möglich, dass sowohl in erforderliche Restaurationen deutlich mehr Geld investiert werden kann als auch, dass die Kosten für aufwändiges Bonusmaterial (Dokus etc.) gestemmt werden können. Und noch etwas kommt hinzu: Die amerikanischen Filmstudios verfügen bei älteren Filmen in der Regel dank sorgfältiger Archivierung über Negativ- bzw. Kopienmaterial in erheblich besserer Qualität als im europäischen und somit auch deutschen Vergleich.

Eine der derzeit besten deutschen Aufbereitungen alten Filmmaterials findet sich in der HD-Veröffentlichung der Sissi-Trilogie, erschienen bei Studiocanal im Herbst 2011. Ganz so gut schneiden die vier Karl-May-Verfilmungen Harald Reinls zwar nicht ab, aber sie sind insgesamt ebenfalls liebevoll gemacht. Insofern belegt der bereits erwähnte Schatz im Silbersee auch durch den zweimaligen Anlauf das Bemühen von Universum. Auf der betreffenden BD ermöglicht das Boni-Segment „Der Wilde Westen in neuer Farbpracht: Vor und nach der Restauration“, einen Eindruck von den erreichten Verbesserungen zu gewinnen. So wirken die Bilder in der Regel schon deutlich schärfer und detaillierter als von den bisherigen DVD-Ausgaben geläufig und auch die meist recht satten Farben erscheinen stimmig. Dafür neigt das Weiß gelegentlich etwas zum Überstrahlen. Die früher als ungenügend ausgeleuchtete Tageslichtszenen unmittelbar erkennbaren Pseudo-Nachtszenen, „Day-for-Night“, erscheinen dank der jetzt erheblich herabgesetzten Helligkeit nun ebenfalls überzeugender. Deutlich wird aber eben auch, was bei der Nachbearbeitung schief gegangen, wo man beim Versuch, ein Problem zu beheben, zu weit gegangen ist. Dies betrifft insbesondere das bereits bei den DVD-Veröffentlichungen deutlich sichtbare Filmkorn. Statt selbigem sind nun besonders aus kurzer Entfernung unruhige Flächen mit „tanzenden“ Artefakten zu erkennen — ähnlich wie man sie übrigens auf der ersten Sissi-Trilogie auf DVD ausmachen kann. Eine zu starke Reduktion des Filmkorns mit Hilfe entsprechender Bildbearbeitungssoftware zieht immer einen Verlust der Detailvielfalt nach sich. Das Bild büßt deutlich an Schärfe und Detailreichtum ein und häufiger wirken gerade Gesichtszüge mehr oder weniger unnatürlich eingeebnet und wachsartig.

Bei der Winnetou-Trilogie scheint insgesamt weniger stark mit digitalen Filtern gearbeitet worden zu sein. Überwiegend ist die Detailschärfe konsistenter als beim Silbersee, überhaupt erscheint das Bild eine Portion knackiger. Allerdings fallen auch hier hin und wieder gewisse Qualitätsschwankungen ins Auge. Über größere Strecken kommt klar HD-Feeling auf, dann wieder gibt es auch mal Teile, die merklich matter, weicher erscheinen, offenbar von weniger gutem Quellmaterial abgenommen werden mussten.

Dabei darf man aber nicht übersehen, dass die gemachten Einschränkungen auf einem insgesamt doch recht hohen Qualitätsniveau angesiedelt sind, d. h. es liest sich ein Stück schlimmer, als es in der Praxis aussieht. Somit kann man unterm Strich mit Fug und Recht sagen, dass die vier Harald-Reinl-Karl-May-Filme auf BD im Vergleich zu den bisherigen DVD-Ausgaben qualitativ eindeutig zugelegt haben, auf Video noch nie derart gut ausgesehen haben. Das gilt auch für die vielen schönen Naturaufnahmen, die jetzt in HD nochmals deutlich plastischer und auch dank der satten Farben noch leuchtkräftiger erscheinen. Überhaupt wirkt die von DVD zum Teil übersättigt erscheinende Farbgebung jetzt bei allen vier Filmen besonders ausgewogen und stimmig. Farblich blass waren sie freilich nie, die auf Eastman-Color aufgenommenen deutschen Karl-May-Filmabenteuer, sondern vielmehr in kräftige, leuchtende Quasi-„Technicolor-Farben“ getaucht. Alles in allem kommen dafür beim Bild mit etwas Rückenwind „noch“ fünf Sterne in Betracht.

Die vorhandenen Extras sind fast durchweg von den früheren DVD-Editionen übernommen und entsprechend auch nur in Standardauflösung (SD) vorhanden. Neu ist praktisch nur das so genannte „virtuelle Booklet“ bei der Winnetou-Trilogie. Dahinter steckt ein Ersatz für das gedruckte Begleitheft der 2005er DVD-Editionen in Form einer Videogalerie, dessen Inhalt man mit Einzelbildschaltung anhalten und eingehend studieren kann. Allerdings ist das besagte „Booklet“ auf allen drei Winnetou-BDs identisch.

Beim Ton gibt es gegenüber dem der genannten DVD-Vorläufer keine nennenswerten Unterschiede. Das Aufblasen der originalen Mono-Tonmixe auf Surround-Stereo ist und bleibt problematisch. Das häufiger mehr oder weniger künstlich wirkende Ergebnis bleibt zwangsläufig qualitativ einem echten Stereo-Mix unterlegen — die künstlich gerichteten Ton-Effekte erinnern übrigens an ein technisches Kuriosum der 1950er Jahre: „Perspecta Stereophonic Sound“. Ob man sich mit dem Pseudo-Stereo anfreunden mag, ist reine Geschmackssache. Im Zweifelsfall bleibe man daher beim jeweils verfügbaren Original-Mono-Mix.

Unterm Strich sollte man nach meinem Dafürhalten hin und wieder ein Auge zudrücken und sich am in weiten Teilen doch unübersehbaren Qualitätsgewinn erfreuen, anstatt die verbliebenen Schwächen überzubewerten. Wer mit einem erstklassigen Beamer Bilder mit einer Breite von zweieinhalb Metern oder darüber projizieren kann, dem werden natürlich die erwähnten Probleme stärker auffallen. Aber in den allermeisten Wohnungen stehen Flachbildschirme mit Bilddiagonalen um die 40 Zoll und dann gilt erst recht das bereits oben Geschriebene: nämlich die Kirche im Dorf zu lassen.

Fazit: Auch die vier Karl-May-Filme von Regisseur Harald Reinl sind nun im HD-Zeitalter angelangt. Das Ergebnis ist vergleichbar mit der ebenfalls von Universum stammenden klassischen Erich-Kästner-Verfilmung in HD Drei Männer im Schnee. Zwar kann das Resultat nicht voll mit Restaurationen hochkarätiger US-Filme mithalten. Aber auch wenn man die Präsentationen eben nicht als perfekt bezeichnen kann, sind sie in jedem Fall eine erhebliche Verbesserung zum von den bisherigen DVD-Ausgaben Gewohnten. Und da auch der Preis eher niedrig angesetzt worden ist, steht einer maßvollen Empfehlung nichts im Wege.

Zur Erläuterung der Wertungen lesen Sie bitte unseren Hinweis zum Thema „Blu-ray-Disc versus DVD“.

Dieser Artikel ist Teil unseres Spezialprogramms zu Pfingsten 2012.

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Mehrteilige Rezension:

Folgende Beiträge gehören ebenfalls dazu:


Regisseur:
Reinl, Harald

Erschienen:
2011
Vertrieb:
Tobis Home Entertainment & Universum Film
Kennung:
(3-BD-Set)
Zusatzinformationen:
D 1963-65

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