Die Handlung des Films spielt gar nicht im Wilden Westen sondern im Osten der USA, im Jahr 1869, vier Jahre nach dem Bürgerkrieg. Alles was dann kommt, hat mit Realität nichts mehr zu tun, sondern ist eine durchaus gelungene Mischung aus Jules Vernes futuristischer, heutzutage faszinierend altmodisch wirkender Maschinentechnik und James-Bond– und Westernelementen. Wer’s für ernst nimmt (manche taten dies wohl) nimmt dann Anstoß an in der Tat unmöglichen Dingen, z. B. dass ein schwarzer Geheimagent im Nachkriegssüden doch wohl …. Sicher richtig, aber der Film will ja gar keine seriöse Handlung bieten sondern, ähnlich wie Die Mumie auch, einfach nur rasant und originell, dabei aber alles andere als realistisch, unterhalten. Nun, das gelingt ihm auch recht gut: schöne Landschaftsaufnahmen (Monument Valley = John Ford County) sowie eine Reihe liebevoll integrierter Zitate verschiedener Genres, sind vom Kameramann Michael Ballhaus gekonnt eingefangen. Da findet man z. B. den Vorbeiflug an der Mondsilhouette aus E.T. – The Extra-Terrestrial, aber auch das klassische EMI-Platten-Logo „Die Stimme seines Herren“ vertreten (ein kleiner Hund kniet vor dem, einem Grammophon-Trichter ähnlichen, Ohransatz eines bösen, in diesem Moment aber bereits zur Strecke gebrachten, Südstaaten-Generals). Die Special-Effects, z. B. die Riesen-Stahltarantel (Tarantula, aber auch Star Wars lassen grüßen), sind ebenfalls beachtlich.
Auch mit der Auswahl seines Komponisten Elmer Bernstein hat der Regisseur Barry Sonnenfeld einen durchaus guten Griff getan. Bernstein, ein inzwischen 77-jähriger Veteran, hat mit seiner Academy-Award-nominierten Western-Filmmusik zu Die Glorreichen Sieben schon im Jahre 1960 Western-Filmmusikgeschichte geschrieben und nicht zuletzt durch die Verwendung des Hauptthemas in der Marlboro-Reklame sicher viel Geld verdient. Nun, es sei dem guten Elmer gegönnt, zumal der Altmeister auch zu Wild Wild West zwar kein Meisterwerk, aber eine respektable Komposition geliefert hat. Natürlich lassen Die Glorreichen Sieben und auch Kompositionen wie z. B. Ghostbusters und The Grifters hörbar, herzlich grüßen, aber es ist durchweg ein anhörenswerter Mix, eine nette filmmusikalische Reise in die Vergangenheit, entstanden.
Merkwürdigerweise hat Bernstein, neben ein paar geringfügigen Ondes-Martenot-Ausrutschern, an mehreren Stellen kuriose Popmusikanklänge (Rhythmus, Elektrogitarre, elektr. Orgel) eingefügt, die stilistisch wie antiquierter Pop der sechziger Jahre wirken. Abgesehen davon, zieht er noch einmal alle Register seines orchestralen Könnens und untermalt, ja verdoppelt die rasante Komödienhandlung im guten alten Stil, dass man auch ohne Bild ziemlich genau weiß, was gerade abgeht. Ein amüsanter Höhepunkt ist hier der Track „Loveless Plan“, wo ein faszinierend diabolischer Kenneth Branagh als Mad Scientist (mit dem sinnigen Namen Dr. Loveless), seine Vision eines geteilten, von den Südstaaten dominierten, Amerikas präsentiert.
Die Varese-CD des Scores ist, wieder einmal, recht kurz, aber klanglich sehr gut geraten. Ironischerweise hat der gerappte Titelsong des Videoclips von Will Smith im gesamten Filmscore keinerlei Auftritt und die Song-CD ist damit denn auch keine echte Filmmusik, sondern bietet nur, wie es auch früher schon oftmals hieß: „Music inspired by the Movie“.