Regisseur Helmut Käutners (1908-1980) im Milieu der Havel-Schiffer angesiedelte Dreiecksgeschichte Unter den Brücken lässt die äußeren Umstände der Entstehung in keiner Weise erahnen. Man schrieb das Jahr 1944 und kurz nach Beginn der Dreharbeiten begann die Invasion in der Normandie. Kurz vor Drehende war Aachen bereits von den Amerikanern besetzt und die Rote Armee hatte Ostpreußen erreicht. Helmut Käutners Film nennt sich „eine deutsche Romanze“, ist eine bittersüße und zugleich poetische Liebesgeschichte, die vom aktuellen Tagesgeschehen völlig entrückt ist. Teil des Szenarios sind sommerlich-idyllische Flusslandschaften in der näheren Umgebung Berlins. Die Reichshauptstadt war bereits seit 1943 Ziel regelmäßiger alliierter Luftangriffe, die im Sommer 1944 weiter an Heftigkeit zunahmen. Der Regisseur bemerkte dazu später, Unter den Brücken sei eine friedliche Demonstration der eigenen Wünsche: „Wir lebten verträumt neben der Zeit und lenkten uns durch die Arbeit von all dem Schrecken ab.“ In diesem, späterhin als Meisterwerk des poetischen Realismus apostrophierten Streifen spielt eine junge Frau mit, die späterhin nicht nur als Schauspielerin, sondern ganz besonders als Sängerin von sich reden machen sollte: Hildegard Knef.
In den Wirren der letzten Kriegsmonate ist an eine routiniert zügige Fertigstellung des Films nicht mehr zu denken. Es kommt zu Ausfällen, Verzögerungen bei Schnitt und Nachbearbeitung. Als der Film im März 1945 endlich fertig gestellt und von der Zensur freigegeben ist, fällt die Premiere dem „Endkampf“ zum Opfer. Und so erlebt eine der letzten Ufa-Produktionen erst ein Jahr später, auf den 1946er Filmfestspielen von Locarno, als „Überläufer“ seine Uraufführung — siehe auch Die Fledermaus. In den deutschen Kinos ist der Film sogar erst ab 18. Mai 1950 gezeigt worden.
Das äußerst sparsam inszenierte, in vielem durch seine lyrische Bildsprache wirkende poetische Idyll begeisterte die Kritiker. Unter den Brücken ist Käutners neunter Film und einer der wenigen aus der NS-Ära, dem nicht unterschwellig vorhandene Nazi-Ideologie attestiert wird.
Die DVD-Edition von Transit Classics wartet mit einem sehr sauberen, kontrastreichen Schwarzweißbild auf, das sich außerdem durch geringfügiges Rauschen und nur vereinzelte geringfügige Artefakte auszeichnet. In den Extras gibt es Bio- und Filmografien auf Texttafeln sowie eine Bildergalerie. Die rund 60-minütige TV-Doku von Felix Moeller „Knef — Die frühen Jahre“ beleuchtet die ganz frühen Jahre im Leben des 1925 geborenen, in den 1940ern also noch blutjungen Mädels, das mit 15 eine Lehre als Zeichnerin in den Trickfilmstudios der Ufa begann. Dabei wird auch mehr Licht ins Dunkel um die offenbar leidenschaftliche Affäre der Knef mit dem „Reichsfilmdramaturgen“ Ewald von Demandowsky gebracht. Abgerundet durch Befragung von Zeitzeugen, wie dem ersten Ehemann Kurt Hirsch, entsteht ein interessantes Bild wichtiger Ereignisse, die den weiteren Lebensweg der später so erfolgreichen Künstlerin mit geprägt haben. Der Zuschauer erhält Einblicke in bislang kaum bekannte Zusammenhänge, welche übliche Knef-Biografien meist aussparen. Es wird überdeutlich: Die Knef hatte wahrlich (mindestens) noch einen Koffer in Berlin. Das macht diesen Bonus zur besonders bereichernden Ergänzung einer insgesamt gelungenen DVD-Edition.
Dieser Artikel ist Teil unseres Spezialprogramms zu Pfingsten 2007.
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