Robert Redford im Doppeldecker in Tollkühne Flieger
Regisseur George Roy Hill (1921–2002) landete mit Butch Cassidy and the Sundance Kid * Zwei Banditen (1969) einen beachtlichen Kinoerfolg. Seine Gaunerkomödie The Sting * Der Clou (1974) erwies sich nicht nur als absoluter Kinohit, sondern wurde außerdem mit insgesamt sieben Oscars ausgezeichnet. Robert Redford (*1936), blond, blauäugig und ausgestattet mit einem strahlenden Lächeln, der mit Zwei Banditen endgültig zum Kinostar avancierte erhielt für Der Clou – dem erfolgreichsten Film der 1970er Jahre – seine bislang einzige Oscarnominierung.
The Great Waldo Pepper * Tollkühne Flieger (1975) wurde der nächste Film von George Roy Hill und Robert Redford. In den zwanziger Jahren schlagen sich Kampfpiloten des ersten Weltkriegs auf zirkusähnlichen Flugschauen im amerikanischen Mittelwesten durch. Einer von ihnen ist der etwas hochstaplerische Waldo Pepper (Robert Redford), welcher gern mit Fronterlebnissen prahlt, obwohl er im Krieg ausschließlich als Fluglehrer tätig war. Nach anfänglich urkomischen Abenteuern wird er Stuntman in Hollywood und trifft bei den Dreharbeiten zu einem Fliegerfilm auf das sympathisch erscheinende deutsche Flieger-Ass Ernst Kessler. Beide liefern sich schließlich einen quasi „echten“ ritterlichen Luftkampf in Originalmaschinen (!), bei denen beide Maschinen derart stark beschädigt werden, dass eine sichere Landung kaum noch möglich erscheint. In einem letzten Vorbeiflug grüßen sich die Gegner militärisch. Waldo Pepper entschwindet in seiner Maschine in die Wolken und damit in die Legende.
Der komödiantische Those Magnificent Men in Their Flying Machines * Die tollkühnen Männer in ihren fliegenden Kisten (1965) und das Fliegerdrama The Blue Max * Der Blaue Max (1966) bilden zu Tollkühne Flieger wichtige Bezugspunkte. In der ersten Filmhälfte gibt es wie bei den tollkühnen Männern in Serie groteske Situationen welche den Zuschauer mehr als nur einmal dezent Schmunzeln oder gar laut auflachen lassen und ihm damit suggerieren, er befinde sich in einer lockeren Komödie. Doch spätestens in der zweiten Filmhälfte, wenn es eher unerwartet zu zwei dramatischen Todesfällen kommt, schlägt alles doch etwas arg plötzlich ins Dramatische um, bleibt einem das Lachen endgültig im Halse stecken. So, wenn Peppers alter Kumpel Ezra Stiles (Edward Hermann) bei einem Testflug mit seinem neuentwickelten Flugzeug abstürzt und dieser im Wrack eingeklemmt geradezu schrecklich ums Leben kommt, weil die zum Ort des Unglück strömenden Schaulustigen durch ihre Zigaretten das ausgelaufene Benzin in Brand setzen.
Hier zeigt sich schon ein dezenter Schwachpunkt in der Filmdramaturgie, welche das Tragische der Situation der abgehalfterten Kriegshelden, welche sich in den USA kurz bevor und während der Depression als Jahrmarktsattraktion verkaufen müssen, um sich über Wasser zu halten, zuerst in manch drolligen Kalauern komplett untergehen lässt. Sicher ist auch das völlig unkritische Beschwören des Mythos’ um die ritterlich ausgetragenen Luftkämpfe an der Westfront nicht unproblematisch. Dafür verbucht das Doppeldecker-Opus aber auch einige Meriten: Es ist opulent ausgestattet, wartet mit eindrucksvollen Flugsequenzen als Remineszenz an Der blaue Max auf und vermag alles in allem gut zu unterhalten.
So wird nett verdeutlicht, dass in Zeiten einer sich etablierenden Luftfahrt auch über den Wolken die zuerst grenzenlos erscheinende Freiheit in zunehmendem Maße durch Vorschriften eingeschränkt wird. Darüber hinaus fehlt auch ein Seitenhieb auf Hollywood nicht, in dem die schon in dessen Frühphase bei der Umsetzung historischer Filmstoffe eher eine Feigenblattfunktion besitzenden technischen Berater ungeschminkt ins Bild gesetzt werden: hier das deutsche Fliegerass Ernst Kessler. Mit Bo Brundin, dem Darsteller Kesslers, besitzt die Filmhandlung zudem einen kaum klischiert, sondern vielmehr sehr natürlich und angenehm erscheinenden deutschen Charakter. Das war in US-Filmen jener Zeit noch nicht selbstverständlich.
Zwar hat der Film im Jahr der Erstaufführung an den Kinokassen nur eine Bruchlandung hingelegt. Im Anschluss daran, im Zuge von Wiederaufführungen und nicht zuletzt den bisherigen Videoauswertungen, hat er die anfängliche Schlappe aber mehr als nur wettgemacht und Paramount bisher immerhin über 15 Mio $ Gewinn eingespielt.
Tollkühne Flieger in HD auf BD
Das Produkt kommt in orange gefärbter Amaray-Box und ansprechendem, auf einem Filmplakatmotiv beruhenden Cover in den Handel.
Bild und Ton
Schnell wird klar, dass dieses Koch-Media-Produkt neben seinem recht ansprechenden Äußeren auch über innere Werte verfügt. Das Bild ist nämlich sehr detailfreudig und zeigt darüber hinaus durchweg gute bis sehr gute Schärfe. Ebenso vorzeigbar sind neben dem satten Schwarzwert der tadellose Kontrast sowie die sehr frischen und satten Farben. Das offenbar naturbelassene, äußerst feine Filmkorn ist keineswegs störend. Der Mono-Ton zu den Bildern wirkt sowohl in Deutsch wie auch in Englisch sehr frisch und relativ knackig – Tollkühne Flieger hat nie stereofonischen Ton besessen.
Extras
Die Boni-Kollektion ist gegenüber den Zugaben moderner Blockbuster (zwangsläufig) schlicht ausgefallen. Neben einer den Koch-Media-Präsentationen verwandten Bilder-Galerie, bestehend aus Werbematerialien, finden sich ein englischer sowie deutscher Kino-Trailer, beide erfreulicherweise im originalen Scopeformat. Davon zeigt der deutsche nicht nur erheblich mehr Schärfe. Er besitzt gegenüber seinem deutlich softeren US-Pendant auch eindeutig frischere und stimmigere Farben. Hinzu kommt noch ein Relikt aus der Pre-VHS-Ära, eine rund 17-minütige Super-8-Kurzfassung. Sieht man so etwas heutzutage, kann man nur noch schwer nachvollziehen, wie Filminteressierte für eine derart drastisch (um rund 90 Minuten) verstümmelte, ausschließlich auf den finalen Luftkampf abzielende, zusammengeschnippelte Kurzversion, zudem versehen mit fürchterlich beschnittenem Normalformatbild in bescheidener Schärfe, im Verhältnis sehr viel Geld auf den Tisch gelegt haben.
Fazit: Erstmalig liegt Tollkühne Flieger jetzt auch in HD als Blu-ray vor. Erfreulicherweise entpuppt sich die Veröffentlichung von Koch-Media als ein erfreulich hochwertiger Ersatz für die bisherigen, technisch eher flauen DVD-Ausgaben des Films: Selbst im Jahr der Uraufführung dürfte The Great Waldo Pepper kaum besser ausgesehen haben.
Zur Erläuterung der Wertungen lesen Sie bitte unseren Hinweis zum Thema „Blu-ray-Disc versus DVD“.