Three Coins in the Fountain/The left Hand of Good/Return to Peyton Place
Drei der besonders interessanten Veröffentlichungen aus dem Programm des Varèse Clubs der letzten knapp eineinhalb Jahre machen aus dem Archiv der 20th Century Fox erstmalig offiziell auf Tonträger zugänglich: Three Coins in the Fountain • Drei Münzen im Brunnen (1954) und The left Hand of God • Die linke Hand Gottes (1955), beide von Victor Young, sowie, aktuell zum 100. Geburtstag des Komponisten Franz Waxman, Return to Peyton Place • Rückkehr nach Peyton Place (1961).
Three Coins in the Fountain spiegelt das pittoreske Rom in beachtlicher CinemaScope-Fotografie als Hintergrund einer passablen, aber heutzutage doch etwas antiquiert erscheinenden Story. Es geht darin um drei Amerikanerinnen, die in der ewigen Stadt letztlich ihr Glück in der Liebe finden. Der Produzent Sol Siegel wollte einen Pop-Song und verpflichtete dafür den Komponisten Jule Styne und den Texter Sammy Cahn. Herausgekommen ist dabei ein melodischer Evergreen, der vergleichbaren Reiz besitzt, wie der von Sammy Fain (Musik) und Paul Francis Webster (Text) für Love is a many splendored Thing • Alle Herrlichkeit auf Erden (1955) beigesteuerte. Victor Young hat den Ohrwurm in seiner Musik zu Three Coins in the Fountain ähnlich wie Alfred Newman in Love is a many splendored Thing zum Leitmotiv gestaltet. Das Resultat ist insgesamt aber deutlich weniger raffiniert ausgefallen. Unterm Strich spielt Youngs Score damit längst nicht in derselben Liga auf, wie das, was Alfred Newman rund ein Jahr später vollbrachte. Youngs Musik wirkt trotz einiger zusätzlicher, ebenfalls recht anmutiger eigener Themen in der Gestaltung doch ein wenig haus- und altbacken. Das gilt nicht zuletzt für die auf Italien verweisenden folkloristischen Einsprengsel, die über Peter Tschaikowskys „Capriccio Italien“ kaum hinausreichen. Unterm Strich ist das hier zu Hörende jedoch zweifellos recht charmant und besitzt einige besonders ansprechende Teile. Die Frank-Sinatra-Version des Film-Songs war seinerzeit ein außerordentlicher Hit, der Fox immerhin 2 Mio $ extra einbrachte. Wohl infolge fehlender Rechte ist er leider nicht vertreten.
The left Hand of God zeigt Humphrey Bogart einmal anders als gewohnt: Als US-Abenteurer im unruhigen China der 30er Jahre auf der Flucht vor einem regionalen Warlord ins Gewand eines Priesters schlüpfend. Alles in allem bekommt man passable Unterhaltung für einen verregneten Sonntagnachmittag, eine Portion religiösen Kitsch inklusive — das ungläubige Raubein wird am Schluss geläutert. Häufiger genießbar als der Film ist Victor Youngs Filmmusik, eine der wenigen Arbeiten des Komponisten für die Füchse — Young arbeitete in der Regel für Paramount (ausführlichere Infos zum Komponisten im Artikel zu Scaramouche). Bislang ist aus dem Film offiziell nur das Liebesthema auf dem Humphrey-Bogart-Sampler „Casablanca“ in Charles Gerhardts „Classic-Film-Scores-Series“ der 1970er auf Tonträger zugänglich gewesen. Diese Young-typische romantisch-schwelgerische Melodie steht jedoch nicht wirklich im Zentrum der Filmmusik, ist eher sparsam auftretender Part in einer Abfolge miteinander wenig organisch verbundener Stücke — ein „Problem“ vieler Filmmusiken Victor Youngs. Was hier allerdings sehr positiv ins Ohr geht, ist die für einen Young-Score überraschend farbige und geschickte Gestaltung der Klangexotik, etwas, das vermutlich auf das Konto der versierten Orchestratoren bei der Fox geht und Alfred Newmans The Keys of the Kingdom • Schlüssel zum Himmelreich (1944) in Erinnerung ruft.
Return to Peyton Place ist das Sequel zu Peyton Place • Glut unter der Asche (1957). Wie auch sein Vorläufer dürfte wohl diese bislang im deutschen TV noch nicht gezeigte Soap-Opera in CinemaScope zum Thema unterdrückter Sexualität im Zeichen puritanischer Doppelmoral heutzutage völlig unzeitgemäß und verstaubt erscheinen. Offenbar waren bereits die Protagonisten des ersten Films vom neuen Projekt wenig begeistert. Entsprechend gelang es Produzent Jerry Wald nur einen seiner Mitstreiter des 1957er (in den USA) Erfolgsfilms für die Fortsetzung zu verpflichten: den Komponisten Franz Waxman. Waxmans Musik gehört ohne Zweifel zum Wertvollsten der Fortsetzung. Zwar reicht der Score zu Return to Peyton Place an den erstklassigen zu Peyton Place nicht voll heran, aber auch dieses Mal hat sich Maestro Waxman tadellos aus der Affäre gezogen.
Waxman hat in seiner Komposition zum Sequel sowohl die eleganten Themen als auch einige Passagen, wie das Fugato in „Entering Peyton Place“ aus dem Original übernommen und in neuen Arrangements bzw. variierter Form geschickt zum tragenden Element des neuen Scores gemacht. Das Hauptthema gestaltete er dafür als Tribut an die Wünsche des Produzenten zum Song um. „The wonderful Season of Love“, vorgetragen von Rosemary Clooney, ist natürlich Kind seiner Zeit, allerdings auch rund 45 Jahre nach der Uraufführung des Films wohl einer der geschmackvollsten Vertreter seiner Art und hat nur leichte Patina angesetzt. Der Tonfall der Musik zu Return to Peyton Place ist dabei durch das Hereinspielen der Metropole New York in die Filmhandlung — durch Einbinden jazziger Auftritte des Saxophons — insgesamt deutlich urbaner gefärbt.
Die den drei Albenpräsentationen zugrunde liegenden Stereo-Magnettonmaster haben die Zeit seit den Aufnahmesitzungen in sehr ordentlichem bis gutem Zustand überstanden. Besonders frisch klingt The left Hand of God. Hier reicht die Tonqualität fast an den Level der besten Stereo-Aufnahmen der Ära heran. Three Coins in the Fountain und Return to Peyton Place fehlt besagtes (entscheidendes) Quäntchen Frische zwar, aber auch hier wird der Käufer keineswegs enttäuscht. Insgesamt rangieren beide Aufnahmen zwischen Befriedigend plus und Gut; bei Return to Peyton Place sind an einigen Stellen leichte Tonhöhenschwankungen (Jaulen) hörbar. Dieser Effekt ist allerdings nicht dramatisch.
Varèse Club versus FSM: Die bescheidene Qualität der Editionen!
Die vielleicht etwas provozierende Überschrift zum nachfolgenden Abschnitt kann den an sich sehr begrüßenswerten Veröffentlichungen leider nicht erspart bleiben. Es erscheint mir vielmehr unabdingbar, an dieser Stelle einmal zu verdeutlichen, in welcher merklich anderen, nämlich erheblich bescheideneren Liga die Editionen des Varèse-Clubs gegenüber denen von FSM mittlerweile angesiedelt sind! Der entscheidende Unterschied, das „Haar in der Suppe“, findet sich in den zwar optisch ordentlich gestalteten Begleitheften, mit ihren inhaltlich jedoch eher schlichten bis schludrigen Texten. Hier vermisst man nicht allein die (manch einem vielleicht entbehrlich erscheinenden) detaillierten Angaben zu den Aufnahmedaten der einzelnen Tracks: Insbesondere die Infos zur Musik fallen im Gegensatz zu denen zum jeweiligen Film meist allzu knapp oder pauschal aus, müssen in der Regel sogar als dürftig bezeichnet werden.
Bei den hier betrachteten drei Veröffentlichungen schneidet das Begleitheft zu Three Coins in the Fountain noch am besten ab. Die zweimalige Verwechslung des Komponisten der berühmten Oper „Der Barbier von Sevilla“, Giacchino Rossini, — im Begleitheft Puccini zugeordnet und auf dem Backcover wird immerhin noch ein „Giaccomo“ Rossini ausgewiesen — ist allerdings denn doch etwas peinlich.
Richtig ärgerlich wird das Fehlen jeglicher Informationen bei den Bonusmaterialien von Return to Peyton Place und The left Hand of God. Ist die kleinere Bonussektion des ersteren Albums auch ohne Text noch weitgehend selbsterklärend, gerät das völlige Fehlen entsprechender Angaben bei The left Hand of God schon zum mittleren Skandal: Bekommt man hier doch im Anschluss an die in Stereo vertretenen Score-Teile (fast) dasselbe nochmals in Mono-Mixdowns geboten. Warum dies überhaupt so ist und ebenso, warum zwar nicht vollständig, aber dafür neben einer alternativen Version des Finales ein zusätzliches Stück, „Shalimar“, vertreten ist, bleibt völlig im Dunkeln. Derartiges wäre bei FSM komplett undenkbar!
An dieser Stelle sollen die ebenfalls wertvollen und liebevoll gemachten Veröffentlichungen älterer Filmmusiken aus dem Hause SAE bzw. Intrada weder vergessen noch die FSM-Editionen einfach über den Klee gelobt werden. Im Vergleich sind die Alben von SAE in der Qualität der Ausstattung (Informationsdichte) mit denen von FSM durchaus vergleichbar, die entsprechenden Intrada-Produkte rangieren deutlich vor denen des Varèse-Clubs, aber klar hinter denen von FSM und SAE.
Auch bei den FSM-Editionen ist nicht jede Interpretation gleichermaßen überzeugend geraten und hin und wieder finden sich darin einzelne kleinere (meist verzeihliche) Fehler. Im Vergleich dazu sind jedoch die Texte der Varèse-Club-Alben nicht allein deutlich weniger informativ, sondern außerdem häufiger anfechtbar, wie der sich geradezu fragwürdig spekulierend gebende zum Komponisten Franz Waxman zu Return to Peyton Place. In diesem stellt Julie Kirgo fest, Waxman habe bevorzugt Stories um Außenseiter vertont und „belegt“ dies mit Filmtiteln von Frankensteins Braut bis Sunset Boulevard. Diese recht gewagte These wird anschließend noch durch eine Parallele zu Waxmans eigenem Schicksal, seiner Konfrontation mit Nazi-Schlägern und anschließender Emigration, eher zweifelhaft untermauert.
Trotz der genannten editorischen Vorbehalte sollten diese musikalisch reizvollen CD-Veröffentlichungen in der Sammlung eines jeden ihren Platz finden, der eine Ader für die Schönheiten des Golden Age besitzt. Die Wertungen beziehen sich an dieser Stelle allein auf die vertretenen Musiken.
Dieser Artikel ist Teil unseres umfangreichen Programms zu Pfingsten 2006.
Mehrteilige Rezension:
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