The Wings of a Film: The Music of Hans Zimmer

Geschrieben von:
Michael Boldhaus
Veröffentlicht am:
18. Dezember 2001
Abgelegt unter:
Sampler

Score

(3.5/6)

Ein überschwängliches Lob von Regisseur Ridley Scott an die Adresse des Komponisten Hans Zimmer – „Zimmers Musik verleiht einem Film seine Flügel“ – gab dem Decca-Album den Titel: „Wings of a Film“. Das Warten vieler Freunde von Hans-Zimmers Musik hat nun ein Ende: Endlich! Seit dem 17.12.2001 ist das besagte CD-Album mit dem Konzertmitschnitt vom flandrischen Film-Festival in Ghent vom Dezember 2000 auch als deutsche Pressung erhältlich.

Obwohl ich Ridley Scotts Äußerung über die Qualität von Hans Zimmers Musik nicht unterschreiben würde, eine ansprechende Sache ist die vorliegende CD durchaus. Auch wenn Zimmer Live-Auftritte nicht schätzt, so ist ihm hier nicht nur eine Art von solider „Best-of-Präsentation“ gelungen, sondern darüber hinaus auch ein erinnerungswürdiger Konzertauftritt mit einer Reihe seiner geschätzten Media-Ventures-Kollegen und weiteren Mitarbeitern. Dabei sind die aufgebotenen Kräfte recht beachtlich. Neben einem groß besetzten Orchester traten drei Solo-Sänger (unter ihnen Lisa Gerrard) und vier Chöre auf. Wie mir ein guter Freund berichtete, war der Höhepunkt des Abends das von Harry Gregson-Williams und John Powell komponierte Schlussstück aus [url id=5004]Chicken Run[/url] (nicht auf der CD enthalten), in denen die Musiker die Kazoos mit besonders hörbarem Spaß geblasen haben.

Das CD-Album bietet sein Programm in Form von 12 Tracks, wobei Auszüge aus Gladiator, The Lion King, Driving Miss Daisy, Thelma & Louise, Thin Red Line, Mission: Impossible 2, The Power of One, Rain Man, Nine Months und True Romance vertreten sind.

Neben der minimalistisch-sinfonischen „Journey to the Line“ aus The Thin Red Line und den in Richtung Buttertoffee á la Wiener-Klassik tendierenden Nine Months erzeugt „Nyah und Ethan“ aus Mission: Impossible 2 – auch dank des guten Gitarren-Solisten – ein wenig ein Feeling, das an das berühmte Gitarrenkonzert von Joaquin Rodrigo erinnert.

Gegenüber den vorgenannten, überwiegend sinfonisch orientierten Teilen, zeigen die weiteren Stücke – Driving Miss Daisy, Thelma & Louise, Rain Man und True Romance – deutlicher, dass der Komponist ursprünglich von einer Karriere als Pop-Rockmusiker träumte und auch in diesem Musikbereich klar seine Wurzeln hat. In diese Kategorie gehören auch die beiden Stücke aus Gladiator, wobei insbesondere der bekannte Song „Now We Are Free“ gut ins Ohr geht. Die beiden stärker ethnisch geprägten Stücke „Lea Halalela“ und „Busa“ aus The Lion King sorgen ebenfalls für angenehme Hörempfindungen. Sehr gelungen dargeboten wird „Mother Africa“ aus The Power of One – überhaupt handelt es sich hier um eine der besonders überzeugenden Arbeiten Hans Zimmers, in welcher er die Einflüsse afrikanischer Folklore besonders geschickt verarbeitet hat.

In seinen Filmkompositionen erarbeitet der Komponist klangliche Synthesen aus Elementen des Pop-Rock und der Klassischen Musik mit synthetischen Sounds, wobei mitunter auch ethnische Einflüsse enthalten sind. Die resultierenden Kompositionen sind qualitativ starken Schwankungen unterworfen. In einer Reihe von Arbeiten zeigt Hans Zimmer neben ansprechenden melodischen Einfällen durchaus einiges handwerkliches Geschick und beweist ebenso seine Qualitäten als guter Arrangeur. Insbesondere, wenn er orchestrale und dramatische Klänge erzeugen möchte, sind im Ausdruck derzeit jedoch deutliche Grenzen unüberhörbar. Hierbei kommt er kaum über den Level sauberer Stilkopien hinaus, z. B. in Hannibal. Der ihm in dieser Beziehung häufig gemachte Vorwurf des „Bedienens“ bei stilistischen Vorbildern, geht, m. E. selbst in ambitionierten Arbeiten wie The Thin Red Line, nicht fehl. Auch hier gibt es Passagen, die „einfach“ frappant nach Wagners „Lohengrin“ klingen. Was fehlt, ist ein raffiniertes Verschmelzen des zum Vorbild ausgewählten Klang-Stils mit einem überzeugenden eigenen musikdramatischen Konzept. Der bekannte, stark von Gustav Holsts „Mars“ (siehe „Die Planeten“) beeinflusste „Gladiator-Waltz“ gehört hier noch zu den überzeugendsten Schöpfungen. Dieses Stück ist übrigens ebenfalls im Rahmen des Konzerts in Gent aufgeführt worden. Weite Teile der Musik zu Gladiator sind allerdings in ihrer stark synthielastigen Konzeption einem speziellen Studio-Sound-Design besonders stark verpflichtet. Vermutlich hat dieses Stück keinen Eingang in das Programm dieser CD gefunden, weil bei Live-Darbietungen die Klangbalance äußerst schwierig zu optimieren ist. (Des Weiteren ebenfalls nicht auf der CD vertreten, sind „Light“ aus The Thin Red Line sowie das Hauptthema aus Crimson Tide).

Übrigens, gelegentlich bedient sich Hans Zimmer auch bei Vorbildern aus dem ihm besonders nahe stehenden Rock-Pop-Bereich, z. B. für Thelma & Louise bei Pink Floyds „Shine on You Crazy Diamond“.

Unterm Strich bleibt ein wirklich solides und sehr unterhaltsames Hör-Album, das auch bei vielen, die nicht in Ghent dabei waren, Anklang finden und des Öfteren im CD-Player landen dürfte. Ob dann allerdings nur Fliegen schöner ist, das mag jeder für sich entscheiden.

Komponist:
Zimmer, Hans

Erschienen:
2001
Gesamtspielzeit:
71:43 Minuten
Sampler:
Decca
Kennung:
467 749-2

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