Henry Kosters Inszenierung von The Story of Ruth • Das Buch Ruth (1960) gehört zu den Bibel- und Sandalen-Epen, die nicht erst heute eher blass und wenig ansehnlich wirken. Dies gilt jedoch keineswegs für Franz Waxmans erstklassigen musikalischen Beitrag. Seine Komposition für die alttestamentarische Story gestaltete er arbeitstechnisch vergleichbar mit seinen Musiken zu Demitrius and the Gladiators und The Virgin Queen. Auch in The Story of Ruth steht Spätromantisch-Melodisches neben Modernistischem und ebenso modern (nicht Rózsa-typisch) wirken die archaisierenden Passagen. Auch hier zeigt sich der Komponist einmal mehr als moderner Tonsetzer und zugleich als Bindeglied zu Alex North.
Waxman setzt auf einige Blasinstrumente, die exotisches Flair für die im Nahen Osten angesiedelte Handlung erzeugen, wie die Shofar, das näselnde jüdische Widderhorn, sowie das heutzutage kaum noch bekannte Sarrusophon. Das Orchester enthält neben 3 Klavieren und 6 Hörnern eine mit 9 Spielern (stark) besetzte und mit exotischem Instrumentarium durchsetzte Schlagwerk-Sektion. Der Score wird auf der romantischen Ebene durch ein hymnisch-breites, sehr einprägsames Haupt-Thema für den titelgebenden Charakter bestimmt. Dem gegenüber stehen in erster Linie knappe Motive und exotisch anmutende, oftmals dissonante Harmonien und ebenso modernistisch-herbe Effekte und Klangkombinationen. Einigen Stellen verlieh Waxman besonderen Reiz durch den Einsatz der klangschönen Viola d’amore, einem selten verwendeten Streichinstrument des 18. Jahrhunderts, dem bereits Bernard Herrmann in On Dangerous Ground (1951) eine wichtige Rolle zugewiesen hatte. Ebenfalls erwähnenswert sind die besonders reichhaltigen Cello-Soli, welche die Musik zu The Story of Ruth in die Nähe eines Solokonzertes rücken.
Übrigens, Joseph L. Mankiewicz war von Waxmans Tonschöpfung zu The Story of Ruth sehr beeindruckt und wollte ursprünglich den Komponisten für die Vertonung von Cleopatra gewinnen. Die markant-aberwitzigen Umstände und die damit verbundenen andauernden Verzögerungen bei dieser Großproduktion führten aber schließlich dazu, dass North den Job erhielt …
Die in April und Mai 1960 erstellten Stereo-Tonmaster haben die Zeitläufe relativ gut, aber nicht ohne spürbare Alterung überstanden. Alles in allem kann der Waxman-Interessierte aber mehr als nur zufrieden sein. Abgesehen von ein paar kurzzeitigen, geringfügigen Tonhöhenschwankungen erklingt die Musik weitgehend klar und sauber, in nur leicht wattiertem Stereo-Sound.
Gegenüber der rund 58-minütigen Tsunami-CD (in ordentlichem Mono) bietet die aktuelle Varèse-Club-Ausgabe des Scores nicht nur knapp 12 Minuten mehr Musik, sondern auch eine Demo-Version des im Film nicht verwendeten „Song of Ruth“. Gegenüber dem sehr bescheidenen Begleitheft der Tsunami-Ausgabe, vermag das von Varèse zusätzlich zu punkten. Christopher Husted sorgte hier für einen informativen, wenn auch etwas sehr auf den Film fokussierenden Text. Damit ist die Varèse-Club-Edition für den Waxman-Freund praktisch unverzichtbar.
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