Für Richard Donners erfolgreichen ersten Teil der Omen-Trilogie schrieb Jerry Goldsmith einen aggressiven, einfallsreichen Score, der wesentlich die finstere Materie des Films unterstützt. Weithin bekannt ist die Musik für ihre herausragenden Choräle, die wohl ausgefeiltesten, die Goldsmith bisher erdacht hat. Die Idee, der Partitur ein starkes vokales Rückgrat zu verleihen, ist übrigens mit einer hörenswerten Anekdote verbunden.
Goldsmith wurde vom Produzenten Harvey Bernhard noch vor Drehbeginn zu einer Besichtigung des Sets eingeladen, und während er sich dort immens wichtigen Aufgaben widmen musste, wie z. B. „beim Trainieren der Rottweiler zuzusehen“, fragte Bernhard ihn, was er denn nun in der Musik hören würde. Von dieser bemerkenswert deplatzierten Frage überrascht, erwiderte er, nicht ohne Ironie: „Stimmen.“ Als es ganze sechs Monate später an der Zeit war, die Musik zu komponieren, konfrontierte Bernhard ihn prompt mit seinem damals im Scherz geäußerten Vorschlag: „Ich liebe diese Idee mit den Stimmen. Ich kann sie noch immer hören.“ Goldsmith sagte dazu nur: „Oh mein Gott, was hab ich mir da eingebrockt?“
So also, und nicht in einer intelektuellen Sternstunde, wurde das Konzept für die Musik geboren. Tatsächlich ist The Omen Jerry Goldsmiths erster Score, der über derart komplexe Choreinlagen verfügt. Sein Langzeit-Orchestrator und bester Freund Arthur Morton (1908-2000) half ihm daher auch, gewisse Unebenheiten im Vokal-Arrangement zu beseitigen: „Mindestens zwei Drittel der Chorpassagen wurden von Arthur arrangiert, und er öffnete sie auf eine Weise, die viel besser klang als das, was ich ursprünglich geschrieben hatte.“
Als Sänger konnten die exzellenten Londoner Ambrosian Singers verpflichtet werden, deren Leiter John McCarthy den Komponisten auch mit einigen lateinischen Vokabeln als Ausgangsmaterial versorgte, die um der Musikalität Willen etwas abgeändert wurden. Grundsätzlich basieren alle Choreinsätze auf folgenden Wörtern und Satzfragmenten, wobei der Variation keine Grenzen gesetzt sind: sanguis bibimus (wir trinken das Blut), corpus edimus (wir verzehren den Körper), tolle corpus – Satani (vernichte den Körper, o Satan), ave Satani (sei gegrüßt, o Satan), ave versus Christus (sei gegrüßt, Antichrist)….
Einsteigern bzw. jenen, die über etwas leichtere Kost Zugang zur Filmmusik gefunden haben, sei vorab eine kleine Warnung ausgesprochen. Zwar gibt Das Omen auch ein kristallklares, lyrisches Liebesthema her, zarte Momente sind aber dennoch äußerst selten. Die meisten Cues sind haarsträubende, in morbidem Suspense schwelgende, oft auch brutal pulsierende Schaustücke eines Kompositionsstils, den Goldsmith schon vor langer Zeit aufgegeben hat. Ein ausgezeichneter Stil, das steht außer Frage. Die punktgenaue Wirkung dieses Scores im Film kann genauso wenig verleugnet werden wie ein doch sehr großer Reiz außerhalb des filmischen Kontexts, der ein abwechslungsreiches und lohnendes Hörerlebnis verspricht, sofern der Hörer offen für vielschichtige Klanggebilde ist, die auch mal über längere Strecken auf eine eingängige, „summbare“, Melodie verzichten.
Trotz des deutlichen Hangs zum Unkonventionellen würde ich nicht so weit gehen, The Omen als „schwer anhörbar“ zu bezeichnen. Das themen- und motivsuchende Ohr, das wir Filmmusik-Enthusiasten fast alle haben, stößt hier immer wieder auf greifbare Strukturen, die den Score leichter zugänglich machen und außerdem eine große Kohärenz zwischen den Einzelstücken bewirken. Letzteres ist aber auch dem häufigen Einsatz des Chors zu verdanken. Gemäß dem Grundsatz, dass man gut Funktionierendes nicht reparieren soll, findet ein Großteil des vorhandenen Motivmaterials auch im ersten Sequel, Damien: Omen II (1978), wieder Verwendung.
Einen erstaunlichen Gegenpol zum grimmigen Rest der Partitur stellt das bereits erwähnte lyrische Thema dar. Vom spät gefundenen Familienglück mit Adoptivsohn Damien bis zur Enthüllung der grausamen Wahrheit, dass der geliebte Knabe das Böse in Person ist, illustriert es – in unterschiedlichen Orchesterfarben und harmonischen Verstrickungen – den Untergang einer auf unseligem Fundament gegründeten Familie. Ein melancholischer, die Tragödie vorausdeutender Grundton schwingt in der Melodie bereits von Anfang an mit. Der auf dem Thema basierende Song „The Piper Dreams“ wird von Goldsmiths Frau Carol Heather G. gesungen, die sich auch als Texterin versuchte.
Das National Philharmonic Orchestra unter der Leitung von Lionel Newman lieferte, wie so oft, eine engagierte, bis in kleinste Details nachvollziehbare Darbietung. Das bei Varèse Sarabande erschienene CD-Album ist mit 35 Minuten Musik ausreichend bestückt, das allgemeine Klangbild der Aufnahme ist respektabel, sodass das bei höheren Lautstärken permanent wahrnehmbare Hintergrundrauschen nicht schwer ins Gewicht fällt. Leider kann die kürzlich in Amerika erschienene Special-Edition-DVD des Films nicht, wie vorher angekündigt, mit einer isolierten Musikspur aufwarten. Merkwürdig, denn schon die alte US-Laserdisc hatte eine solche, die neben dem kompletten Score auch einige nicht verwendete Stücke (Outtakes) enthielt. Dieses Zusatzmaterial ist beileibe nicht uninteressant und hätte, da schon einmal digital aufbereitet, problemlos auf die neue DVD übernommen werden können.
Die wirklich wichtigen Momente sind aber auch auf der Varèse-CD vertreten, die wie viele frühe Titel des Labels sogar ein recht aufschlussreiches Booklet hat. Eine mehr dem Hörfluss als dem chronologischen Ablauf angepasste Reihung der Cues sollte man bei Tonträgern, die der Komponist selbst produziert hat, auch schon gewohnt sein. Als besonders intensive, ja geradezu gemeingefährliche Orchester- und Stimmattacken sind die Tracks „Killer’s Storm“, „The Demise Of Mrs. Baylock“ und „The Dog’s Attack“ zu empfehlen. Goldsmiths Auffassung von einer teuflischen Orgel kann man in „The Altar“ lauschen.
Fazit: Es war vielleicht keine schöne Geste, dass die Academy of Motion Picture Arts and Sciences (AMPAS) Goldsmith im selben Jahr mit einem längst überfälligen ersten Oscar ehrte, in dem der großartige Bernard Herrmann posthum für seine finalen, ebenso oscarreifen Werke Taxi Driver und Obsession nominiert war. The Omen ist dieser höchsten aller Auszeichnungen jedoch durchaus würdig und muss damals ordentlich Furore gemacht haben, immerhin stand das „Ave Satani“-Hauptthema zusätzlich als bester Song des Jahres (!) zur Wahl.