The Lord of the Rings: The Return of the King

Geschrieben von:
Michael Boldhaus
Veröffentlicht am:
16. Dezember 2003
Abgelegt unter:
CD

Score

(4/6)

Orodruin, der Schicksalsberg des Feuers, weit draußen auf der Ebene Gorgoroth im Lande Mordor, schleudert Ströme von Lava und Asche hoch in die Luft. Weit oben liegt der Eingang zu den Sammath Naur. Dort geht es zu den „Schicksals-Klüften“, wo Sauron einst den „Einen Ring“ schmiedete. Nur dort kann der Ring der kochenden Glut zurückgegeben und durch seine Vernichtung den Mächten des Bösen Einhalt geboten werden …

Schicksal, Heldentum, Opfergeist und Hoffnung: Diese in sämtlichen epischen Sagen der Menschheit immer auf’s Neue variierten Themen bestimmen auch die finale Runde der Verfilmung von Tolkiens berühmten, dreibändigen Fantasy-Roman. Und mit dem Kinostart von Der Herr der Ringe — Die Rückkehr des Königs am 17.12.2003 nimmt wiederum ein groß angelegter Merchandising-Rummel seinen Lauf, der in seinen Ausmaßen kaum noch steigerungsfähig sein dürfte!

Allein filmmusikalisch erscheinen zum Filmstart sogar drei Varianten: die auch diesem Artikel zugrunde liegende Standard-CD-Version mit rund 72 Minuten Spieldauer sowie eine limitierte 2-CD-Edition, welche die musikalischen Höhepunkte aller drei Filmteile präsentieren wird. Und last but not least sollen die Sammlerherzen zum Dritten mit einem Kombipack, in Form einer Deluxe-CD-DVD-Version, wohl völlig zum Rasen gebracht werden. Auf dieser gibt es einen so genannten „Supertrailer“ und neben einem exklusiv nur für das Album aufgenommenen Song von Annie Lennox ist ein 20-minütiges Feature über den enthalten, der sämtliche Film-Teile über nunmehr drei Jahre musikalisch begleitet hat: Howard Shore.

Dieser leitete übrigens im November dieses Jahres die Premiere von „Der Herr der Ringe — Eine Symphonie in sechs Sätzen“ — auf Themen der Filmpartitur beruhend. Und neben dieser autonomen Ring-Symphonie — die uns 2004 zweifellos auch auf Tonträger beglücken wird — ist eine vollständige Edition der drei Film-Scores in einer auf mindestens 7CDs angelegten Box bereits ebenfalls angekündigt.

Ebenso engagiert und liebevoll wie die Macher das Filmprojekt betreut haben, hat auch der Komponist für Die Rückkehr des Königs die musikalischen Voraussetzungen geschaffen. Zwar gelten auch für die Musik des dritten Filmteils entsprechende kompositorische Grenzen, was Komplexität, Vielseitigkeit und Abwechslungsreichtum angeht. Diese (dezenten) Einschränkungen sollten aber keinesfalls als zu negativ missverstanden werden. Es geht hierbei in erster Linie um die auch in anderen Arbeiten Shores deutlich feststellbare Tendenz zu einer gewissen Statik im musikalischen Ausdruck. In jedem Falle muss man auch bei Die Rückkehr des Königs die sorgfältige Arbeitsweise und auch besonders gelungene klangvolle Resultate konstatieren. Bemerkenswert sind die ausgefeilte und geschickte Verarbeitung der bekannten Themen und Motive. Eine wichtige Rolle spielt dabei das kraftvolle Thema für die Reiter von Rohan und auch das Ring-Motiv scheint verschiedentlich bedeutsam auf. Durch das auch hier vorliegende, durchdachte leitmotivische Geflecht wird die Abnutzung der Originalthemen dank gut gehandhabter Variationstechnik gekonnt vermieden. Und infolge der im letzten Teil (zwangsläufig) besonders üppigen Leitmotivik erinnert die Musik wiederum besonders deutlich an die Richard Wagners. Doch auch thematisch gibt es Neues zu hören: Besonders markant ist das sich majestätisch aufschwingende Thema für Gondor in „The White Tree“.

Der Käufer erhält nicht allein das ruhigste und insgesamt lyrischste der drei Filmmusik-Alben, sondern eine Musik, in der besonders die drei letzten Tracks einen besonders harmonischen und dazu partiell abgeklärt wirkenden musikalischen Block bilden. Diese rund 22 Minuten dürften für manch einen zur besonders lieb gewonnenen und bevorzugten musikalischen Delikatesse der CD zu Die Rückkehr des Königs werden.

Die im Score immer wieder heraushörbaren Wagner-Anklänge sind besonders beeindruckend. Das Opernhafte zeigt sich auch dieses Mal in den sehr geschmackvoll integrierten Songeinlagen. Das Schlusslied „Into the West“, gesungen von Annie Lennox, sticht hierbei besonders hervor. „Into the West“ ist ein Song, bei dem der Spagat zwischen Kunstlied und Popsong besonders gelungen erscheint. Shore hat für den (wohl über dem ausführlichen Abspann erklingenden) Gesang nicht nur eine unmittelbar eingängige Melodie geschrieben, sondern dafür sogar einen relativ breiten, steigerungsfähigen Melodiebogen entworfen und damit etwas geschaffen, das schön ist ohne banal zu sein.

Das eigentliche Thema des Liedes erscheint bereits kurz im vorausgehenden nachdenklichen und zugleich dezent optimistischen „The Grey Havens“ — in dem auch der irische Flötist James Galway einen charmanten Auftritt hat. Besagtes Schlusslied ist damit gut vorbereitet und zugleich integriert. Als besonders viel sagend erscheint mir der angehängte reizende musikalische Epilog. Diese knapp 80 Sekunden währende subtil verinnerlichte Streicherelegie mit sehr dezentem Einsatz des Blechs erinnert stimmungsmäßig an das bekannte „Waldweben“ aus der Ring-Oper „Siegfried“ — hier allerdings ohne die dort durch Holzbläsersoli imitierten Naturlaute. Dieses kurze orchestrale Anhängsel ist musikalisch eine sinfonische Keimzelle für besagten Song und bildet zugleich das Finale der Film-Trilogie. Es dürfte nicht zu hoch gegriffen sein, hierbei einen Kunstgriff Shores zu vermuten, in dem Keimzelle mit Neuanfang gleichgesetzt werden darf. Und damit schließt sich auch der Shore-Ring musikalisch überzeugend, verklingt dazu vergleichbar zart und lyrisch wie das Finale der Wagnerschen „Götterdämmerung“: Und wie dort kann auch hier ein neuer historischer Zyklus, eine neue Epoche beginnen …

Dieser Artikel ist Teil unseres umfangreichen Herr-der-Ringe-Specials.

Komponist:
Shore, Howard

Erschienen:
2003
Gesamtspielzeit:
72:05 Minuten
Sampler:
Warner Reprise
Kennung:
9362-48521-2

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