The Film Music of Erich Wolfgang Korngold, Vol. 2 (The Sea Hawk)

The Film Music of Erich Wolfgang Korngold, Vol. 2 (The Sea Hawk)
Geschrieben von:
Michael Boldhaus
Veröffentlicht am:
15. Dezember 2007
Abgelegt unter:
CD

Score

(6/6)

Nach der Naxos-Doppel-CD mit der Kompletteinspielung von The Sea Hawk vom bewährten Team Morgan & Stromberg ist nun auch die bereits länger angekündigte Version Rumon Gambas mit dem BBC Philharmonic in der verdienstvollen Reihe CHANDOS MOVIES erschienen. Eingehende Infos zu Film und Filmmusik in den verschiedenen bisherigen Einspielungen finden sich im vorstehend verlinkten Artikel zur Kompletteinspielung.

An dieser Stelle stellt sich in erster Linie die Frage: Wie gut funktioniert Gambas auf rund 77 Minuten gegenüber der rund 110 Minuten umfassenden Gesamteinspielung unter William Strombergs Leitung? Die bisher längste Suitenkompilation aus dieser Filmmusik hat Varujan Kojian mit dem Utah Symphony Orchestra vorgelegt. Mit rund 44 Minuten enthält diese mitreißende Einspielung aber eben nur ein gutes Drittel der gesamten Musik. Und da kann Rumon Gambas Version dank repräsentativer Materialzusammenstellung natürlich zusätzlich punkten.

Dafür fallen dem, der bereits die vollständige Musik auf Naxos besitzt, bei Gamba vielleicht doch einige der zwangsläufig vorgenommenen Schnitte etwas schmerzlich auf. Mir fehlt beispielsweise am Schluss der Seeschlacht ein zwischenzeitlich denn doch recht lieb gewonnenes Detail: Auf das den Kampf an Bord und zugleich das Duell zwischen Thorpe und Kapitän Lopez beendende, sich anschließend nochmals charmant im Orchester spiegelnde Trompetensignal zur Übergabe muss man hier nämlich verzichten. Nun, diese kleine aber doch so wirkungsvolle Coda „Thanks for Convincing the Trumpeter“, mit ihren nur rund 25 Sekunden mag manchem weniger bedeutend erscheinen. Das Fehlen von Marias nur wenig längerer, knapp einminütiger Liedeinlage „Marias Song“ dürfte allerdings wohl von vielen Lesern als schlichtweg merkwürdige Produktionsentscheidung gewertet werden.

Gegenüber Morgans straffem, dicht an den Filmtempi orientiertem Dirigat neigt Gamba nicht allein häufiger zu etwas breiter angelegten Tempi. Er gestattet sich hier und da auch weitere interpretatorische Freiheiten. Letztere betreffen z. B. die erste kleine Liebesszene in Track 9, wobei hier neben dem merklich zurückgenommenen Tempo auch die dezente, aber spürbar andere Akzentuierung im Sinne einer konzertanten Version der Filmmusik von The Sea Hawk durchaus akzeptabel wirkt. Deutlich problematischer ist allerdings der infolge seines Zeitlupentempos ein wenig zur Rentner-Gang tendierende und damit schlichtweg unglaubwürdig zelebrierte Einzug der mutigen Seefalken in den Thronsaal. Und dem anschließend doch so drollig hopsenden Äffchen geht es musikalisch auch ziemlich an den Kragen. Von der sowohl in der Filmeinspielung als auch bei den Aufnahmen Kojians und Strombergs unmittelbar erkennbaren Mickey-Mousing-haften Komik ist hier nämlich praktisch überhaupt nichts mehr übrig geblieben. Und dabei handelt es sich m. E. schon um eine eindeutig gegen die Intentionen des Filmes verstoßende und damit besonders zweifelhafte Interpretationsentscheidung.

Nun, auch wenn der vorstehende Abschnitt auf den ersten Blick vielleicht etwas dramatisch erscheint, so ist es gewiss nicht mein Anliegen, Rumon Gambas Version unnötig in Frage zu stellen. Zumal die Musiker des BBC-Orchesters sich wie gewohnt als ein Spitzenorchester britischer Provenienz erweisen. Auch dieser Korngold-Musik wird — wie bei The Sea Wolf — eine zweifellos überaus kraftvoll wie feinsinnig, mit viel Schmelz und fast durchweg sehr schlüssig ausmusizierte Interpretation zuteil. Und auch beim Klang gibt es nicht wirklich etwas zu bemängeln. Gegenüber der akustisch zum einen so faszinierend transparent gehaltenen und zum anderen zugleich so satt und voll klingenden Moskauer Einspielung auf Naxos geben die Toningenieure von Chandos traditionell einem stärker konzertsaaltypischen Mischklang den Vorzug. Wertende Begriffe wie besser und schlechter greifen an dieser Stelle jedoch nicht wirklich. Vielmehr ist das jeweilige Ergebnis unterm Strich vergleichbar hochwertig geraten.

Was also tun? Nun, das kann jeder Leser nur für sich entscheiden. In Bezug ob „richtig oder falsch“ dürfte vieles, um nicht zu sagen das Allermeiste, letztlich in Auge und Ohr des Betrachters und damit im individuell Geschmacklichen liegen. Und das gilt für sämtliche Sea-Hawk-Einspielungen auf dem Markt. In punkto Repertoirewert hat die Gamba-Version es schon etwas schwer. Vom Preis-Leistungsverhältnis ist die zudem prall bestückte sowie mit eindeutig überlegenem, erstklassigem Begleitheft aufwartende Naxos-Doppel-CD-Box nun einmal rundweg unschlagbar und damit praktisch ein Pflichtkauf. Glücklich ist da zweifellos derjenige, der sich das Optimale, nämlich den Luxus leisten kann, sämtliche Einspielungen dieser schlichtweg fantastischen Filmmusik zu besitzen.

Hier gibt es eine Übersicht der bisher besprochenen Chandos-Movies-CDs.

Dieser Artikel ist Teil unseres Spezialprogramms zum Jahresausklang 2007.

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Erschienen:
2007
Gesamtspielzeit:
76:57 Minuten
Sampler:
Chandos Movies
Kennung:
CHAN 10438
Zusatzinformationen:
BBC PO, R. Gamba

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