Produziert von Samuel Bronston: Der Untergang des chinesischen und des römischen Reiches, Teil 2
Edward Gibbons berühmtes, klassisches Standardwerk zur römischen Geschichte, „Verfall und Untergang des römischen Imperiums“, initiierte die Idee einer filmischen Umsetzung des Themas, die Produzent Samuel Bronston begeistert aufnahm. (Mehr zu den im Franco-Spanien realisierten extravaganten Monumentalfilmträumen des Samuel Bronston im Artikel zu El Cid.)
Die Autoren Ben Barzman und Basilio Franchina haben für The Fall of the Roman Empire • Der Untergang des römischen Reiches (1964) aus dem äußerst vielschichtigen und komplexen Geschichtsstoff ein schon vom Ansatz her, gemessen am bedeutungsschwangeren Filmtitel, doch etwas fragwürdiges Handlungskonstrukt geschaffen. Die Geschichtsschreibung datiert den Untergang des (west-)römischen Reiches nämlich — je nach Betrachtungsweise — auf den Zeitraum von 475 bis 480. Der Plot hingegen verarbeitet Ereignisse bereits fast 300 Jahre zuvor: im Umfeld des Todes von Kaiser Marcus Aurelius (161-180) und der daran anschließenden Herrschaft seines Sohnes Commodus, welcher im Jahr 192 ermordet wurde. Die aus der Nachfolgefrage resultierende Staatskrise war eigentlich nur eine von ähnlich gelagerten schwierigen Situationen, welche das römische Imperium bereits früher — selbst vor der Kaiserzeit — durchgemacht hat und auch späterhin noch mehrfach hat überwinden können. (Allerdings hatte das Reich nach 100 Jahren „guter“ Kaiser mit Mark Aurel seinen Zenit überschritten, und es begann — aus der Rückschau betrachtet — die lange Zeit des Niedergangs.)
Wie zuvor bei 55 Days at Peking • 55 Tage in Peking (1963) ist auch hier während des Produktionsprozesses fortlaufend am Skript nachgebessert worden. The Fall of the Roman Empire ist im Ultra-Panavision-70-Verfahren aufgenommen. Das bedeutet Bilder von herausragender Schärfe und infolge eines Bildseitenverhältnisses von 1 : 2,75 (!) von ebenso exorbitanter Breite. Das Filmepos besitzt fantastische, sämtliche übrigen Bronston-Produktionen übertreffende, wirklich in Gänze massiv gebaute (!) Sets und kann, besonderes im ersten Filmteil, dank seiner hervorragenden Darstellerriege (u.a. Alec Guinness, James Mason und Christopher Plummer) auch einige ausdrucksstarke Momente für sich verbuchen. Insgesamt ist er allerdings vergleichbar unbefriedigend wie sein Vorläufer. Einige Infos zum Film gibt es im 2010er-Blu-ray-Artikel. Bemerkenswert ist immerhin, dass einige der Ideen der recht zerfahrenen Handlung in Ridley Scotts Gladiator aufgegriffen worden sind.
Dimitri Tiomkins Musik zu Der Untergang des römischen Reiches
Dimitri Tiomkin hat für The Fall of the Roman Empire sein Bestes gegeben. Zum verschwenderisch inszenierten Sandalenepos hat er nicht nur im Gesamtumfang von knapp 140 Minuten Spieldauer, sondern ebenso in der Opulenz des dafür gewählten Klangkörpers (rund 130 Instrumentalisten nebst gemischtem Chor) eine beeindruckende Riesenpartitur geschaffen, die in seinem Œuvre nur in Land of the Pharaohs • Land der Pharaonen (1955) ein Pendant besitzt. Zur extravaganten Orchesterbesetzung zählen neben großer Kirchenorgel und Mandolinen auch ein Cembalo sowie das elektronische Novachord.
Durch Einbetten einer Fülle prägnanter Themen, die in vielfältiger Gestalt, in Varianten und/oder motivischen Bruchstücken verarbeitet werden, hat der russische Komponist hier eine seiner abwechslungs- wie stimmungsreichsten und zugleich wohl auch seine am elegantesten durchkonstruierte Filmpartitur geschaffen. Tiomkin entfesselt zu The Fall of the Roman Empire einen in allen Orchesterfarben verführerisch funkelnden spätromantisch-modernen Klangrausch à la Strauss, etwa im Sinne der Oper „Salome“, wobei eine kräftige Portion ungebändigter russischer Wildheit im Ausdruck das Ergebnis so unverwechselbar macht.
Tiomkin hat dazu im Begleittext zur LP angemerkt, dass er nie beabsichtigt habe, seine Klangschöpfung als möglichst authentische Begleitung im Sinne der römischen Antike zu gestalten. Er hat in seinen musikalischen Reflexionen auf das Leinwandgeschehen also völlig frei von historisierenden Zwängen agiert. Beispielsweise scheute er sich nicht, verschiedentlich einen anachronistischen aus Süditalien stammenden Tanz, die „Tarantella“, einzubinden, etwas was in der Kunstmusik ab der Mitte des 19. Jahrhunderts in Mode kam, z. B. in seines Landsmanns Peter Tschaikowsky charmanter Italienpostkarte „Capriccio Italien“.
Tiomkins Musik zu Empire kontrastiert entsprechend stark mit dem vom Sandalenkino Gewohnten. Sie hat z. B. mit den markanten, klanglich ausgefeilt historisierend angelegten Filmmusiken eines Miklós Rózsa kaum etwas gemein, dessen Ben Hur das musikalische Empfinden für „richtige“ Sandalenfilmmusik (zumindest beim etwas gesetzteren Kinopublikum) doch so nachhaltig beeinflusst hat.
Der Vertonungsansatz erscheint bereits direkt zu Beginn, in der breit angelegten Eröffnungsfanfare, durchsetzt mit dem so markanten Tiomkin-Bläser-Sound, unmittelbar eher „modern“ als auf Klänge anspielend, die aus einer anderen, weit zurückliegenden Epoche stammen (könnten) — siehe hierzu auch den Artikel zu Land der Pharaonen. In der Energie der den Barbaren zugeordneten, ungezügelt wild stampfenden und zugleich kraftvollen Rhythmik kommt das so entschieden auf Tiomkin Verweisende ebenfalls zum Ausdruck. In gewissem Sinne hat der Komponist hier eine sehr eigenwillige, „moderne“ Musik für ein modernes Drama in antikem Gewand geschaffen. Im zumindest in Bezug auf „modern“ ähnlich gelagerten Vertonungsansatz, wie auch in der prominenten Verwendung des Cembalos kann man Berührungspunkte mit Alex North und Cleopatra (1962) sehen. Eine Mini-Parallele zum North’schen Spartacus (1960) — in der dort vergleichbar gelagerten Musik zur Szene im römischen Bad —, mag man im exotisch angehauchten Source-Cue „The Court Musicians“ erkennen.
Das in Moll gesetzte, daher besonders schicksalhaft und tragisch anmutende Liebesthema für die Liaison zwischen dem Feldherren Livius und Lucilla, der Tochter des Kaisers Marcus Aurelius, spielt in der Musik eine zentrale Rolle. In unzähligen Varianten erscheinend bildet es das musikalische Bindeglied, welches die Komposition zusammenhält. Es beherrscht bereits den Main Title (Prelude), wo es zuerst von der großen Kirchenorgel intoniert und anschließend vom vollen Orchester aufgegriffen wird. Livius wird eine heroische Melodie zugeordnet, die zugleich für den Glanz römischer Macht steht. Seine Freundschaft mit Commodus wird durch ein besonders schwelgerisch anmutendes Thema ausgedrückt, und das für Timonides, Ratgeber und Freund des Kaisers Mark Aurel, besitzt den Charakter eines Chorals, was den christlichen Aspekt dieser Figur unterstreicht. Drei weitere markante Themen sind durch ein zugehöriges, jeweils grandioses Set-Piece definiert und bleiben so unmittelbar in Erinnerung: „Pax Romana“, „Roman Forum“ (beides großangelegte Festmusiken) sowie „Profundo“, ein gewaltiger Trauermarsch für Mark Aurel, der in Siegfrieds Trauermarsch aus Wagners berühmter Oper „Götterdämmerung“ ein Vorbild besitzt. Hinzu kommt noch eine kurze, wiederum unmittelbar tiomkinhafte „römische“ Fanfare, die ihren ersten Auftritt bereits im Mittelteil der den Film anstelle einer Ouvertüre eröffnenden Fanfarenkombination hat. Genannte Fanfare erhält im Score ebenfalls häufiger in meist vielfältig abgewandelter Gestalt ihre Auftritte.
Der 1964er Filmmusik-LP-Schnitt
Im Jahr 1964 erschien, wie zuvor auch im Falle von 55 Days at Peking, auf Columbia Records eine LP mit rund 39 Minuten Musik. Zwar steht hier dem interessierten Hörer nur ein sehr bescheidener Bruchteil (rund 30 %) der gesamten Musik zur Verfügung, aber trotzdem ist der (späterhin auch als Varèse-CD veröffentlichte) LP-Schnitt unterm Strich insgesamt doch im Sinne einer Präsentation zumindest der allerwichtigsten Höhepunkte merklich überzeugender zusammengestellt als etwa der zu The Alamo (1960) oder der zum im ersten Teil dieses Artikels vorgestellten 55 Days at Peking.
Zwar wurde das im Score bedeutende, sehr melancholische Liebesthema mit einem Text von Songwriter Ned Washington („The Fall of Love“) versehen, aber die separat publizierte Songversion ist nicht besonders bekannt geworden und hat erfreulicherweise auch nicht Eingang in den Plattenschnitt gefunden. Und da man auch sonst keinerlei Anstrengungen unternommen hat, durch irgendwelche Pop-Elemente zu verhunzen, verdient dieser LP-Schnitt als Kind seiner Zeit immer noch Respekt.
Musikteile aus Empire auf Unicorn-Kanchana und Cloude Nine Records
Das 1985er Unicorn-Kanchana-Album „The Film Music of Dimitri Tiomkin“ mit dem Royal College of Music Orchestra unter der Leitung von Sir David Willcocks wartet mit einer neu eingespielten Suite aus dem Main Title (Prelude) und der „Pax Romana“ (TT.: 10:33) auf. Abgesehen von den kräftig zurückgenommenen, schon recht schleppenden Tempi sind — wie auch in der Peking-Nachspielung unter Lawrence Foster — diverse, zum Teil massive Eingriffe von Christopher Palmer unüberhörbar. Der Main Title besitzt durch den gegenüber der Originalversion nochmals enorm ausgeschmückten Orgelpart geradezu einen übersteigerten Bach-Touch, und auch die immerhin mit einigen Flatterzungen des Blechs ausgestattete „Pax Romana“ ist mit diversen Zusätzen versehen. Das, was es hier zu hören gibt, ist zwar vom Studentenorchester recht ambitioniert vorgetragen und auch klanglich in Ordnung. Es ist aber eher eine freie Konzertfantasie, die mit der originalen Filmmusik nur noch begrenzt zu tun hat.
1991 veröffentlichte Cloude Nine Records das von Silva Screen Records vertriebene Album „More Music from The Fall of the Roman Empire“ mit insgesamt 44:35 Minuten Laufzeit. Rund 24 Minuten der auf dem CD-Album enthaltenen Musik bilden zuvor unveröffentlichtes Material von der Originaleinspielung. Bis auf drei Stücke — Eröffnungsfanfare, Main Title (Prelude) sowie die chorale Pausenmusik —, die vermutlich direkt von einer Filmmagnet-Stereoton-Kopie in passabler Qualität abgenommen wurden, sind die übrigen Teile nur in etwas mattem und engem Mono vertreten. (David Wisharts Behauptung im Begleithefttext, bei der Columbia-LP-Veröffentlichung handele es sich nicht um das Original, sondern um eine Nachspielung, ist so wohl nicht korrekt. Möglicherweise hat Tiomkin aber während der Filmeinspielungen mit der Sinfonia of London einzelne Stücke separat, speziell für die LP, in leicht veränderter Konzertversion aufgenommen.)
Natürlich war der Tiomkin-Freund seinerzeit hocherfreut, aus diesem auch musikalischen Monumentalopus zumindest einige wichtige zusätzliche Musikteile erstmals auch abseits der Filmtonspur hören zu können. So richtig begeisternd war das Ganze allerdings schon damals nicht. Dafür sind die qualitativen Unzulänglichkeiten des veröffentlichten Materials einfach zu gravierend. Selbst die besten Teile des präsentierten Mono-Materials rangieren deutlich hinter der ordentlichen, freilich — ähnlich wie auch zu 55 Tage in Peking angemerkt — ebenfalls längst nicht perfekten Qualität des Stereo-LP-Schnitts. Dem vom Komponisten entfesselten orchestralen Klangrausch kann ein noch dazu mangelhaftes Mono einfach nicht gerecht werden, muss zwangsläufig ein Kompromiss bleiben.
Die Prager Neueinspielung auf Tadlow/Prometheus
Ein weiteres Mal haben James Fitzpatrick (Tadlow Music) und Luc Van de Ven (Prometheus Records) ihre Kräfte gebündelt und mit den Prager Sinfonikern unter Nic Raine ein besonders exzellent geratenes Tiomkin-Projekt realisiert. Über die rund zweieinhalbstündige Gesamtlaufzeit bekommt man dieses Mal einen Tiomkin der absoluten Extraklasse zu hören, und damit eine Musik, die ohne Schwachpunkte daher kommt. Die Prager Musiker unter ihrem Dirigenten haben sich hier erstklassig ins Zeug gelegt — sie profitierten aber zweifellos auch von den bei früheren Tiomkin-Einspielungen gewonnenen Erfahrungen. Nicht nur der so typische Tiomkin-Sound der oftmals ruppigen Bläsersätze, mit ihren schrillen Flatterzungen, wird hier ganz besonders überzeugend getroffen, auch Tempi und Intonation können praktisch durchweg als sehr gelungen gelten, bleiben dicht an der Originaleinspielung orientiert.
Wie kaum anders zu erwarten, macht auch bei Der Untergang des Römischen Reiches erstmalig die nun vollständig vorliegende Musik den Glanz und die außergewöhnliche Pracht dieses Meisterwerks voll erfahrbar. Da müssen sich alle bisherigen Veröffentlichungen (s. o.) direkt als unzulänglich geschlagen geben. Zweifellos reißen die so unmittelbar packend und mitreißend dargebotenen Setpieces wie „Roman Forum“ schon beim ersten Hören besonders mit. Aber auch das bislang allein von der Filmtonspur gehörte Musikmaterial (z. B. das reizvolle, impressionistisch gefärbte „The Mysterious Forest“) und eben auch die im Film nur gekürzt erscheinenden oder gar komplett entfallenen Teile ziehen den Hörer rasch in Ihren Bann. Schon bald begeistern diese Neuentdeckungen vielfach in vergleichbarem Maße wie das Vertraute, etwa das packende „The Undoubted Caesar“ (CD 1).
Erstmalig erhält nun auch das choralhafte Thema für Timonides (s. o.) im Score seine verdiente Präsenz. Im LP-Schnitt tritt es nämlich nur ein einziges Mal überhaupt in Erscheinung, nämlich als knappes Zitat im Finale. Auch die auf der LP nur stark gekürzt vertretenen Schlachtenmusiken sind jetzt vollständig zugänglich, und das steigert die Wirkung in nicht unerheblichen Maße! Man höre nur die im letzten Drittel der Barbarenschlacht im Wald (CD 1: „Barbarian Ambush“) erst jetzt in voller Pracht erlebbare lange Rhythmuspassage der Paukenbatterie, wenn Römer und Germanen verbissen aufeinander einschlagen — was hier förmlich spürbar wird. Wenn schließlich (ähnlich wie im Gladiator) den Germanen eine zweite römische Abteilung in den Rücken fällt (was die Schlacht entscheidet), tritt wieder das Orchester hinzu und mischt sich triumphierend ins Geschehen ein, indem es mit einer Variante der o. g. Fanfare den römischen Sieg zum Ausdruck bringt. Unter „The Battle in the Forest/Reinforcements“ ist die komplette Musik zur Barbarenschlacht zwar auch auf dem 1991er Cloude-Nine-Album (s. o.) zu hören, aber seine volle grandiose Wucht entfaltet dieses Stück erst jetzt in der das komplexe akustische Geschehen durchweg nahezu perfekt transparent abbildenden stereofonen Prager Neueinspielung.
Zweifellos sind im direkten Vergleich zwischen Neueinspielung und dem LP-Schnitt oder auch dem Cloude-Nine-Album gewisse Unterschiede feststellbar, die von anders gelagerter Interpretation, aber eben auch von bei der Abmischung verursachten Differenzen im Klangbild herrühren. Gerade im Letztgenannten liegt m. E. ein mit entscheidender Effekt auf das, was einem persönlich gefällt, der (zu) wenig beachtet wird. Zudem wird in Vergleichsdebatten die Originaleinspielung oftmals allzu idealisiert betrachtet, indem sie zur absoluten Referenz stilisiert wird. In der Regel entstanden die Originaleinspielungen jedoch unter massivem Zeitdruck und sind schon daher interpretatorisch wie spieltechnisch häufig längst nicht durchweg optimal. Hinzu kommt, dass im Film die Musik häufiger erheblich zu leise abgemischt ist. Da gehen dann erst recht nicht nur musikalische Details, sondern mitunter die unterlegte Musik als Ganzes im Klanggeschehen nahezu völlig unter. Im Falle von Empire ist mir neben manch anderem, das mir erst durch die Nachspielung überhaupt bewusst geworden ist, aus diesem Grund der charmante Source-Cue „The Court Musicians“ vom Film her überhaupt nicht in Erinnerung geblieben.
Freilich lassen sich ein paar Kritik-Punkte in der Rubrik „kleiner individueller Vorbehalte“ aufführen: Etwa dass der Streicherklang im Mittelteil der Prelude gegenüber Orgel und Bläsern zeitweilig untergeht oder ob z. B. „Lucilla’s Sorrow“ nicht doch noch etwas betonter leidenschaftlich und sinnlich schmachtend hätte ausgespielt sein dürfen. Aber in der Gesamtbilanz bleiben das letztlich Kleinigkeiten, die nicht nur sehr im Auge des Betrachters liegen, sondern deren Bedeutung sich nach mehrfachem Hören infolge des Gewöhnungseffekts doch meist spürbar verringert.
Zur insgesamt edlen Einspielung kommt auch hier ein ansprechend illustriertes Begleitheft mit einem hochwertigen Text, wiederum von Frank K. DeWald. Einzig der in den musikalischen Beschreibungen fortwährend betonte Begriff Barock erscheint m. E. als etwas irreführend und somit unglücklich gewählt. Zwar gibt es Momente, wo stilistische Elemente der Barockmusik durch ihre formale Strenge für einen barocken Unterton sorgen, wie der verzierte Orgeleinsatz zu Beginn des Main Title („Prelude“) oder die Fuge in „Preparation for Battle“. Allerdings prägt Barockes in The Fall of the Roman Empire den Höreindruck nicht ansatzweise in vergleichbarem Maße wie etwa in der wenig später von Jerry Goldsmith zum Weltkriegs-Fliegerdrama The Blue Max (1965) komponierten, übrigens ebenfalls absolut meisterhaften Filmmusik.
Nachspann
An Dimitri Tiomkin scheiden sich die Geister. Wohl kaum ein anderer der klassischen Garde Hollywoods ist für sein Musikschaffen in gleichem Maß mit dem eher negativ besetzten Attribut „Bombast“ in Zusammenhang gebracht worden. Und mitunter haben seine Kritiker ja nicht unrecht, wenn sie in einer seiner schwächeren Filmkompositionen über das Überladene, die eher lärmende Untermalung der Bilder klagen: wenn es mit vollem Orchester brachial zur Sache geht, es dabei durch das so unverwechselbar schnarrend gespielte Blech typisch tiomkinhaft, nämlich besonders schrill-dissonant, mitunter barbarisch wild klingt und neben der mitunter brachialen Rhythmik die ausgeprägte Polyphonie gelegentlich fast schon für ein Gewirr der Orchesterstimmen sorgt.
Aber laut und leise sind nun einmal keine Qualitätskriterien bei Musik. Die in der Regel an weniger inspirierten Vertonungen festgemachten negativen Urteile sollten daher den Blick auf den Könner Dimitri Tiomkin nicht verstellen, indem man sie sich als Vorurteile aneignet. Dass es genügend Beispiele für innig auskomponierte, sehr berührende Passagen in seiner Musik gibt, dazu kann der geneigte Leser ja bereits auf Cinemusic.de fündig werden.
Wer es aber auch gern orchestral opulent mag, wer sich auch beim Bad im wohlorganisierten üppigsten Orchesterklang mal so richtig wohlfühlen kann, der liegt bei Tiomkin gerade richtig. In The Fall Of The Roman Empire findet sich beides in Top-Qualität: das subtil Auskomponierte (z.B. „Aurelius Awaits the Dawn“, „Cleander Listens/Caesar’s Decision“, „Caesar and Lucilla“ oder „Apple of Death“) wie auch das so herrlich Rauschhaft-Opulente (etwa in den genannten Set-Pieces und ebenso in „Roman Celebration/Tarantella“ oder „Commodus Defiled“).
Die Leinwandversion des Musicals My Fair Lady und die dazu von Andre Previn adaptierte Musik Frederick Loewes sowie die Musik der Sherman-Brüder zu Mary Poppins überzeugten die Oscar-Jury seinerzeit mehr und erhielten die begehrte Auszeichnung. Tiomkins erstklassige Musik zu Empire musste sich mit einer Nominierung begnügen. Dass sie dieses Schicksal mit anderen wertigen Kandidaten, wie Becket (Laurence Rosenthal) oder auch Wiegenlied für eine Leiche (Frank De Vol) teilte, war sicher nur ein recht schwacher Trost. Immerhin wurde Tiomkins Musik zu The Fall Of The Roman Empire im selben Jahr noch mit einem Golden Globe ausgezeichnet.
Fazit: Tadlow und Prometheus haben mit The Fall of the Roman Empire eine diskografische Top-Leistung vorgelegt, an der es nichts Entscheidendes zu bemängeln gibt. Nicht erst mit diesem erstklassigen Produkt haben die Prager Musiker und ihr Dirigent Nic Raine ihr Können bewiesen. Wenn nicht mit The Guns of Navarone oder mit der ebenfalls besonders edlen Einspielung zu The Alamo, dann haben sie spätestens jetzt mit The Fall of the Roman Empire die Herzen der meisten Tiomkinfreunde erobern können. Dass diese Filmmusik auch qualitativ zum Besten gehört, das im Tiomkin’schen Werkkatalog zu finden ist, belegt die spiel- wie aufnahmetechnisch so prächtige Neueinspielung aus Prag zudem unzweifelhaft.
Hier finden Sie einen Überblick über alle bei Cinemusic.de besprochenen CDs des Labels Tadlow Music.
Dieser Artikel ist Teil unseres Spezialprogramms zum Jahresausklang 2011.
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