Hinter dem Lächeln der Mona Lisa verborgen: der Da Vinci Code?
Das zumindest will Dan Browns Megaseller dem Leser und jetzt auch Ron Howards Film dem Kinogänger suggerieren. Besagter Code ist dabei letztlich das Mittel, um eine groß angelegte Verschwörung aufzudecken, deren zentrales Gerücht „Jesus als Familienvater“ allerdings nicht wirklich neuartig ist, sondern — trotz publicitywirksam inszenierten Urheberstreits — bereits seit Jahrhunderten kursiert. Dem Rummel um Howards Film möchte ich an dieser Stelle nichts hinzufügen, vielmehr dem Interessierten einen lesenswerten Artikel Georg Seeßlens zum Thema, erschienen in epd Film empfehlen: „Im Auftrag des Teufels — Verschwörungsfantasien und Okkultismus im populären Kino“.
Bei Filmen von Ron Howard ist man eher gewohnt, im Vorspann als Komponisten den Namen James Horner zu lesen. Zur Vertonung des okkulten Spektakels hat Howard dieses Mal allerdings Hollywood Routinier Hans Zimmer ins Boot genommen. Herausgekommen ist dabei allerdings kein Produkt, das als musikalische Offenbarung gewertet werden muss, sondern eher eines, das als solide Routine bezeichnet werden darf. Entsprechend geläufig ist das den Boxen Entströmende geraten: HZ fährt wieder einmal im Klassiker-Modus, wie er es z. B. in Hannibal getan hat. Neben mit Mahler-Light-Touch versehenen streicherbetonten Adagio-Passagen gibts einen kräftigen Schuss Sakrales und entsprechend viel Chorales. Dabei sind gerade die Chorstücke durch ihre teilweise Mehrstimmigkeit ein Stück vielseitiger als gewohnt; aber davon einmal abgesehen, klingt es wie in manchen der ruhigen Passagen von Gladiator und besonders King Arthur. Als weiteren kleinen Pluspunkt kann man das Einbinden alter restaurierter Streichinstrumente werten, was dem Klanggeschehen partiell einen leicht archaisierenden Touch verleiht.
Richard Harvey (Luther), der auch den Part des Dirigenten übernahm, hat möglicherweise hierbei wie auch bei den Chorsätzen unterstützend gewirkt und zugleich das wohl schönste (A-capella-Chor-)Stück der CD komponiert, das finale „Kyrie for the Magdalene“. Zimmer bestreitet seinen Part der insgesamt knapp 70 Albumminuten (neben einer recht markanten motivischen Figur) in der Hauptsache mit zwei lyrischen Themen, die beide im ersten Track vorgestellt werden. Neben dem vom Klavier intonierten tritt das bedeutendere, hymnische Hauptthema auf den Plan, das im vorletzten Albumtrack, „CheValiers De Sangreal“, zum ausladenden Crescendo gesteigert wird. Nicht nur an dieser Stelle ist aber eine gehörige Portion synthetischer Bass mit im Spiel, der nicht zuletzt für den Zimmer-typischen klanglichen Bombast verantwortlich ist.
Mit knapp 70 Minuten bekommt der Käufer zweifellos ein gut gefülltes Album, bei dem sich die musikdramatische Gestaltung allerdings auf einen Wechsel zwischen eher einfach gehaltenen Mysteriosopassagen — durchsetzt mit einzelnen ebenfalls schlichten Spannungsmomenten — beschränkt, mit denen die breiter angelegten Teile mit Requiem-Touch eingefasst sind. Dabei fallen nicht allein die gewohnt minimalistisch angehauchten Ostinatofiguren der Streicher auf. Gerade das hymnische Hauptthema ist so charakteristisch für die Zimmer-Schmiede. Auch hier muss man nicht großartig abstrahieren, sondern vielmehr nur die stampfende Action-Rhythmik nebst Ethnoeinflüssen subtrahieren, um wiederum an Epen wie Gladiator und King Arthur zu denken. Auch Da Vinci Code zeigt nämlich letztlich keine nennenswerte Weiterentwicklung im Zimmerschen Œuvre des Epen-Scorings. Auch hier bekommt der Hörer seinen Zimmer letztlich wie gewohnt, dieses Mal eben stärker als netten Sakral-Pop serviert. Etwas kurios wirkt dabei ein in der Albummitte platzierter Bonustrack, der stilistisch wie thematisch mit der Filmmusik nichts zu tun hat. Insofern bildet das — wohl als vom Film „inspiriert“ anzusehende — Musikstück „Salvete Virgines“ einen allerdings noch akzeptablen Fremdkörper.
Unterm Strich ist das Gebotene handwerklich ordentlich gemacht und besitzt auch zweifellos einige Hörqualität. Entsprechend kann mehr als „flauer Durchschnitt“ attestiert werden, von besonderer Raffinesse kann allerdings nicht wirklich die Rede sein. Daran ändert das von Howard im Begleitheft bejubelte Lyndhurst Orchestra mit seinen „99 Musiker(n), die Happy Birthday spielten“ auch nichts. Ein pfiffiger Orchestersatz fehlt schlichtweg. Die Komposition zeigt somit eben auch Zimmers (nach wie vor) klare Grenzen als Musikdramatiker auf — deutlich überzeugender geraten sind dagegen des Öfteren seine Ausflüge ins Komödiengenre, z. B. in Spanglish und Tricks.
So gibt sich besonders das ausladende „Kyrie for the Magdalene“ besonders gewichtig. Bei genauerem Hinhören erweist es sich allerdings als doch eher schlicht konstruiert und zur bombastisch angehauchten Klangsoße tendierend. Und ebenso wenig aufregend ist der dieses Mal besonders ausgeprägte, für meinen Geschmack partiell schon aufdringliche Einsatz der Klangsynthetik. Das hier Aufgefahrene mutet teilweise — wie auch in Hannibal — etwas altmodisch an, wobei besonders die blubbernd-klopfenden Effekte in „Beneath Alrischa“ abseits des Films schlichtweg belanglos und nervig sind. Richard Harveys sehr gelungene Musik zu Luther, hinter deren Qualitäten Zimmers Da Vinci Code deutlich zurückbleibt, wird so zum entscheidenden Bezugspunkt für eine Bewertung.