Spaghetti Westerns, Volume One – Four

Geschrieben von:
Magdi Aboul-Kheir
Veröffentlicht am:
14. Mai 2005
Abgelegt unter:
Sampler

Spaghetti Westerns, Volume One – Four

Italo-Western-Kompilationen gibt es so viele wie Kakteen in der Filmwüste. Doch wer sich ein paar mehr dieser oft lieblos produzierten Scheiben zulegt, hat schon bald eine ärgerliche Sammlung der immergleichen Melodien im Regal stehen: x-mal das Lied vom Tod, die glorreichen Halunken und Nobody, zuweilen in erbärmlichen Neueinspielungen. Wer sich einen breiten Überblick über das Genre jenseits der bekanntesten Morricone-Arbeiten verschaffen will, dem seien die Spaghetti-Western-Sampler von DRG angeraten. Das US-Label hat sich ausgiebig in den riesigen Archiven von GDM bedient und insgesamt vier Volumes herausgebracht. Bei Vol. 1, 2 & 4 handelt es sich um gut gefüllte Doppel-CDs, Vol. 3 ist eine einzelne Scheibe.

Insgesamt handelt es sich also um 7 CDs: gut acht Stunden Italo-Western-Klänge aus den 60er und 70er Jahren, stolze 204 Tracks aus nahezu 100 Filmen. Natürlich finden sich auch hier Morricone-Titel, und die anderen namhaften Vielschreiber von Bacalov und Piccioni über de Masi und Savina bis hin zu Nicolai, Rustichelli und Ortolani sind ausgiebig vertreten. Es finden sich aber ebenso etliche Musiken weniger bekannter Komponisten wie Manuel de Sica, Claudio Tallino, Carlo Pes und Enrico Simonetti sowie Raritäten aus den Niederungen des C-Westerns.

Vol. 1 bietet zunächst reichlich Mittelmaß. Der Schwerpunkt liegt auf der zweiten Hälfte der Italo-Western-Phase, also auf den späten 60er und den 70er Jahren; es dominieren Standard-Ware und Morricone-Plagiate, richtig Gutes ist hier die Ausnahme. Nett ist allerdings Gianni Ferrios Amico stammi lontano almeno un palmo • Ben und Charlie (1973) mit Streicherteppichen und poppigen Elementen; schwungvoll ist Augusto Martellis Ancora Dollari per i MacGregor (1970); und Carlo Rustichelli bindet in Quattro dell’Ave Maria • Vier für ein Ave Maria (1968) dem Titel entsprechend pseudosakralen Gesang ein. Hübsch anzuhören ist auch noch ein rhyhtmisch akzentuierter Track aus I quattro dell’apocalisse • Verdammt zu leben, verdammt zu sterben (1975) vom Komponisten-Gespann Bixio/Frizzi/Tempera. Das Programm endet mit Morricones Occhio alla penna • Eine Faust geht nach Westen, einem Genre-Nachzügler von 1981 und müdem Aklatsch früherer Großtaten.

Wesentlich mehr Höhepunkte und Gutklassiges hat Vol. 2 zu bieten – das ist der beste der vier DRG-Sampler. Auffällig ist, dass Luis Enríquez Bacalov mit Auszügen aus gleich 13 Filmen vertreten ist, wobei dieses quantitative Übergewicht nicht unbedingt im Qualitativen seine Entsprechung findet; hübsch ist allerdings eine 5-Minuten-Suite aus Bacalovs Lo chiamavano king (1971). Zu den unterhaltsamsten Beiträgen auf Vol. 2 gehören das elegische Hauptthema aus L’ultimo killer • Rocco – Ich leg‘ dich um (1967) von Roberto Pregadio und Walter Rizzati, die Titelmusik aus I lunghi giorni della vendetta • Der lange Tag der Rache (1966) – eine Deguello-Variation von Armando Trovaioli, Morricone lakonisches Thema aus I crudeli • Die Grausamen (1966), Francesco de Masis zupackendes Sette Winchester per un massacro • Seine Winchester pfeift das Lied vom Tod (1967) und der Main Title aus Piero Piccionis Io non perdono … uccido (1968) – einer Streichermelodie über bewegten Gitarren und Marimbas. Edda dell’Orso darf sich, wie nicht zu überhören ist, nicht nur bei Ennio Morricone aussingen, Luis Bacalov setzt sie etwa in Il grande duello • Drei Vaterunser für vier Halunken (1969) ein. Dass auch 60s- und 70s-typische Pop-Grooves und Beats im Italo-Western-Scoring eine Rolle spielten, zeigt Piero Piccioni auf unterhaltsame Weise mit Bass und E-Orgel in … Se incontri Sartana prega per la tua morte • Sartana – Bete um deinen Tod (1968), aber auch in Una colt in mano al diavolo (1972) und Nel nome del padre, del figlio e della colt (1973). Ein wirklich abwechslungreicher und amüsanter Sampler; wer sich nur eine der vier DRG-Produktionen zulegen will, sollte hier zugreifen.

Der dritte Kompilation fällt etwas aus dem Rahmen: zum einen, weil es nur eine einzelne CD ist, zum anderen, weil 12 von 20 Tracks aus der Feder Morricones stammen – vom frühen Duello nel Texas (1963) über die Ringo-Scores bis hin zu zwei „alternate tracks“ aus Tepepa (1968) und dem schrägen Vamos a matar compañeros • Lasst uns töten, Compañeros (1970). Reizvoll auf der Zusammenstellung sind ein weiterer gut arrangierter Track aus Piero Piccionis Io non perdono … uccido (1968), vier schöne Minuten aus Bacalovs L’oro dei Bravados (1969) samt effektvollem Trompetensolo und Bruno Nicolais orgelhaltige Musik zu Il mio nome e Shanghai Joe • Der Mann mit der Kugelpeitsche (1973).

Auf dem vierten und abschließenden Volume ist Franceso de Masi mit Auszügen aus 11 Score am stärksten vertreten. Das meiste davon ist mehr oder minder ansprechende Routine mit gelegentlichen Ausreißern nach oben, wie etwa dem prägnanten Lo chiamavano tresette … giocava sempre col morto • Kennst du das Land, wo blaue Bohnen blüh’n? (1973). Ansonsten bietet die Zusammenstellung etliche Morricone-Kopien aus dem doch recht zuverlässigen Hause Bruno Nicolai; richtig gut sind dabei Un uomo chiamato Apocalisse Joe • Spiel dein Spiel und töte, Joe (1970) und Gli fumavano le colt … lo chiamavano Camposanto • Ein Halleluja für Camposanto (1971), in dem Nicolai mit Chor, Pfeifeinlagen, Klaviereinwürfen, E-Gitarre, Schlagzeug und Glocken nahezu alle Italo-Western-Register zieht. Und bei Piero Piccionis Attento gringo … è tornato Sabata (1972) sind sogar Big-Band-Einflüsse herauszuhören. Unterm Strich handelt es sich bei der DRG-Edition also um qualitativ gewiss unausgewogene Sampler, die aber dafür die gesamte stilistische Bandbreite des Spaghetti-Scorings aufzeigen.

Italo-Western-Special 3: Sergio Sollima Italo-Western Box

Komponist:
Diverse

Erschienen:
1995
Gesamtspielzeit:
CD 1 75:40 Min., CD 2 76:26 Minuten
Sampler:
DRG
Kennung:
32905 [2 CDs]

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