Ein Boxer-Movie einmal etwas anders
In naher Zukunft steigen keine Menschen mehr in den Ring, sondern Roboter, die sich als Kampfmaschinen in Transformers-Manier regelrechte Prügelschlachten liefern. Richard Mathesons 1956er Kurzgeschichte „Steel“ wurde bereits im Jahr 1963 zu einer Episode in Rod Serlings berühmter Mystery-Science-Fiction-TV-Serie Twilight Zone. Lee Marvin verkörperte den Ex-Boxer „Steel Kelly“ im eher nüchternen, düsteren Original, dessen Handlung interessanterweise ins Jahr 1974 verlegt ist. Regisseur Shawn Levy hat aus der Vorlage primär die Grundidee entlehnt: Im Ring stehen sich keine Menschen mehr gegenüber. Daraus hat er eine mit Hightech und weiteren zeitgemäßen Zutaten wohlkalkuliert angereicherte Familienunterhaltung gemacht. Hollywoodstar und Frauenschwarm Hugh Jackman verkörpert in dem im Jahr 2020 angesiedelten Plot den abgehalfterten Ex-Boxer Charlie Kenton, der bei privat organisierten Boxkämpfen mit alten Robotern auftritt und sich damit eher schlecht als recht über Wasser hält. Vom Familiengericht erhält er eine Ladung: Eine Ex-Freundin ist gestorben und hinterlässt den 11-jährigen Max (Dakota Goyo). Es geht um das Sorgerecht. Der immer klamme Charlie hat an dem Jungen kein Interesse. Dafür schlägt er aus der Sache Kapital, indem er sich den Verzicht auf das Sorgerecht mit 100.000 $ bezahlen lässt, wobei Max allerdings den Sommer mit ihm verbringen soll. Und Max, das Computer-Kid, ein Spezialist für Video-Spiele, beginnt sich schnell für die Kampfroboter und die mit diesen ausgetragenen Boxkämpfen zu begeistern. Er rettet von einem Schrottplatz einen eher vorsintflutlichen Sparringsroboter, den er auf „Atom“ tauft und zusammen mit Daddy wieder funktionstüchtig macht. Na, und dabei kommt dann das, was wohl kommen muss: Vater und Sohn gehen aufeinander zu, und der anfängliche Rabenvater wandelt sich zunehmend. Max trägt nach und nach immer mehr zu den anstehenden Roboterkämpfen bei, was wiederum Charlie beeindruckt.
An dieser Stelle kommt eine besonders nette Idee des Drehbuchs ins Spiel: Atom arbeitet nämlich im sogenannten Mirror-Mode, d. h. er ahmt die ihm vorgemachten Bewegungen und Aktionen exakt nach und lernt so vom menschlichen Trainer. Und damit erhält auch Charlie im finalen Superduell zwischen Atom und dem furchterregenden Giganten Zeus die Chance auf ein glanzvolles Comeback.
Regisseur Shawn Levy hat ja bereits mit den beiden Nachts-im-Museum-Filmen recht ansprechende Familienunterhaltung abgeliefert. Und das mag man Real Steel schon auch attestieren. Aber den so typischen Disney-Charme und auch das mitunter echt Berührende der gelungenen Disney-Familienunterhaltungen vermochte ich dabei denn doch nicht so recht zu empfinden. Dafür wirkt zu vieles allzu routiniert inszeniert oder, beispielsweise im anvisierten Vater-Sohn-Konflikt, doch etwas sehr überkonstruiert. So ist Max zwar keineswegs unsympathisch, aber für seine gerade mal erst 11 Lenze erscheint er denn doch etwas allzu clever und altklug. Das vermögen auch einige gute Ansätze nur teilweise wieder auszugleichen, wie die in Teilen der Bilder gut integrierte Videospielästhetik oder der punktuell spürbare, hier freilich nur sehr dezent angedeutete, Unterton gegenüber den menschliche Empfindungen spiegelnden Roboterindividuen wie in Nummer 5 lebt oder auch à la Spielbergs Artificial Intelligence.
Real Steel auf Blu-ray
Von der Silberscheibe im HD-Format hinterlässt der Film optisch wie akustisch einen erstklassigen Eindruck. Das Bild ist praktisch durchgehend von brillanter Schärfe und bietet neben Details in Fülle auch sehr gut abgestimmte, oftmals satte Farben. Den hervorragenden Eindruck unterstützen der exzellente Kontrast und ein meist satter Schwarzwert. Der Ton dazu, für die Hightech-Fans in Deutsch und Englisch sogar als DTS-HD Master Audio 7.1 vorhanden, schneidet vergleichbar exzellent ab. Sehr fein detailliert in den ruhigen Teilen und in den Actionmomenten druckvoll das Brachiale der Bilder perfekt unterstützend — ohne zu übertreiben — geht es hier zu. Bei Bild und Ton gibt es nichts Entscheidendes zu bemängeln. Das sich einstellende HD-Feeling bereitet viel Spaß und dürfte so manchen Käufer begeistern.
Das erfreulicherweise komplett in HD vorliegende Bonusmaterial vermag zwar nicht derart zu beeindrucken, es liefert aber in jedem Fall solide produzierte Beigaben zum Film. In der rund einstündigen Kollektion sticht insbesondere das Segment „Hinter den Kulissen von Metal Valley“ hervor, das gute Einblicke in den Entstehungsprozess bietet. Erwähnenswert ist außerdem noch der zum Film wählbare, in Teilen zwar etwas schwärmerisch-trommelnde, aber zugleich auch informative Audio-Kommentar des Regisseurs.
Die Filmmusik von Danny Elfman
Komponist Danny Elfman, der lange Zeit die fantastischen Sujets von Regisseur Tim Burton betreute, wie Edward Scissorhands, Beetlejuice, Batman, Sleepy Hollow und Big Fish, hat scheinbar die Seiten gewechselt. In der Komposition zu Shawn Levys Real Steel ist nämlich vom so typischen eigenwillig-skurrilen Burton-Elfman-Sound praktisch nichts zu spüren. Die Musik ist zwar ein wenig von folkigen Americana inspiriert, aber unter massivem Einsatz akustischer und der E-Gitarren in Kombination mit entsprechenden Band-Percussions geht es hier betont rockig zur Sache. Zum Film mit seinen Robot-Fights funktioniert das recht gut. In den ruhigeren, emotionaleren Momenten gewinnen auch mal die rein orchestralen Teile die Oberhand und gelegentlich treten noch ein Chor oder die Sängerin Poe hinzu. Alles in allem ist es ein ganz netter, aber recht unspektakulärer Elfman. Somit handelt es sich kaum um eine Filmmusik der Kategorie „must have“, aber doch um ein recht kurzweiliges, angenehmes Souvenir zum Film.
Fazit: Das dezent futuristisch angehauchte High-Tech-Boxringabenteuer Real Steel kommt ganz besonders von Blu-ray im Hochglanz-Look und geradezu referenzverdächtig daher. Das Gezeigte ist dabei zweifellos auch recht unterhaltsam. Es bleibt allerdings bei aller optischen Brillanz und seiner gerade im Finale grandiosen Actionszenen trotzdem etwas blass, lässt doch etwas die Disney-typische Seele vermissen.
Zur Erläuterung der Wertungen lesen Sie bitte unseren Hinweis zum Thema„Blu-ray-Disc versus DVD“.
Dieser Artikel ist Teil unseres Spezialprogramms zu Pfingsten 2012.
© Dreamworks II Distribution Co., LLC. All Rights Reserved.
Mehrteilige Rezension:
Folgende Beiträge gehören ebenfalls dazu: