Nino Rota (1911-1979) war zeitweilig nicht unumstritten. Es schrieb unabhängig von avantgardistischen Zeitströmungen eher melodische und die große Tradition bewahrende Musik. Die Kritiker empfanden deshalb seine Werke als unzeitgemäß und stempelten ihren Schöpfer als Eklektiker ab. Heutzutage sind die Dogmatismen der „Neuen Musik” verblasst und auch der Begriff „Eklektiker” ist nicht mehr derart negativ besetzt. Nino Rota darf nicht nur als der „Vater der italienischen Tonfilmmusik”, sondern überhaupt als bedeutender Komponist angesehen werden.
Wer nach dem Hinweis auf Nino Rota in der Rezension zu Malèna neugierig auf Musik dieses großen italienischen Komponisten geworden ist, der sollte sich die folgenden beiden Sony-CDs zu Gehör zu bringen: „Nino Rota: Music for Film” beginnt mit populärer Musik aus Der Pate und Der Pate II. Die Zusammenarbeit zwischen Nino Rota und Federico Fellini markiert ein besonders innovatives Kapitel der italienischen Filmmusik. Geboten werden Auszüge aus den Kompositionen zu 8 ½, La Dolce Vita und Die Orchesterprobe. Daneben gibt es Material aus Luchino Viscontis Rocco und seine Brüder sowie Il Gattopardo · Der Leopard. Der zweite Sampler bietet neben einer Ballet-Suite nach der Film-Musik zu La Strada, das „Konzert für Streicher” und Tänze aus Der Leopard. (Beide Titel werden zurzeit sehr günstig – für ca. 20 DM – angeboten.)
Wer sicher gehen will, greife zuerst zu „Music for Film”. Hier bekommt man ein hervorragend interpretiertes filmmusikalisches Rota-Konzert-Szenario geboten: herrlich melodisch und auch witzig in Fellinis Orchesterprobe; manchmal etwas skurril, zirkushaft und dazu von Jazz-Einflüssen geprägt. Das Gebotene ist insgesamt „erste Sahne”: klein im Preis, aber dennoch wahrhaft große (Film-)Musik! Als Krönung gibt es eine Suite aus Der Leopard einem Film des Regisseurs Luchino Visconti aus dem Jahr 1961. Hier präsentiert sich eine üppig, klang-schwelgerisch und breit angelegte und traumhaft schöne Filmmusik in Form einer romantisch-nostalgischenen Sinfonie zu einem verschwenderisch inszenierten Kostüm-Film-Stoff. Der Film spielt auf Sizilien im Jahr 1860, als Italien durch Garibaldi im Zeichen der nationalen Einigung – des „Risorgimento” – stand.
Die zweite CD bietet kaum Schlechteres. Allerdings muss man das anfänglich etwas spröde wirkende „Konzert für Streicher” mehrmalig hören. Die Ballett-Suite „La Strada” entstand 1966 als Auftragskomposition der Mailänder Scala. Nino Rota verwendet hier nicht nur Themen der gleichnamigen Filmmusik, sondern auch Material aus seinen Arbeiten für Fellini bis 1965.
Viscontis Film Der Leopard kulminiert im Finale in einer ungewöhnlich ausladenden und auch visuell üppig gestalteten Ballszene von mehr als 45 Minuten Länge. Hierfür wurde Inzidenz-Musik im Stil der Zeit benötigt. Nino Rota instrumentierte hierzu einen unveröffentlichten Walzer des großen italienischen Opernkomponisten Giuseppe Verdi und komponierte – daran stilistisch orientiert – sechs weitere Tänze hinzu. Entworfen für ein kleineres „Salon-Ensemble” – typisch für die Ära der Filmhandlung -, bietet diese Tanz-Suite einen originellen und zugleich charmanten Abschluss der CD.
Die Filarmonica della Scala unter dem renommierten Dirigenten Riccardo Muti bietet vorzügliche, stimmungsvolle Interpretationen der zum Teil glutvollen Musik. Die Booklets enthalten wertvolle Hintergrund-Informationen – erfreulicherweise auch in deutscher Sprache.
Mehrteilige Rezension:
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