Lady in the Water
Regisseur M. Night Shyamalan gelang vor rund sieben Jahren mit The Sixth Sense ein Überraschungs-Coup. Doch nicht nur das, der indischstämmige Amerikaner riskierte es, aus dem Handlungsschema ein Serienkonzept zu machen. Allerdings, die im Erstling so erfolgreich vorexerzierte Masche, eine Mystery-Filmhandlung mit einem völlig überraschenden Ende zu präsentieren, ist etwas, das in der Regel nur ein einziges Mal überhaupt funktioniert. Und so zeigten sich in Folge prompt Mängel an Inspiration und diverse Abnutzungserscheinungen. Bereits das zweite Produkt aus der Shyamalan-Werkstatt, Unbreakable, liefert am Ende eines nicht uninteressanten, stimmungsvollen Films eine wenig überzeugende, enttäuschende Auflösung. Nach dem völlig kruden Signs ließ der atmosphärisch wiederum gelungene, jedoch frühzeitig durchsichtige The Village denn auch große Teile der eingeschworenen Fan-Klientel eindeutig murren.
Der offenbar etwas selbstherrliche Mythenonkel, der sich von seinen Fans anscheinend gern als „Night“ titulieren lässt, hat jetzt mit seinem neuesten Streich, Lady in the Water • Das Mädchen im Wasser, etwas ins Rollen gebracht, das Konsequenzen für seine weitere Karriere haben dürfte. Nicht nur, dass der ehedem von Disney (Buena Vista) Hofierte nach vorsichtiger Kritik am Drehbuch prompt seine kreative Vision gefährdet sah und flugs zu Warner wechselte; er hat obendrauf gezielt den Eklat, in Form eines im Juni erschienen Buches, in großem Stil in die Öffentlichkeit transportiert. Gebracht hat das offenbar wenig: Fast durchweg maue Kritiken und wohl ebenfalls eine wenig begeisterte Mundpropaganda bescherten Shyamalans Warner-Debüt an der Kinokasse einen veritablen Flop, machten die filmisch aufbereitete Version einer „Gute-Nacht-Geschichte“ für die eigene Tochter zur Wasserleiche par excellence.
Mit Komponist James Newton Howard hat Shyamalan bei Lady in the Water nun das fünfte Mal zusammengearbeitet. Und auch diese Musik für ein wenn auch recht verkorkstes Fantasieprodukt enttäuscht nicht. Groß besetztes Orchester mit Klavier, Chor und dezenter Klangsynthetik sind auch dieses Mal die Ingredienzien, mit denen James Newton Howard die Fantasywelten eines Night M. Shyamalan Klang werden lässt. Im sehr vertraut anmutenden klanglichen Idiom lässt unter anderem auch die maritime Welt Alan Silvestris von Abyss grüßen. Ähnlich wie in The Village wird auch in Lady in the Water das Romantische besonders betont.
Mit dem lyrischen Charme der träumerisch-schwebenden Klänge zu The Village kann die Musik für das Märchen um eine Narf — eine Art Nixe —, die in ihre mythische Parallelwelt zurückkehren möchte, aber denn doch nicht ganz konkurrieren. Dafür wirken die auf Signs verweisenden Minimalismen durch ihre Häufung auf Dauer sehr ermüdend. Im Zentrum der Komposition steht das lyrische Hauptthema, das die „Blaue Welt“ der Narfen charakterisiert. Dieser besonders charmante und zugleich Howard-typische musikalische Gedanke wird erst am Schluss voll entwickelt ausgespielt, ist zuvor allein in Form größerer Bruchstücke zu hören. Im Vergleich mit dem ähnlich angelegten Score zu Unbreakable kann jedoch — zumindest beim vorliegenden Albumschnitt — nicht in vergleichbarem Umfang von thematischer Entwicklung gesprochen werden.
Alles in allem ist Lady in the Water eine angenehme neue, aber sicherlich nicht neuartige Howard-Filmmusik für die heimische Kollektion. Eine, welche die Reihe mit Fantasy-Scores und ebenso die Shyamalan-Howard-Kollektion gut ergänzt. Ein Score, der mit einer Reihe klanglich besonders einfallsreich gestalteter, lyrisch-warmer Passagen und in „The Great Eatlon“ mit einem solide integrierten und gut gebauten Spannungs- und Actionstück aufwartet, das für einige dezente Durchhänger beim Rest entschädigt. Die im Film sicher sehr funktionalen Minimalismen dürften für viele Hörer abseits des Kinoerlebnisses sparsamerer Dosierung bedürfen. Anachronistisch wirken die als eine Art Anhang zum rund 42-minütigen Scoreanteil beigegebenen vier Bob-Dylan-Songs. Dabei werden die so entscheidenden „End Titles“ mit dem grandios ausgespielten Hauptthema (s.o.) geradezu gnadenlos abwürgt (!) und gehen in den ersten Song, „The Times They Are A-Changin“, über. Auch wenn dies dem Filmabspann entsprechend ist, von CD ist das nicht einfach nur unglücklich, sondern darf, ja muss als ärgerlich bezeichnet werden.
Drei oder noch dreieinhalb Sterne? Der infolge Kastration so elend verstümmelte und damit schlichtweg verpatzte Schluss setzte an dieser Stelle das entscheidende Signal.