Kleine Klassikwanderung 51
Dmitri Schostakowitsch: Das Neue Babylon
An Einspielungen der Stummfilmmusik Das Neue Babylon (1929) besteht an sich kein Mangel. Neben der von Gennadi Roschdeswenski eingerichteten (rund 41-minütigen) Konzert-Suite unter Valeri Polyanski und den beiden Langversionen unter James Judd bzw. Frank Strobel ist die aktuelle Einspielung der Basel Sinfonietta unter Mark Fitzgerald bereits die vierte Produktion dieser Schostakowitsch-Filmmusik, die auf Cinemusic.de vorgestellt wird. Hier war ich denn anfänglich auch etwas skeptisch, ob eine weitere Einspielung wirklich noch entscheidende neue Erkenntnisse bringen würde. Ich habe mich geirrt. Das Hervorstechende an dieser Neueinspielung ist nämlich, dass diese in der Instrumentierung erstmalig der erstaunlich schlanken Besetzung des Premierenabends entspricht. Das Moskauer Premierenkino war sehr klein und bot Platz für ein Ensemble von nur 18 Spielern – die übrigen o.g. drei Aufnahmen sind demgegenüber deutlich voller, im Sinne eines Orchesters mittlerer Größe besetzt.
Die kammermusikalische, äußerst luftig klingende Neueinspielung, wirkt auch dank des superben virtuosen Vortrags der Basel Sinfonietta sehr lebendig. Sie behält trotz des gegenüber den früheren Aufnahmen unüberhörbar schlankeren Klangkörpers ihren Biss. Zusammen mit der das Orchesterspiel brillant abbildenden Aufnahmetechnik resultiert schon dadurch eine reizvolle Bereicherung und Alternative zu den übrigen verfügbaren Einspielungen. Hinzu kommen noch die jetzt erstmals zu hörenden rund vier Minuten Musik für das einen deutlich pessimistischeren Akzent setzende ursprüngliche Film-Finale.
So wertvoll diese Neueinspielung damit insgesamt ist, so fragwürdig und auch verwirrend erscheint allerdings das Attribut, es handele sich um die welterste Kompletteinspielung dieser Filmmusik. Immerhin komponierte Schostakowitsch für die vor den Eingriffen der Filmzensur ca. 25 bis 30 Minuten längere Urfassung. Regisseur Leonid Trauberg hat in den 1970er Jahren als einzige Version für öffentliche Vorführungen jedoch die gekürzte (!) Uraufführungsfassung (vom 18.03.1929) autorisiert. Und auf exakt deren Länge ist – abgesehen vom erweiterten, rund vierminütigen Finale – auch die aktuelle Einspielung der Basel Sinfonietta eingerichtet. Auch diese wurde nämlich, wie die in der Spieldauer ansonsten nahezu identische Frank-Strobel-Version (s.o.), live zum Film aufgeführt.
Weiterführende Links:
(Siehe auch die beiden früheren Schostakowitsch-Filmmusikalben Mark Fitz-Geralds zu Odna und Freundinnen)
Interview mit Mark Fitz-Gerald: „The Sound of Silents – MarkFitz-Gerald talks to Jeremy Siepmann“
Albert Roussel: Sämtliche Sinfonien auf Naxos
Albert Roussel (1869 – 1937) zählt, wie auch sein Lehrer Vincent d’Indy – siehe Klassikwanderung 50, 1. Teil –, zu den hierzulande kaum bekannten französischen Tonsetzern. Stilistisch begann er dem Impressionismus und Debussy nahe stehend. Späterhin zeigt seine Tonsprache Einflüsse des Neoklassizismus und der gemäßigten Moderne, wobei insbesondere die Werke der letzten Schaffensperiode ausgeprägt treibende Rhythmik zeigen. Die stilistische Bandbreite zeigt sich eindrucksvoll an den Sinfonien Nr. 1 und Nr. 4, zwischen denen rund 30 Jahre liegen.
In der Sinfonie Nr. 1 „Poème de la forêt“ (Waldgedicht) sind verschiedene Tondichtungen (Poèmes) zusammengefasst, die in den Jahren 1904 bis 1906 entstanden. Die in prächtigen Orchesterfarben schillernde, ausdrucksstarke Komposition speist sich aus der Spätromantik und dem Impressionismus. Ihre delikaten warmen Klangfarben verleihen den unterschiedlichen Stimmungen der einzelnen Stücke stimmungsvollen Ausdruck. Die Sinfonie Nr. 4 entstand 1934. Sie erscheint gegenüber dem Erstling deutlich formstrenger. Aus versiert gehandhabter Kontrapunktik im Verbund mit einfallsreich gehandhabter Rhythmik speist sich ein von Klarheit und Lebendigkeit im Ausdruck getragenes, mitreißendes Werk. Die Sinfonie Nr. 2 entstand nach dem ersten Weltkrieg, in den Jahren 1919–1920. Dieses unmittelbar etwas schwieriger zugängliche Werk steht im Zeichen eines stilistischen Umbruchs. Es erhielt von seinem Schöpfer sogar ein Programm mit auf den Weg, was dem Geist der Komposition allerdings, wie übrigens Roussel selbst anmerkte, völlig widerspricht. Die sich dank aparter Orchestrierung entfaltende Vielfalt der Orchesterfarben vermag den etwas geduldigen Hörer letztlich sicher auch so zu überzeugen. Das gilt praktisch unmittelbar auch für die noch am häufigsten gespielte Sinfonie Nr. 3, deren vier Sätze durch eine fünfnötige motivische Keimzelle miteinander verbunden sind. Im sehr kraftvoll bewegten, verschiedentlich von massiven Klangausbrüchen begleiteten Geschehen sticht im Schlussteil des Adagios eine breit ausmusizierte lyrische Kantilene der Violine geradezu betörend hervor. Diese Sinfonie entstand als Auftragsarbeit zur Feier des 50. Geburtstages des Bostoner Symphonieorchesters. Nach der französischen Erstaufführung im Jahr 1931 reagierte Edvard Fendler, ein Schüler des berühmten Dirigenten Carl Schuricht, total begeistert: „Ich kenne nichts dergleichen seit Beethoven.“
Roussels Musik ist handwerklich stets exquisit, oftmals spielerisch und insbesondere im reifen Spätwerk getrieben von rhythmischer Energie. Nie erscheint sie langweilig. Zwar ist sie nicht immer direkt eingängig, aber immer abwechslungsreich, farbig und in ihrer luftig-leichten Frische stets elegant instrumentiert. Teilweise stehen Roussels Tonschöpfungen denen Vincent d’Indys (s. u.) nahe.
Der französische Dirigent Stéphane Denève stammt übrigens wie der Komponist Roussel aus Tourcoing im französischen Flandern. Denève hat mit dem renommierten Royal Scottish National Orchestra für Naxos die vier Sinfonien auf insgesamt vier, nun zum besonders preiswerten Box-Set vereinten Alben zusammen mit einigen interessanten Füllern eingespielt: etwa die Suite Nr. 2 aus dem Ballett „Bacchus et Ariane“, die Sinfonietta oder auch das allererste Orchesterwerk Roussels, die sehr atmosphärische Tondichtung „Auferstehung“ nach Tolstoi, die auf Volksmelodien basierende „Rapsodie Flamande“ (Flämische Rhapsodie) oder auch die besonders charmante Suite „Le marchand de sable qui passe“ (Der Sandmann). Dazu liefern Stücke wie die betont durchsichtig gehaltene „Suite in F“ weitere Kontraste. Die Interpretationen zeichnen sich durch hohe Spielkultur, präzises wie flüssiges Orchesterspiel und agil zupackende rhythmische Gestaltung aus. Die Tontechniker in der Henry Wood Hall in Glasgow haben ebenfalls Bestnoten verdient.
Anton Bruckner: Sinfonien 0 & 00
Der Dirigent Marcus Bosch hat mit dem hörbar gut disponierten Sinfonieorchester Aachen seinen im Jahr 2003 begonnenen Bruckner-Sinfonien-Zyklus nun mit einer Einspielung zweier, vom Komponisten verworfener Sinfonien abgeschlossen: der „Studiensinfonie” in f-Moll und der so genannten „Nullte(n)” in d-Moll.
Bosch versucht klugerweise nicht, die von ihrem Schöpfer als „reine Schularbeit“ gesehene und seinen späteren Sinfonien-Stil noch kaum erkennbar werden lassende Studiensinfonie zu einem möglichst echten Bruckner zu machen. Er belässt diese vielmehr in den klanglichen Welten ihrer spürbar dominierenden Vorbilder: Schumann und Mendelssohn. Entsprechend zupackend nimmt er auch den mit der für eine Bruckner-Sinfonie ungewöhnlichen Tempo-Bezeichnung „Allegro molto vivace“ versehenen Kopfsatz. Insgesamt handelt es sich zweifellos um ein für Entdeckungsfreudige sehr reizvolles Werk mit einigem Charme.
Deutlich anders liegen die Verhältnisse bei der landläufig als „Nullte“ bezeichneten Sinfonie in d-Moll. Die Bezeichnung ist allerdings irreführend, legt sie doch eine falsche Chronologie nahe. Die Null steht vielmehr für „ungültig“ und nicht für „vor Sinfonie Nr. 1 komponiert“. Entsprechend ist bei diesem ursprünglich auch als „2. Sinfonie“ bezeichneten Werk das für die Bruckner-Sinfonien so Typische schon erheblich klarer spürbar. Auch das gelegentliche Auftürmen gewaltiger, feierlich-sakraler Einsätze des schweren Blechs ist bereits vorhanden. Es bleibt allerdings in einem eher unpathetisch anmutenden Rahmen. Diesen Eindruck unterstützt die entschlackte, von unnötigem Weihrauch befreite Sichtweise des Dirigenten auf die Sinfonik des Komponisten. Der in der Kirche St. Michael entstandene Live-Mitschnitt klingt ausgewogen, klar und transparent und kann auch im SACD-Surroundsound wiedergegeben werden.
Alles in allem ist dies eine besonders reizvolle Veröffentlichung für alle Bruckner-Interessierten, welche bislang nur die „offiziellen“ neun Sinfonien besitzen.
Nachgelegt von Chandos: Gustav Holst, Vol. 3 & Vincent d’Indy, Vol. 5
Das britische Label Chandos hat seine beiden verdienstvollen Reihen – vorgestellt in Klassikwanderung 50, 1. Teil – zwischenzeitlich um jeweils ein wiederum beeindruckendes Album erweitert.
Holst, Vol. 3 vereint zwei Vokalkompositionen: Das zu Lebzeiten des britischen Komponisten Gustav Holst (1874 – 1934) nur zweimal aufgeführte und bis Anfang der 1980er Jahre praktisch vergessene Frühwerk „The Mystic Trumpeter“ (1904, revidiert 1912) auf ein Gedicht von Walt Whitman sowie die 1923/24 entstandene „Erste Chorsinfonie“ – eine Zweite blieb Fragment. In der für Sopransolo und Orchester gesetzten Kantate vom mystischen Trompeter ist der Einfluss Richard Wagners kaum überhörbar. Am Ende überrascht der Komponist mit einem zum jubelnden Schluss des Gedichts „ …Joy! Joy! all over Joy!“ überraschend kühl und distanziert erscheinenden Finale. Die schwierig einzuordnende Chorsinfonie ist stilistisch zweifellos eigenständiger als das Frühwerk. Es handelt sich um ein stimmungsmäßig sehr abwechslungsreiches Werk, das hier besonders mitreißend interpretiert wird.
In beiden hierzulande praktisch unbekannten Werke finden sich übrigens, wie im Holst’schen Œuvre häufiger, Echos bzw. Vorechos auf die alles andere überlagernden, berühmten „Planeten“ (1914).
Eine sehr gute Wahl ist die ihren Part sowohl leidenschaftlich wie auch in den besonders schwierigen Stimmlagen stets strahlend und sicher intonierende Sopranistin Susan Gritton. Der 1928 gegründete BBC Symphony Chorus steht da nicht nach, ist ebenso vorzüglich bei der Sache. Da auch die Balance zwischen Singstimmen und Orchester sehr ausgewogen ist, wird das prächtig klingende, mit großem Dynamikumfang aufwartende, musikalisch außergewöhnliche Album zum besonders sinnlichen Erlebnis absolut rarer, wertvoller Holstiana.
d’Indy, Vol. 5 Im Zentrum der Numero fünf steht das wohl „bekannteste“ Werk des vernachlässigten französischen Tonschöpfers Vincent d’Indy (1851–1931), die „Symphonie sur un chant montagnard français“ Op. 25. Die mit schillernden Klangfarben aufwartende Komposition für Klavier und Orchester hat mit einer klassischen Sinfonie wenig gemeinsam und fügt sich ebenso wenig überzeugend in die geläufige Kategorie virtuoser Klavierkonzerte. Ähnlich wie im Klavierkonzert seines Lehrers César Franck fällt in d’Indys auch als „Symphonie Cévenole“ bezeichnetem Opus dem Klavier keine solistische Rolle zu. Es agiert vielmehr als die Palette des Orchesters bereichernder Teil. Das Werk erscheint insgesamt eher wie eine sinfonische Dichtung mit tonmalerischen Akzenten. In dieser sehr luftig anmutenden, fest in französischer Erde verwurzelten Musik spielt eine zuerst im Englischhorn auftauchende sinnliche Volksmelodie (aus den Cevennen) in kunstvoll ausgeführten Varianten die tragende Rolle.
Die rund 16-minütige Tondichtung „Saugefleurie“ Op. 21 und ebenso das Prelude zur Oper „Fervaal“ Op. 40 lassen, wenn auch eher dezent, den Einfluss Richard Wagners erkennen. Die abwechslungsreiche, mit elegant auskomponierten Stimmungen aufwartende Bühnenmusik „Médée“ Op. 47 wiederum reflektiert Einflüsse Wagners und César Francks.
John Adams auf Chandos
Nach Steve Reich hat Chandos, das Label der Entdeckungen, einem weiteren Vertreter der Minimal Music klingende Referenz erwiesen: John Adams (geb. 1947). Zum Einstieg für Skeptische besonders geeignet ist das temperamentvolle, vierminütige Bravourstück für großes Orchester „Short Ride in a Fast Machine“, welches bereits Ingo Metzmacher in seinen originellen Hamburger Silvesterkonzerten (1999 – 2004) eingesetzt hat. Diese Miniatur steht zwischen zwei größeren Werken: der rund 25 Minuten umfassenden, in Teilen explosiven „Doctor Atomic Symphony“, welche aus der für das Opernhaus San Francisco komponierten, 2005 uraufgeführten Oper über das Manhatten-Projekt, „Doctor Atomic“, zusammengestellt ist, sowie der rund 40-minütigen „Harmonielehre“. Bei diesem 1985 vom San Francisco Symphonie Orchestra uraufgeführten Werk handelt es sich ebenfalls um eine Art von Sinfonie. Der Titel soll ironisch auf das berühmte gleichnamige Lehrbuch von Arnold Schönberg verweisen. Dabei ist das in Teilen recht energiegeladene Stück keineswegs konsequent modernistisch sperrig, sondern gestattet sich durchaus wohlklingende, neoromantische Reflexe auf die Musik des ausgehenden 19. und frühen 20. Jahrhunderts: von Wagner und Puccini zum noch romantischen Schönberg, über den Impressionismus, bis zu den entschlackten, dabei mitunter skurril-aparten Klängen eines Erik Satie.
Das Royal Scottish National Orchestra unter Peter Oundjian geht beherzt zupackend an die Sache heran und präsentiert die zum Teil hypnotische, aber durchaus auch mal recht energiegeladene Musik in besonders üppigem Sound, dabei sowohl nuanciert als auch dynamisch mitreißend interpretiert. Ein Eindruck, der von der vorzüglichen Aufnahmetechnik nachhaltig unterstrichen wird. Der weitverbreiteten Meinung, Minimal Music werde zwangsläufig schnell langweilig, wird hier überzeugend widersprochen.
„Kino für die Ohren“ – Respighis Ballett: Belkis, Königin von Saba
Mit über 200 Musikern für das benötigte Orchester nebst Chor fordert der Klangmagier der berühmten Tondichtungen „Römische Brunnen“ & „Römische Pinien“, Ottorino Respighi (1879 – 1936), wahrlich gigantomanischen Aufwand für dieses monumentale wie exotische, abendfüllende Ballett. Zum großbesetzten Orchester inklusive Fernorchester, gemischtem Chor sowie Erzähler, gesellen sich nämlich auch noch die Tänzer in einer üppige Ausstattung fordernden Inszenierung hinzu. Mit insgesamt über 400 Mitwirkenden rückt dieses seit der 1932er Uraufführung praktisch vergessene Werk in die Nähe der Schönberg’schen Gurrelieder oder Mahlers achter Sinfonie.
Im Jahr 1985 hatten dazu die Mitglieder des Philharmonia Orchestra unter Geoffry Simon auf Chandos erste Pionierarbeit geleistet und die rund 22-minütige Orchestersuite aus diesem praktisch unbekannt gebliebenen Ballett auf Tonträger eingespielt.
Nunmehr, fast 30 Jahre später, haben Gabriel Feltz und die Stuttgarter Philharmoniker, zusammen mit Julia Jentsch als Erzählerin und dem Tschechischen Philharmonischen Chor Brünn Respighis opulente Ballettmusik in Form einer konzertanten Aufführung wiederbelebt. Freunde raffiniert ausgestalteter klanglicher Opulenz kommen voll auf ihre Kosten. Exotische Orchesterfarben und sowohl subtile wie auch kraftvolle Tonmalerei erzeugen geradezu ein an die Kostümfilmvertonungen Miklós Rózsas erinnerndes Feeling und damit den Eindruck von Filmmusik. Die Balletthandlung erinnert an die Geschichten aus 1001 Nacht, ist ein in blumiger Sprache vorgetragenes mythisches Märchen aus dem Morgenland.
Der Videomitschnitt im CS-Format (!) ist sehr professionell. Zum Einsatz kamen insgesamt neun Filmkameras, darunter computergesteuerte Kamera-Dollys sowie mehrere Kamerakräne. Insbesondere die BD wartet dazu mit einem sehr detailreichen, knackigen HD-Bild auf. Im Ergebnis gehen die dem Zuschauer so vermittelten Bildeindrücke deutlich über das hinaus, was man im Rahmen eines normalen Konzertbesuchs in der Regel beobachten kann. Entsprechend kann man die Mitglieder des großbesetzten Ensembles bei ihren Einsätzen besonders eingehend studieren. Der üppige und satt eingefangene Klang ist dabei behilflich, überzeugende Theateratmosphäre zu schaffen. Wer möchte, kann auf Wunsch die ganze Klangpracht auch in 5.1 erleben und vermag (spätestens dann) im üppigen Wohlklang geradezu ein wohltuendes Bad zu nehmen: ein Eye- and Earcatcher par excellence!
Joy to the World – An American Christmas
Der renommierte Chor der Handel and Haydn Society unter ihrem Leiter Harry Christophers beschließt den Reigen vorgestellter CD-Alben passend zur schönsten Jahreszeit mit einer Zusammenstellung größtenteils von den europäischen Einwanderern mitgebrachter und daher zwangsläufig lediglich „amerikanisierter“ Weihnachtslieder. Darunter finden sich aber auch echte Homemades, z.B. „A Christmas Carol“ von Charles Ives. Darüber hinaus sind auch britische Standards, etwa von John Rutter und Herbert Howells, aber auch seltener zu Hörendes vertreten, wie „In the bleak midwinter“ von Gustav Holst. Das geläufige „In dulci jubilo“ erhält sogar zweimal seinen Auftritt: Einmal in einem vertrauten Arrangement in Englisch sowie in Deutsch als besonders reizvoller, achtstimmig ausgeführter (frühbarocker) Chor-Satz von Hieronymus Praetorius.
Obwohl die gewohnte Orchesterbegleitung fehlt, läuft die gute Stunde des A-capella-Gesanges infolge des abwechslungsreichen Vortrages nicht Gefahr, monoton zu werden. Die im vergangenen Januar im Bostoner Aufnahmestudio des Radiosenders WGBH entstandenen Einspielungen klingen warm und natürlich und sind überaus transparent geraten. Die in Boston beheimatete Handel and Haydn Society blickt bereits auf eine lange Tradition zurück und feiert im Jahr 2015 ihr 200-jähriges Bestehen.
Wertvolle Infos zur Entwicklung der amerikanischen Weihnachtsbräuche, wie auch zur Geschichte sämtlicher vertretener Stücke finden sich im sorgfältig abgefassten Begleithefttext von Andrew Stewart. Im Anschluss finden sich außerdem sämtliche Liedtexte abgedruckt.
Mehrteilige Rezension:
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