Hier gibt’s edle British Light Music überraschenderweise sogar aus deutschen Landen, nämlich kompetent dargeboten vom in Baden-Württemberg beheimateten Südwestdeutschen Kammerorchester Pforzheim. Der Dirigent der vorliegenden Einspielungen, der waschechte Brite Douglas Bostock, ist seit der Konzertsaison 2019 auch zu dessen Chefdirigent avanciert.
Das vorliegende Album ist bereits die Numero 2 einer Reihe und vereint Kompositionen von Christopher Wilson (1874–1919) und Sir Granville Bantock (1868–1946). Davon ist Wilson der hierzulande wohl am wenigsten Geläufige. Er, der in seiner Heimat besonders durch seine Theatermusiken für Shakespeare-Inszenierungen bekannt war, ist hier durch die 1901 in Köln uraufgeführte Suite für Streichorchester vertreten. Das als Vorbild anzunehmende Modell der Bach’schen Orchestersuiten hat zu einem betont leichtfüßig und praktisch direkt gut ins Ohr gehenden, so lyrischen wie erfrischenden Stück Musik geführt, welches hier besonders anmutig vorgetragen wird.
Granville Bantock war nicht nur eine lokale Berühmtheit im Liverpooler Musikleben vor dem 1. Weltkrieg, wo er als Dirigent zum Wegbereiter zeitgenössischer Komponisten – nicht ausschließlich seiner Heimat – wurde. Jean Sibelius widmete ihm dafür als Dank seine 3. Sinfonie. Bantock wurde auch ein hochgeschätzter Lehrer, nachdem er im Jahr 1908 an der Universität von Birmingham als Musikprofessor die Nachfolge Edward Elgars antrat. Seine sich im Ausdruck gewichtiger als die zuvor erklungene Suite gebende Serenade „In the Far West“ ist das Produkt einer Reise in die USA. Im zweiten und vierten Satz wird der bekannte Stephen-Foster-Song „Swanee River“ zitiert, und im Finale der Yankee Doodle geschickt verarbeitet. Bantocks schottische Wurzeln kommen in der Suite für Streicher „Scenes from the Scottish Highlands“ – auch ohne Dudelsack – sehr stimmungsvoll und überzeugend zum Ausdruck. In jedem der insgesamt fünf Sätze wird eine von ihm als besonders typisch angesehene, original schottische Melodie elegant klangsinnlich verarbeitet. Das abschließende, besonders kraftvoll interpretierte Reel „Devil among the Tailors“ bringt sowohl die Suite wie auch das mit rund 77 Minuten sehr gut bestückte CD-Album zu einem besonders mitreißenden Abschluss, der zugleich große Lust auf mehr macht. So freut man sich schon jetzt auf die nächsten Entdeckungen selten zu hörender britischer Musik, die Douglas Bostock uns noch in Folge zu präsentieren gedenkt.
Bemerkenswerterweise erzeugt die aus nur 14 Instrumentalisten bestehende Basisbesetzung des Pforzheimer Ensembles durchgehend einen geradezu erstaunlich satten, voluminösen und warmen Klangeindruck. Daran haben aber neben den hochkarätigen Musikern und ihrem Dirigenten sowohl der Aufnahmeort, der große Saal des CCP (CongressCentrum Pforzheim), als auch die vorzügliche Tontechnik des SWR zweifellos einen mitentscheidenden Anteil.
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