Flyboys

Geschrieben von:
Michael Boldhaus
Veröffentlicht am:
23. Mai 2007
Abgelegt unter:
CD

Score

(3/6)

Im Gegensatz zum 2. Weltkrieg wird der 1. Weltkrieg im Kino- und Fernsehfilm eher vereinzelt gespiegelt, und wenn, dann geht es in erster Linie um die verheerenden Grabenkämpfe an der Westfront, wie in Jean-Pierre Jeunets Mathilde — Eine große Liebe (2004). Den Flug-Pionieren des 1. Weltkriegs ist hingegen in den vergangenen Jahrzehnten kein Filmopus mehr gewidmet worden — die letzten bemerkenswerten Kinoproduktionen in dieser Hinsicht waren besonders der groß angelegte The Blue Max (Musik: Jerry Goldsmith, 1965) und Roger Cormans Richthofen and Brown (Musik: Hugo Friedhofer, 1970).

In diese Lücke stößt Regisseur Toni Bill mit Flyboys • Helden der Lüfte, der seit dem 10. Mai 2007 in den bundesdeutschen Kinos gezeigt wird. Anknüpfend an Klassiker des Stumm- und frühen Tonfilms wie Wings (1929) und Hells Angels (1930) ist Flyboys letztlich ein Remake des hierzulande praktisch völlig unbekannten Lafayette Escadrille (1958) von Regisseur William A. Wellmann. Es geht um junge Amerikaner, die sich 1916, die USA waren noch nicht in den Krieg eingetreten, als Freiwillige zum Kampf gegen die Deutschen verpflichteten: Die „Lafayette Escadrille“ wurde so zum ersten amerikanischen Kampfgeschwader des 1. Weltkrieges. (Im Herbst 2007 wird zum Thema überdies noch eine federführend deutsche Produktion erwartet: Der Rote Baron.)

Leder, Holz, Drähte und Stoff! Das sind die Materialien aus denen die so romantisch wirkenden Doppeldecker gebaut waren. Ohne akzeptables Cockpit, geschweige denn irgendwelche Schutzverkleidungen, schwebten die Piloten quasi offen in den Wolken, mit allen Konsequenzen und obendrauf noch ohne Fallschirm — dafür ausgerüstet mit einer Schutzbrille mit Fensterglas (!) als Splitterschutz. Entsprechend war man nicht nur unmittelbar der Unbill der Atmosphäre ausgesetzt, man flog eine so leicht entflammbare wie zerbrechliche und — gegenüber den Flugmaschinen des 2. Weltkrieges — eine sich geradezu langsam bewegende Zielscheibe. Immerhin hatten damals die Kontrahenten noch die Gelegenheit einander in die Augen zu sehen. Der als Harry Osborn aus Spider-Man bekannte James Franco (Martin Henderson) und die hier ihr Kinodebüt ablegende Jennifer Decker (Lucienne) stehen an der Spitze einer ansprechenden, in erster Linie auf ein junges Publikum abzielenden Besetzung.

Flyboys behandelt sein Thema im Sinne eines solide gemachten Abenteuerfilms vor historischem Hintergrund und bietet dabei beachtliche Luftkampfaction, die zweifellos The Blue Max beschwört. Zwar verzichtet der Film nicht auf gewisse Klischees, die auch aus anderen Fliegerfilmen geläufig sind. Dabei wird der Krieg jedoch keineswegs zum Abenteuerspielplatz für Draufgänger simplifiziert und ebenso wenig werden die Kampfhandlungen — trotz einzelner Momente der Ritterlichkeit im Grauen — nicht überzogen romantisiert. Auch das Bild des deutschen Gegners ist nicht einfach nur stereotyp, sondern wird immerhin ansatzweise differenziert gezeigt.

Ironischerweise wird Flyboys, eine Electric Entertainment Production, wie seinerzeit The Blue Max über 20th Century Fox verliehen. Nun, Hoffnungen auf einen im musikalischen Sinne neuen „Blauen Max“ muss Trevor Rabin zwangsläufig enttäuschen. Rabin ist wohl im Progressive Rock beschlagen, sich mit High-Quality-Goldsmith-Sinfonik zu messen, wäre zuviel verlangt. Der aus Johannesburg stammende Gittarist, Songwriter und für ein gutes Jahrzehnt erfolgreiche Produzent der Rockgruppe YES widmet sich seit 1994 ausschließlich der Filmkomposition. Die bisherigen Resultate sind dabei in erster Linie betont rhythmische, dabei mitunter krawallig-poppige Exkurse, in denen neben E-Gitarren Synthesizerklänge dominieren. Dieses Mal wartet Rabin dafür mit einer angenehmen Überraschung auf. Er lässt Pop- /Rockstilismen sowie den Synthesizer außen vor, hat seine Musik für die Flyboys komplett für ein Sinfonieorchester komponiert. Ein durch die ursprünglich aus Irland stammende Pennywhistle stark keltisch geprägtes eingängiges Hauptthema bestimmt den Score, das auch in einfachen Varianten erscheint (z. B. in „Training Montage“).

Was es über die knapp 50 Albumminuten zu hören gibt, erinnert in der Machart besonders deutlich an frühere Abenteuer-Scores James Horners — wobei man sich aber erfreulicherweise nicht wie in Horners jüngeren Arbeiten permanent an Braveheart erinnert fühlt. Dabei ist neben einer Portion Americana-Feeling zwangsläufig auch eine Portion Heroen-Pathos dabei (chorale Unterstützung inklusive), allerdings auf erträglichem nicht triefigem Niveau, wie etwa in Brian Tylers Annapolis. Snare-Drums in Kombination mit Blockflöten und an Signale erinnernde Trompetensoli sorgen zudem für das erforderliche militärische Flair mit angelsächsischem Touch. Alles in allem ist das zwar nun gewiss nichts Großartiges, aber doch eine recht solide Filmmusik, die zudem ein über weite Strecken recht unterhaltsames und damit ansprechendes Höralbum abgibt. Das verdient, mit etwas Rückenwind, auch „noch“ eine kleine Empfehlung und damit drei Sterne.

Dieser Artikel ist Teil unseres Spezialprogramms zu Pfingsten 2007.

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Komponist:
Rabin, Trevor

Erschienen:
2007
Gesamtspielzeit:
48:21 Minuten
Sampler:
Varèse Sarabande
Kennung:
VSD-6763

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