Findet Nemo fortgesetzt: Findet Dorie
13 Jahre sind seit dem seinerzeit auch bei uns zum Quotenhit avancierten Vorläufer Findet Nemo vergangen. Und nun ist mit Findet Dorie auch die lange angekündigte Fortsetzung für zu Hause verfügbar. Da diese Disney-Fortsetzung bereits in den Kinos kräftig für klingelnde Kassen gesorgt, allein in den USA mehr als eine Milliarde $ eingespielt hat, ist sicher auf dem Heimkinomarkt auch noch einiges drin.
Das Sequel setzt ein Jahr nach den turbulenten Ereignissen um Clownfisch-Vater Marlin an, der bei der abenteuerlichen Suche nach seinem am heimischen Riff im wahrsten Wortsinn abgefischten Sohn Nemo tatkräftig von der vergesslichen Paletten-Doktorfisch-Dame Dorie unterstützt worden war. Eine an sich harmlose Beobachtung löst bei Dorie plötzlich bruchstückhafte Erinnerungen an ihre Eltern aus. Weitere Erinnerungsfetzen weisen darauf hin, dass sie ihre Kindheit beim kalifornischen Morro Bay verbrachte. Das lässt ihr keine Ruhe und so begibt sich Dorie zwecks Selbstfindung, zum Ausgleich dieses Mal unterstützt vom Clownfisch-Duo Marlin und Nemo, auf eine große Reise. Wie zu erwarten, gerät diese wieder zur vergleichbar abenteuerlichen Odyssee wie im reizenden Vorläuferfilm. Und wer dann auch noch mehr in puncto Botschaft erkennen möchte, der liegt mit einer Prise Inklusion gut im Rennen.
Sobald sich nach rund der ersten halben Stunde die anfänglich relativ ruhige Handlung aus dem großen Ozean ins „Meeresbiologische Institut“, auch bekannt als „Juwel von Morro Bay“, verlegt, nimmt sie erheblich an Fahrt auf. Zwar steht die vergessliche Doktorfisch-Lady dieses Mal als Titelheldin im Zentrum des Geschehens. Das gilt unterm Strich jedoch nur bedingt, denn ein im Meeresbiologischen Institut beheimateter Zeitgenosse stiehlt ihr merklich die Show, ja wird sogar zum heimlichen Star des Films: Gemeint ist Hank, der anfänglich mürrisch erscheinende Krake, der im weiteren Handlungsverlauf aber bald zeigt, dass er das Herz auf dem rechten Fleck hat. Vor langer Zeit verlor Hank (ehedem ein Oktopus) einen seiner Tentakel und wurde so zum Septopus. Dass es mit Hank nun außergewöhnlich lustig und unterhaltsam wird, das liegt an den für diese Gattung üblichen, zur Tarnung häufig vorgenommenen Wandlungen des äußeren Erscheinungsbildes an die jeweilige Umgebung. Das wird hier natürlich zum auf die Spitze getriebenen, immer besonders ulkig in Szene gesetzten Running Gag. Dabei tritt zugleich rasch komplett in den Hintergrund, dass die Story von Findet Dorie der von Findet Nemo in vielem doch sehr ähnelt. Dass dies auch im Nachhinein keinerlei Katerstimmung aufkommen lässt, man sich vielmehr äußerst wohlig auch an Dories Wiederfindung erinnern mag, das ist schon ein klares Votum für diese insgesamt sehr gelungene Fortsetzung. Den Rest besorgt dann die schlichtweg exzellente Animationstechnik, die, wie man rasch erkennt, seit 2003 in unzähligen Details weiter perfektioniert worden ist. Das gilt unter anderem für die im Sinne von vielfältiger jetzt noch realistischer ausgestalteten Unterwasserlandschaften. Ebenso muss man feststellen, dass auch das animierte Wasser niemals zuvor derart überzeugend echt ausgesehen hat (s. u.). Dazu tragen auch die so verblüffend natürlich erscheinenden Wechselwirkungen des Lichts mit den im Wasser immer vorhandenen Schwebstoffpartikeln einen gewichtigen Teil bei. Abschließend sei unbedingt noch angemerkt, dass der 2013 nachträglich in 3D konvertierte Findet Nemo ebenfalls eine absolut feine Sache und eine Überlegung wert ist.
Das Score-Album von Thomas Newman
Bei dem Pixar-Animationsfilm Finding Nemo als Komponisten anstelle von Randy den Namen seines Cousins Thomas Newman zu lesen, war 2003 eine veritable Überraschung. Wiederum für Regisseur Andrew Stanton und Pixar vertonte Thomas Newman dann im Jahr 2008 auch noch WALL•E – Der letzte räumt die Erde auf. Newmans Filmkomposition erwies sich als sowohl funktional wie auch überraschend ansprechend – siehe dazu den Artikel zum Scorealbum zu Findet Nemo.
Die Musik zu Findet Dorie hat er, durchaus nachvollziehbar, konzeptionell derart dicht an die Komposition zum Vorläuferfilm angeknüpft, dass diese im Ergebnis dem Hörer unmittelbar wie eine klingende Fortsetzung erscheint. Dabei dürfte anfänglich wohl so manchen etwas irritieren, dass das musikalische Material des Vorgängers im aktuellen Score seltsamerweise praktisch überhaupt nicht gespiegelt wird. Das einfühlsame Klavierthema für Nemo etwa vermisst man schon ein wenig. Ein paar Hördurchgänge später jedoch hat man dieses Wermutströpfchen weitgehend hinter sich gelassen, hat sich erneut an die ausgeprägt atmosphärisch-meditative, betont auf Klangfarbenspiele anstelle von Melodie abzielende, eigenwillige Handschrift des Thomas Newman gewöhnt. Es gelingt dann in zunehmendem Maße, an den insgesamt 34 meist sehr knappen Stücken des Findet-Dorie-Album-Schnitts seinen Spaß zu haben. Immer wieder scheinen dabei im fortwährend in sämtlichen Farben schillernden klanglichen Geschehen kleine oder auch mal etwas größere melodische Partikel auf, etwa in „Lost at Sea“, „Migration Song“ oder dem vom Chor vorgetragenen Shanty „O, We’re Going Home“, welchen Newman kurz darauf in einem für ihn typischen Klanggewitter komplett zerlegt. Darüber hinaus gibt’s weitere charmante Stellen zu entdecken, z. B. „Sigourney Weaver“, das ambientemäßig beginnt und anschließend in eine crescendierende Actionpassage übergeht. Sigourney Weaver steht hier allerdings nicht für Alien. Sie spricht in der englischen Originalfassung vielmehr die Kommentatorin – in der deutschen ist es Franziska von Almsick –, welche den Besuchern des Meeresbiologischen Instituts dessen Wunder erläutert. Dieser Gag ergibt freilich allein im angelsächsischen Sprachraum Sinn, denn dort ist Weaver als die Kommentarstimme der maritimen BBC-Naturdokureihe The Blue Planet * Unser blauer Planet aus dem Jahr 2001 sehr geläufig. Am Schluss erklingt, wie bereits bei Findet Nemo, ein Song-Klassiker der Fifties: Nat King Cole’s „Unforgettable“ interpretiert von Sia.
Findet Dorie auf 3D-Blu-ray
Der Nemo-Nachfolger umfasst in der 3D-Version sogar drei statt der üblichen zwei Discs. Neben der auf einer Disc untergebrachten 3D-Version des Films, wartet die zweite neben der 2D-Version mit einem Teil der Boni auf. Disc Nummer drei hält darüber hinaus weitere Extras bereit.
Bild und Ton
Die Silberscheibe hinterlässt, wie von rein am PC gestalteten Animationsfilmen auch zu erwarten optisch einen exzellenten Eindruck. Ein praktisch perfekt erscheinendes Kontrastverhältnis, dazu eine besonders vielfältige und differenzierte Farbwiedergabe und außerdem ein brillanter Schwarzwert sorgen für exzellente, detailfreudige Bilder. Damit belegt Findet Dorie alles in allem aber eben auch die Entwicklung welche die CGI-Techniken in den letzten 13 Jahren durchgemacht haben. Dies steht für unzählige weitere Verfeinerungen im Detail und eine nochmals gesteigerte visuelle Vielfalt und damit einhergehend wiederum erhöhte Brillanz der immer fotorealistischer erscheinenden Bildeindrücke – was ähnlich im Jahr 2003 bereits zum Vorläufer festgestellt worden ist. Inzwischen ist es z.B. machbar, den variierenden Planktongehalt im Seewasser und damit Zustände unterschiedlicher Trübungen sehr realistisch abzubilden. Das führt auch zur weiter optimierten Darstellung der Brechungseffekte einfallenden Lichtes, die jetzt noch deutlich faszinierender erscheinen als bereits bei Findet Nemo.
Auch der 3D-Effekt ist äußerst sorgfältig und harmonisch eingebettet. Und das nutzt Findet Dorie auch geschickt aus, um in einigen Momenten die 3D-Dramaturgie raffiniert zu steuern, denn je trüber das Wasser erscheint umso eingeengter wirkt ja auch in der Natur die 3D-Tiefenwirkung. Das ist hier also durchaus gewollt und darf nicht als verschlechterte Darstellung der Tiefendimension falsch bewertet werden. Eindrücken in trüberen Bereichen steht dabei meist kurz darauf ein Auftauchen in klare oberirdische Gefilde gegenüber, wo man dann den Raumeffekt wieder scheinbar bis zum Horizont auszukosten vermag. Pop-out-Effekte gibt’s freilich nicht wirklich, derart subtil sind die zwei, drei Momente gehandhabt, welche man ansatzweise so interpretieren könnte. Dafür ist die dreidimensionale Faszination der Unterwasserlandschaften eindrucksvoll erlebbar, ganz besonders während des langen Abspanns. Dabei agiert die 3D-Version qualitativ auf einem vergleichbar hohen Level wie die 2D-Version und zeichnet sich zusätzlich durch nahezu komplettes Fehlen von Ghosting-Artefakten aus.
Qualitativ sehr hochwertig ist auch der Ton, in Deutsch als Dolby Digital Plus 7.1 sowie in Englisch in DTS-HD Master Audio 7.1. Der prima ausbalancierte Tonmix hat neben einer großräumigen, dabei äußerst feindetaillierten Abbildung des akustischen Geschehens in den Actionpassagen auch noch ein willkommenes Quantum Power in Reserve.
Extras
Auf der 3D-BD des Sets ist neben dem Hauptfilm nur der Pixar-typische kurze Vorfilm, Piper, in 3D vorhanden. Piper schildert komplett dialogfrei, auf herzerwärmende, reizende Art und Weise die ersten alltäglichen Efahrungen eines Strandläuferkükens. Das Junge muss bei der Nahrungssuche am Strand nämlich erst einmal die richtige Strategie im Umgang mit den regelmäßig anrollenden Wellen erlernen, was sich als nicht ganz einfach erweist. Piper ist dann auch auf der zweiten BD mit der 2D-Fassung des Hauptfilms nochmals vertreten.
Weitere Boni sind: Ein informativer Audiokommentar, bei dem neben Regisseur Andrew Stanton auch Co-Regisseur Angus MacLane sowie die Produzentin Lindsey Collins beteiligt sind. Darüber hinaus finden sich noch etwas über 30 Minuten an eher kurzen Featuretten, wie „Interview im Meeresbiologischen Institut“ (ca. 2 min.), oder „Wie war nochmal die Geschichte?“ (ca. 5 min.). Wobei „Ein Oktopus mischt Pixar auf“ (ca. 9 min.) nett veranschaulicht, welch extreme Schwierigkeiten es bereits verursachte, die „nur“ sieben Tentakeln des Septopus Hank überzeugend zu animieren.
Dass die Boni-Sektion darüber hinaus sogar noch eine zusätzliche, dritte Disc spendiert bekommen hat, weckt freilich unmittelbar Erwartungen, welche beim genaueren Hinschauen nicht ganz erfüllt werden. Den mit Abstand umfassendsten Block bilden dabei nämlich rund 50 Minuten in Form von acht „Zusätzlichen Szenen“. Darüber hinaus findet sich aber eben nur nochmals eine halbe Stunde mit weiteren Mini-Dokus wie die zum Figurendesign, „Skaten & Zeichnen mit Jason Deamer“ (ca. 4 min.), sowie vier Filmtrailern. Zwar ist das Gebotene in Summe gewiss nicht schlecht, aber ein stringentes, voll befriedigendes Making-of resultiert aus den vielen Kurzdokus einfach nicht. Ein zumindest netter Gag sind die vier in Endlosschleife wählbaren bewegten Unterwasser-Motive in „Lebendige Aquarien: Seegras, Offener Ozean, Stachelrochen und Zur Oberfläche schwimmen“.
Fazit: Findet Dorie ist derzeit nicht nur die mit Abstand erfolgreichste Disney-Fortsetzung, sondern überhaupt ein Augenschmaus (ganz besonders in 3D), versehen mit einer entsprechend charmanten Story wie der Vorläufer. Wer an Findet Nemo bereits seine Freude hatte und noch hat, der wird auch auf Findet Dorie kaum verzichten wollen. Und dann sollte eventuell auch das dem Nemo-Vorläufer stilistisch sehr ähnlich gehaltene Filmmusikalbum von Thomas Newman als wiederum sehr ansprechendes klingendes Souvenir zum Film ebenfalls seine Chance erhalten.
Zur Erläuterung der Wertungen lesen Sie bitte unseren Hinweis zum Thema Blu-ray-Disc versus DVD.
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