Face/Off

Geschrieben von:
Dietrich Haas
Veröffentlicht am:
3. März 2002
Abgelegt unter:
CD

Score

(3/6)

John Woos Actionfilm Face/Off • Im Körper des Feindes (1997) mit Nicolas Cage und John Travolta liegt die spannende Idee zugrunde, einem Polizisten (Travolta) durch eine Gesichtsoperation das Äußere eines äußerst gefährlichen Terroristen (Cage) zu geben, um ihn „unerkannt“ in dessen Netzwerk einschleusen zu können. Ergebnis dieses Unternehmens, so die Hoffnung der Fahnder, ist es, genauere Informationen über einen geplanten Bombenanschlag zu erhalten. Natürlich geht der Einsatz nicht so reibungslos wie geplant über die Bühne, vielmehr entwickelt sich ein Katz-und-Maus-Spiel zwischen den Protagonisten.

Meiner Meinung nach schafft es der Film trotz dieses interessanten Grundgedankens, seiner hochrangigen Besetzung (neben bereits erwähnten Hauptdarstellern agieren auch Gina Gershon und Alessandro Nivola, bekannt aus Jurassic Park 3) nur bedingt, die Spannung aufrecht zu erhalten. Die sowohl an Quantität als auch an Intensität reichliche Gewaltdarstellung verstärkt dazu den zwiespältigen Eindruck.

Als Komponist wurde John Powell verpflichtet, der mit Face/Off seine erste eigenständige Filmmusik für einen abendfüllenden Spielfilm vorlegte. Bis dato hatte Powell hauptsächlich Werbefilme musikalisch untermalt, bevor er zu Dreamworks kam, wo er die Musik zu verschiedenen TV-Produktionen schrieb. Des Weiteren übernahm er das Programmieren der Synthesizer für seinen Mentor Hans Zimmer.

Insbesondere weil Hans Zimmer Woos Wunschkomponist war – für den Powell einsprang, da dieser verhindert – liegt ein Vergleich mit dessen genreähnlichen Arbeiten wie The Rock nahe. Gerade die Vertonung der Actionszenen offenbart starke Verwandschaft, sowohl in der Orchestrierung (starker Einsatz von synthetischen Elementen, viel Perkussion), als auch in der Art der eingesetzten Rhythmen. Leider sind das aber die eindeutig schwächeren Passagen auf der CD zu Face/Off (z. B. Track 3 + 4 „Furniture“ bzw. „The Golden Section Derma Lift“). Das Hörvergnügen wird in diesen Stücken durch schroffe Tempo- und Stimmungswechsel geschmälert. Ob das primär an Powells Komposition oder an dem etwas lieblosen Zusammenschnitt der CD liegt, ist schwer zu sagen.

Auch fehlt den genannten Stellen trotz ihres wilden Charakters eine gewisse Dramatik; die mancherorts schlicht lärmenden Percussions wirken mit den gleichzeitig darüber gelegten synthetisch erzeugten melodischen Linien klanglich recht dünn. Wer also mitreißende Action-Passagen im Stile von The Rock erwartet, dürfte bei Face/Off wohl etwas enttäuscht werden.

Dafür kann Powells Score in den ruhigeren Teilen deutlich mehr überzeugen: Der absolute Höhepunkt ist hier Track 5 „This Ridiculous Chin“. Im Film vollzieht sich zu dieser Musik die Metamorphose der beiden Protagonisten mittels Gesichtstransplantation. Durch den fast ausschließlichen Einsatz von tiefen Streichern und einem konsequenten Spannungsaufbau schafft es Powell, die düstere, unheimliche Atmosphäre dieser Szene gut einzufangen.

Gleichzeitig demonstriert dieser Cue den gelungenen Einsatz des Synthesizers. Dieser erzeugt einen Klangteppich im Hintergrund und auch ein Gefühl für (Raum-)Tiefe. Das von Martin Tillman gespielte elektrische Solo-Cello steht dabei im Grenzbereich zwischen Natürlichem und synthetischem Klang.

Track 1 „Face On“ ist besonders bemerkenswert: Hier verwendet der Komponist das sehr eingängige Hauptthema so geschickt, dass sich auch Auszüge aus Händels „Messias“ homogen in die Musik einfügen.

Auch gelöst vom Film vermögen gerade die ruhigeren Teile der Musik wegen ihres abwechslungsreichen und oftmals auch überraschenden harmonischen Aufbaus zu überzeugen. John Powells Erstlingswerk kann somit eine „kleine“ Empfehlung ausgesprochen werden: eine CD, die auch bei mehrmaligem Anhören nicht langweilig wird.

Komponist:
Powell, John

Erschienen:
1997
Gesamtspielzeit:
41:46 Minuten
Sampler:
Hollywood Records
Kennung:
162 125-2

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