C.R. MacNamara (James Cagney), Vertriebs-Direktor von Coca-Cola in West-Berlin, träumt vom Karrieresprung in die vornehmere Londoner Coca-Cola-Zentrale. Dafür soll ihm unter anderem ein in Vorbereitung befindlicher spektakulärer Deal mit den Russen dienen: die unverwechselbare braune Ami-Brause für die Pause nun auch im sozialistischen Ostsektor. Aber mindestens ebenso wichtig dafür ist, dass Scarlett, das junge, so naive wie abenteuerlustige Töchterlein seines Chefs aus dem fernen Atlanta, unter seiner Aufsicht (!) einen unvergesslichen Berlinbesuch verbringt. Doch es kommt völlig anders. Auf Entdeckungsreise in den Ostsektor hat das agile Töchterlein den Jungbolschewiken Otto Ludwig Piffl (Horst Buchholz) kennengelernt und diesen nicht bloß spontan geheiratet, was im Sozialismus besonders fix geht, sondern ist von ihm offenbar auch bereits geschwängert worden. Als Scarletts natürlich erzkapitalistische Eltern nun auch noch ihren Besuch ankündigen, droht alles in Skandal, Chaos und für MacNamara in der totalen Katastrophe zu enden. Glücklicherweise hat er ein ungemein fähiges und tatkräftiges deutsches Team an seiner Seite, das mit Hanns Lothar, Karl Lieffen und Liselotte Pulver erstklassig besetzt ist und ihn tatkräftig dabei unterstützt, das Schlimmste zu verhindern und Otto in einen feschen, willkommenen Schwiegersohn zu verwandeln.
Billy Wilder, der noch als „Billie Wilder“ gemeinsam mit Erich Kästner das Drehbuch für Emil und die Detektive (1931) verfasst hatte, war nach dem Krieg an insgesamt drei Filmen beteiligt, die mit Deutschland und seiner jüngsten Geschichte verknüpft sind. Neben dem Dokumentarfilm über die NS-Greul Death Mills ∗ Todesmühlen (1945) sind dies die beiden Filmkomödien One, Two, Three ∗ Eins, zwei, drei und A Foreign Affair (1948). Letztgenannte kam bemerkenswerterweise in der Nachkriegszeit nicht in die deutschen Kinos, sondern erlebte ihre deutsche Erstaufführung erst 1977 in der ARD.
Eins, zwei, drei (1961) ist eine absolut köstliche, besonders temporeiche (der Titel hat’s schon im Gepäck) Wilder-Komödie, welche die Verhältnisse sarkastisch überzeichnet und dabei bissig pointierte Anmerkungen zur damaligen Situation im Wirtschaftswunder-Deutschland an die Zuschauer vermittelt. Wilder, der ja nicht bloß Regisseur, sondern auch ein brillanter Drehbuchschreiber war, hatte zusammen mit I. A. L. Diamond das Drehbuch verfasst und dafür das gleichnamige Bühnenstück von Ferenc Molnár aus dem Jahr 1929 geschickt adaptiert und die aufgepeppte Handlung in das geteilte Berlin verlegt. Die Dreharbeiten fanden von Juni bis September 1961 statt. Dass das Team vom Bau der Berliner Mauer überrascht wurde und man nicht mehr am Brandenburger Tor drehen konnte, machte einen aufwändigen Umzug in die Münchner Bavaria-Studios nötig. Nicht allein der Mauerbau, sondern wohl auch diverse unverblümt freche Anspielungen auf Alt-Nazis in Amt und Würden schlugen seinerzeit Publikum wie Kritik offenbar derart auf den Magen, dass die Originalität und Qualität dieser pfiffigen Komödie über fast zweieinhalb Dekaden verkannt blieb. Erst als Mitte der 1980er Wilders Film wieder aus dem Archiv geholt und in den Kinos gezeigt wurde, entwickelte er sich gerade in Berlin zu einem Renner.
Bild und Ton
Die Einzel BD ist in einer leichtgewichtigen weißen Okö-Amaray-Box enthalten. Auf das detailfreudige, von einem sehr guten Kontrastverhältnis und feinen Abstufungen in den Grauwerten bis zum satten Schwarz bestimmte Schwarzweißbild dürfte so mancher Freund von Wilders ungemein spritziger Komödie echt gewartet haben. Immerhin schaut dagegen die alte MGM-DVD erheblich bescheidener, nämlich entschieden matter aus. Das dezent sichtbare Filmkorn sieht angenehm ungefiltert und damit naturbelassen aus.
Durchaus reizvoll ist es, sich den Film in der englischen Originalfassung anzuschauen, da hier zwar vorwiegend Englisch, aber eben auch immer wieder drolliges Deutsch gesprochen wird. Der Originalton klingt noch etwas voller als die klangtechnisch ebenfalls solide Synchronfassung.
Extras
Hier bekommt der Käufer überaus gute Koch-Media-Beilagen hinzu geliefert: Neben einem deutschen und englischen Trailer und der üblichen Bildergalerie mit Werbematerialien ist der umfangreichste Bonus „Hellmuth Karasek im Gespräch mit Billy Wilder“ (ca. 96 Min.) zugleich der informativste. Es handelt sich um einen 1987 entstandenen Videomitschnitt, entstanden aus den sogenannten „Berliner Lektionen“, Gesprächen mit Zeitzeugen des 20. Jahrhunderts, die vom Haus Bertelsmann zusammen mit den Berliner Festspielen initiiert worden sind. Leider wirkt nicht bloß die Eröffnung etwas laienhaft in Szene gesetzt, die Bildqualität ist zudem erstaunlich dürftig, geradezu mangelhaft. Gesichtszüge erscheinen bereits in der Halbtotalen allein noch völlig verschwommen und sind kaum mehr zu erkennen.
Billy Wilder stand im Mai 1988 über eine Woche lang Volker Schlöndorff und Hellmuth Karasek als Interviewpartner über sein Leben und sein Werk zur Verfügung. Aus diesem Interviewmaterial ist die hier leider nicht enthaltene TV-Dokumentation „Billy, how did you do it? – Billy Wilder, wie haben Sie’s gemacht?“ (1992) montiert worden. Daraus entnommen sein dürften allerdings die beiden kurzen Interviewsegmente (ca. 3 und 6 min.) „Volker Schlöndorff im Gespräch mit Billy Wilder“ sowie „Billy Wilder über die Politik in Eins, Zwei, Drei“.
Fazit: Dass Eins, zwei, drei ein Geheimtipp ist, ist zwar nicht neu, aber erst die vorliegende Blu-ray-Edition wird dem spritzig-köstlichen Film gerade durch die technisch überaus gute Präsentation erstmalig wirklich gerecht. Und auch die aufschlussreichen Interviews mit dem Regisseur bilden dazu eine prima Ergänzung.
Zur Erläuterung der Wertungen lesen Sie bitte unseren Hinweis zum Thema Blu-ray-Disc versus DVD.
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