Deutsche Filmkomponisten, Folge 4: Rolf Wilhelm

Geschrieben von:
Michael Boldhaus
Veröffentlicht am:
16. Oktober 2001
Abgelegt unter:
Sampler

Score

(5/6)

Eine besonders schöne Einführung in das filmmusikalische Schaffen des Rolf Wilhelm ist der liebevoll editierte Sampler des Bear-Family-Labels aus der Reihe „Deutsche Filmkomponisten“. Auf der prall bestückten CD spiegeln sich fast 40 Jahre (west-)deutscher Nachkriegs-Kinogeschichte wider: Es finden sich Main- und End-Title-Musiken aus insgesamt 32 Filmen (Rolf Wilhelm vertonte mehr als 60 Spielfilme). Was auf den ersten Blick wie ein kunterbunter Flicken-Teppich anmutet, erweist sich in der Praxis als überraschend gut fließendes, ja sogar sehr vergnügliches Höralbum. Ausgehend von den allerersten Arbeiten zur 08/15-Film-Trilogie (1954/55) nach den Romanen von Hans Helmut Kirst spannt sich der Bogen über Und ewig singen die Wälder (1959), Die Heiden von Kummerow und ihre lustigen Streiche (1967) und Das Schlangenei (1976) bis zu Wilhelms letzten Arbeiten zu Loriots Ödipussi (1988) und Pappa Ante Portas (1991). Der Hörer findet rein sinfonische Klänge, von Swing- und Tanzmusik der jeweiligen Dekade Beeinflusstes – wobei in Teilen auch stilistische Nähe zu den Hollywood-Musicals spürbar wird – und neben Pop-Sinfonik gibt’s Jazziges und in Die Welt der Marionetten sind auch synthetische Klänge eingearbeitet. Allein schon die Titel-Musiken der 08/15-Film-Trilogie direkt hintereinander gehört, beweisen Pfiff und Einfallsreichtum. Die musikalische Grundidee des ersten Main Title’s (ein Themen-Fragment aus dem preußischen Zapfenstreich) kontrastiert im zweiten Main Title mit der bekannten Ostfront-Sondermeldungsfanfare (aus Franz Liszts „Les Préludes“) und dem bekannten russischen Volkslied „Wolga-Schlepper“, im dritten mit dem Swing der anrückenden Amerikaner.

Der Komponist beweist seine Versiertheit in sehr unterschiedlichen Stilen und hat überhaupt ein Händchen für das (gekonnt) Leichte. Hierfür stehen nicht allein die beiden schönen Loriot-Filmmusiken mit walzerseligen Teilen und einem schmissigen, recht originellen Kintopp-Marsch als Schlussmusik: einige weitere Perlen sind die folkloristisch geprägten Lausbubengeschichten, das ironische Medley aus preußischen und bajuwarischen Märschen in Wenn Ludwig ins Manöver zieht und die charmante, die wichtigsten Schauplätze der Filmhandlung (Deutschland, Frankreich, Schottland, Russland) anklingen lassende Titelmusik zu Es muss nicht immer Kaviar sein. Und selbst die unsäglich misslungene Neuverfilmung des klassischen Erich-Kästner-Buches „Das fliegende Klassenzimmer“ im Jahre (1973) weist eine überraschend hübsche Main-Title-Musik auf, was ebenso für den späten, spröden Rühmann-Film Grieche sucht Griechin (1966) gilt. Nicht zu vergessen das reizende Orchesterscherzo aus Die Heiden von Kummerow und ihre lustigen Streiche sowie die pfiffig-jazzigen Barock-Einsprengsel in Abelard – Die Entmannung (1975). Überhaupt macht dieser Sampler mehr als nur einmal Appetit auf mehr Musik des jeweiligen Films.

Die musikalische Qualität des vertretenen Materials schwankt zwischen soliden 3 und 4 ½ Sternen. Der Großteil der Musiken wurde (bis etwa Mitte der 60er) noch in Mono aufgenommen. Die Tonqualität spiegelt das jeweilige Alter der betreffenden Aufnahme wider und reicht von befriedigend bis gut. Ein dicker zusätzlicher Pluspunkt des äußerst liebevoll editierten Albums ist das sehr üppig ausgestattete Booklet. Auf rund 90 Seiten findet der Interessierte eine Fülle von überwiegend vierfarbigen Kinoplakat-Abbildungen und vereinzelt auch Aushangfotos. Damit ist die Edition qualitativ mit den Monstrous Movie Music-Alben vergleichbar und verdient wie diese einen Zuschlag in der Gesamtbewertung.


Mehrteilige Rezension:

Folgende Beiträge gehören ebenfalls dazu:


Komponist:
Wilhelm, Rolf

Erschienen:
2001
Gesamtspielzeit:
62:09 Minuten
Sampler:
Bear Family
Kennung:
BCD 16484

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