Der Klassik-CD-Tipp I-2022: Das Anthony Collins Box Set von Decca Eloquence

Decca Eloquence Australia ELQ484 1467
Geschrieben von:
Michael Boldhaus
Veröffentlicht am:
23. Januar 2022
Abgelegt unter:
Klassik

Anthony Collins: (Film-)Komponist und Dirigent

Anthony Collins (1893–1963), begann seine musikalische Laufbahn als 17-Jähriger Bratschist im Hastings Municipal Orchestra in East Sussex, dem Vorläufer des heutigen Hastings Philharmonic Orchestra. Nach seinem Dienst bei der Army ging er 1920 an das Royal College of Music, wo er u.a. von Gustav Holst Kompositionsunterricht bekam. Von 1926 bis 1936 war er führender Bratschist des London Symphonie Orchestra und wirkte auch in Covent Garden, z.B. bei Produktionen der Sadler’s Wells Opera und der Carl Rosa Opera Company mit. In dieser Phase kam er auch auf den Geschmack, seine Tätigkeit vom Orchestermusiker sowohl zum Dirigieren als auch zum Komponieren zu verschieben. 1938 gab er sein Debüt als Dirigent des London Symphony Orchestra.

Im selben Zeitraum kam er über den für das Golden Age of British Cinema sehr bedeutenden Herbert Wilcox (1890–1977) auch ins Filmgeschäft. Seine erste Filmmusik entstand für den opulenten Victoria the Great * Königin Victoria (1937). Collins blieb dem Filmschaffen von Wilcox und dessen Frau Anna Neagle bis zum Ende seiner Karriere in der zweiten Hälfte der 1950er Jahre eng verbunden. Die Kriegsjahre verbrachte er in den USA im Music-Department von RKO – soweit die dazu online aufzufindenden Infos (s. u.). Seit 1945 pendelte er zwischen seinem US-Domizil und London und ist am 11. Dezember 1963 in Los Angeles, Kalifornien, verstorben. Collins war übrigens ein recht enger Freund von Bernard Herrmann, dem er für die Arbeiten zu RKOs On Dangerous Ground (1951) zeitweilig seine Wohnung überlassen hat.

Das Anthony-Collins-Box-Set von Universal Music Australia

Inklusive einiger Aufnahmen, die hier nun erstmalig überhaupt auf CD erscheinen, vereint dieses Box-Set aus der Reihe „Decca Eloquence“ des australischen Ablegers von Universal Music erstmalig das gesamte Decca-Vermächtnis des insbesondere im angelsächsischen Raum durch seinen Zyklus der Sibelius-Sinfonien sehr bekannt gewordenen Dirigenten Anthony Collins. Hierzulande ist Collins, der auch für den Film komponierte, sowohl als Dirigent wie auch als Komponist nur wenigen Spezialisten geläufig. Selbst bewanderten Filmmusikfreunden ist er nicht präsent. In aller Regel hat man von ihm bisher vielleicht mal den Namen in einem Filmvorspann gelesen.

Ähnlich wie die anderen aus derselben Linie stammenden, bereits zuvor auf Cinemusic.de vorgestellten Sets von Decca Eloquence Australia nimmt auch dieses bereits bei der ersten Durchsicht durch seine unübersehbar liebevolle und sorgfältige Aufmachung für sich ein. Sämtliche CD-Hüllen sind mit der Reproduktion eines originalen LP-Frontcovers versehen. Und da fast immer musikalisches Füllmaterial mit dabei ist, gibt’s in der Regel auf der Rückseite noch ein zweites abgebildet – natürlich zwangsläufig stark verkleinert. Das 32-seitige Begleitheft verfügt neben umfassenden diskografischen Infos zu den vertretenen Aufnahmen und ihrer Aufteilung auf die einzelnen CDs über einen informativen Einführungsartikel zu Anthony Collins von Peter Quantrill.

Die hier versammelten Aufnahmen entstanden zwischen 1945 und 1956. Bis auf eine stereofone sind diese nach dem von Decca entwickelten „Full frequency range recording (ffrr)“ System „nur“ in Mono. Deccas ffrr-Technologie – nicht zu verwechseln mit dem erst 1986 gegründeten Tanzmusik-Label FFRR-Records – lieferte mit dem in die HiFi-Zukunft verweisenden Frequenzgang von 80–15.000 Hz nicht zuletzt bei den in der legendären, 1998 abgerissenen Kingsway Hall unter der Ägide des renommierten Toningenieurs Kenneth Wilkinson produzierten Aufnahmen bereits erstaunlich transparent, lebendig und dynamisch klingende Resultate. Besonders deutlich spürbar wurde der Qualitätszuwachs freilich erst mit der Einführung der Langspielplatte und der damit als Speichermedium Einzug haltenden, zwischenzeitlich erheblich leistungsfähigeren (!) Magnetbandtechnik – siehe dazu auch Kleine Klassikwanderung 4: Living Stereo.

Eine gute Stereoaufnahme vermittelt zwar eindeutig eine insgesamt überzeugendere Abbildung des Klangraums als Mono. Trotzdem erhält man bei sehr gutem, knackigen Hifi-Mono-Sound keinen leblos-kompakten und rein flächigen Klangeindruck, sondern auch hierbei resultiert durchaus ein gewisses Raumgefühl. Man vermag daher, natürlich in begrenzterem Maße, auch die Orchestertextur zu entschlüsseln. Insbesondere nach etwas Eingewöhnen über vielleicht ein Viertelstündchen hat man bei den besten Beispielen der Decca-ffrr-Recordings weitgehend vergessen, dass es hier nur Mono zu hören gibt. Was wiederum zugleich auch ein Beleg dafür ist, dass letztlich überall Pioniere am Werk waren, deren Bemühungen, die klangliche Qualität ihrer Aufzeichnungen entscheidend zu verbessern, freilich nur in einzelnen Fällen zur ganz großen werbewirksamen Inszenierung und in Folge gar auch noch zur Legendenbildung taugten.

Eine mitentscheidende Rolle beim besonders guten Eindruck, den das Set hinterlässt, liegt auch darin begründet, dass die aktuellen High-Tech-Remasterings denen zurückliegender Veröffentlichungen deutlich überlegen sind. Von den dazu in Teilen beschriebenen Mängeln, wie infolge deutlichen Höhen- und Detailverlusts eher stumpfem Sound, kann jetzt kaum mehr die Rede sein. Auch von der den ffrr-Recordings attestierten partiellen Rauhigkeit im Streicherklang ist hier höchstens ganz vereinzelt und ansatzweise noch etwas mehr erahn- denn eindeutig hörbar. Dass bereits in den 1960ern der Collins-Sibelius-Zyklus gnadenlos verschlimmbessert wieder aufgelegt worden ist, nämlich in grausigem „Electronic-Stereo“, das ist Gott sei Dank ebenso längst Geschichte.

Dass er neben seinen Filmkompositionen auch für Oper und Konzert komponierte darf nicht unterschlagen werden. Von beidem ist bisher abseits von „Vanity Fair“, einer charmanten Pièce der British Light Music, nur wenig mehr (etwa auf dem einsamen Collins-CD-Album des Dutton-Labels) auf dem Tonträgermarkt überhaupt erhältlich. Wie bereits zuvor erwähnt, ist Anthony Collins hierzulande nahezu unbekannt. Das galt lange auch für den im Zentrum des Decca-Box-Sets stehenden, in den Jahren von 1952 bis 1955 entstanden Sibelius-Zyklus, welcher im angelsächsischen Raum in jedem Fall noch bis etwa Mitte der 1960er einen hohen Status besaß. Mit diesem haben sich seinerzeit viele Klassikliebhaber von der Insel, aber auch von jenseits des Ozeans ihren Sibelius in Heimarbeit erschlossen. Collin’s Zyklus der Sibelius-Sinfonien war übrigens neben dem ebenfalls 1952 begonnenen, aber bereits im Folgejahr in Stockholm abgeschlossenen des schwedischen Dirigenten Sixten Ehrling erst die zweite Gesamtaufnahme der Sinfonien des finnischen Komponisten in der noch jungen LP-Ära.

Seinerzeit eher einhellig hoch geschätzt, kann man zu Collins’ Sibelius-Interpretationen mittlerweile bemerkenswerterweise praktisch beliebige Bewertungen finden: Von enthusiastischer Zustimmung bis hin zum komplett gnadenlosen Verriss ist praktisch alles vorhanden. Meine Eindrücke dazu sind insgesamt durchaus positiv geprägt worden. Collins Herangehensweise ist eher romantisch und von üppigem Klang geprägt. Von der mancher Darstellung unserer Tage innewohnenden Kargheit im Ausdruck kann hier nicht die Rede sein. Ich meine darin immer wieder auch den das Stimmungsmäßige besonders betonenden Filmkomponisten zu verspüren, etwa wenn Collins das so typisch nordisch anmutende, auch Landschaftseindrücke beschwörende in der Musik des großen Finnen in den Steigerungen betont machtvoll ausspielen und aufblühen lässt, wobei aber auch das so unverwechselbar Raue keineswegs zu kurz kommt. Hier und da fühlt man sich dabei schon ein wenig an die Atmosphäre der Musiken zu Der Herr der Ringe erinnert. Insgesamt geht Collins mit eher zügigen Tempi an die Sache heran. Die 7. Sinfonie etwa zählt mit einer Spieldauer von unter 20 Minuten gar zu den schnellsten des Katalogs. Dass der Paukenpart in der Coda der 2ten Sinfonie hier etwas anders erklingt als von anderen Darbietungen gewohnt, kann man kritisieren. Wie im Begleithefttext vermerkt, hat Collins zu Metronomangaben mit dem Komponisten Kontakt aufgenommen, welcher dem Dirigenten durchaus individuelle Freiheiten in der Gestaltung eingeräumt hat. Zu den sieben Sinfonien kommen noch die Karelia-Ouvertüre, die Suite aus „Pelléas und Mélisande“ und neben „Pohjohlas Tochter“ eine seinerzeit besondere Sibelius-Rarität, die Tondichtung „Nächtlicher Ritt und Sonnenaufgang“ hinzu, wo Collins wiederum als vom Film kommender, virtuoser Landschafts- und Stimmungsmaler zum Tragen kommt.

Über die von 6 ehemaligen LPs auf hier nun vier CDs (Nr. 7 – 10) eingedampften Sibelius-Einspielungen hinaus hat das Set aber noch so manches Entdeckenswerte zu bieten. Kurz bevor Collins von 1939 bis Kriegsende seine Tätigkeiten in die USA verlegte, hatte er das London Mozart Orchestra gegründet. Mit diesem Ensemble nahm er dann im Mai 1945 für Decca Mozarts Sinfonie Nr. 33 und das Menuett aus dem Divertimento KV 334 auf 78er Schellackplatten auf. Dazu gesellen sich auf CD 1 noch zwei weitere, im Jahr 1954 entstandene Mozarteinspielungen: das Klarinettenkonzert mit Gervase de Peyer (1926-2017) sowie das Fagottkonzert mit Henri Helaerts (1907-2003) als Solisten, wobei jeweils das London Symphony Orchestra unter Collins begleitet. Neben den so luftigen wie eloquenten Mozart-Interpretation und ihren ehedem gefragten Solisten sind aber zusätzlich auch noch die technischen Aspekte bemerkenswert. Besonders frisch und natürlich klingen hier die 1954 entstandenen Mono-Aufnahmen, dank der Speicherung auf Magnetband. Von den 1945 noch mit 78er-Schellack-Technologie produzierten ffrr-Aufnahmen existieren offenbar die als Speichermedien zugehörigen Lackfolien und Metallplatten nicht mehr. Entsprechend musste hier von in möglichst gutem Zustand erhaltenen Schellack-Schätzchen, also unter nicht optimalen Bedingungen, überspielt werden. Unterstützt durch ein so sorgfältiges wie behutsames digitales Mastering klingen bereits diese Überspielungen schon merklich besser als praktisch alles, was aus der Schellack-Ära zeitlich davor überliefert ist.

Weitere sowohl interpretatorisch als auch klangtechnisch überzeugende Beispiele für Collins als versierten Begleiter bedeutender Instrumentalsolisten finden sich in den Mozart-Klavierkonzerten (Nr. 14, 15 & 26) mit Friedrich Gulda auf CD 2 sowie in Rachmaninoffs 3. Klavierkonzert in d-Moll mit Moura Lympany (1916–2005) und nochmals Friedrich Gulda, vereint auf CD 4 mit einer auf seine Art ebenso geschliffenen Aufführung der Richard-Strauss-Burleske von 1886. Die beiden Mendelssohn-Klavierkonzerte, im Jahr 1956 romantisch-empfindsam und klangschön zugleich eingespielt mit dem britischen Virtuosen Peter Katin (1930–2015) bilden die beiden einzigen Stereoaufnahmen des Box-Sets auf CD 3 und stechen klanglich natürlich besonders hervor. Der für seine Paganini-Interpretationen berühmte Geiger Ruggiero Ricci (1918–2012) brilliert auf CD 5 mit den beiden Konzerten in d- und h-Moll mit elegant leuchtendem, italienischem Belcantotonfall.

Die CDs 6 und 14 warten mit populären Zugabestücken auf. Tschaikowskys Capriccio Italien ist durchaus sauber gespielt, es gibt allerdings deutlich leuchtkräftigere und insgesamt noch mitreißendere Darstellungen dieser feinen klingenden Italien-Postkarte, etwa die von Herbert von Karajan und den Berlinern. Francesca da Rimini ist hier doch recht blass geraten, wird eher leidenschaftslos und uninspiriert dargeboten. Dagegen kommt die ebenfalls auf CD 6 untergebrachte Stück-Auswahl der 1. Carmen-Suite von Bizet deutlich ansprechender herüber. CD 14 vereint im Sinne einer HiFi-Demonstration wiederum unmittelbar besonders Eingängiges wie die erste Walzersequenz aus Der Rosenkavalier von Richard Strauss, Humperdincks „Traum-Pantomime“ aus Hänsel und Gretel mit hierzulande nur sehr selten zu Hörendem, etwa Arthur Sullivans energisch-spritziger Ouvertüre „Di Ballo“. Desweiteren gibt’s hier denn auch etwas von Anthony Collins, dem Komponisten, zu hören. Leider eben nur (s.o.) zwei sehr ansprechende, unmittelbar ins Ohr gehende British-Light-Music-Piècen: das besonders bekannte „Vanity Fair“ und „With Emma to Town“. Beide gesellen sich problemlos zu Percy Graingers „Shepherd’s Hey“ und dem „Shepherd Fennel’s Dance“ von Henry Balfour Gardiner hinzu.

Die restlichen drei bisher noch nicht erwähnten CDs im Set (Nr. 11, 12 & 13) sind praktisch durchgehend mit Highlights britischer Musik in feiner bis exemplarischer Darstellung bestückt. Neben Edward Elgars noblem Falstaff, Sinfonische Studie in c-Moll op. 68, ist Frederick Delius mit insgesamt 7 seiner viel zu selten gespielten impressionistisch gefärbten Tondichtungen vertreten, die hier ganz besonders edel dargeboten sind. Nicht derart zu überzeugen vermag die etwas zu brav geratene Darstellung der Tallis-Fantasie der sich wiederum eine sehr respektabel gespielte Fantasia on Greensleeves zur Seite stellt, beides von Ralph Vaughan Williams. Dann steht das eigenwillige, zuerst gar etwas skurril wirkende „Façade – An Entertainment“ von William Walton auf dem Programm. Sir Peter Pears und Dame Edith Sitwell rezitieren die von Frau Sitwell höchstpersönlich stammenden Gedichte, und werden musikalisch begleitet vom English Opera Group Ensemble natürlich unter der Leitung von Anthony Collins. Façade ist sicherlich in ganz besonderem Maße britisch. Aber im Laufe einiger Hördurchgänge gewinnt das feinsinnige Stück ungemein, wobei hier neben dem virtuosen Spiel des aus nur sechs Spielern bestehenden Istrumentalensembles die beiden Rezitatoren, Sitwell und Pears, in ganz besonderem Maße die unvergesslichen Stars dieser Klassikerstatus besitzenden Einspielung des Jahres 1954 sind.

Dieses 14 CDs umfassende, unübersehbar liebevoll produzierte Anthony-Collins-Box-Set taugt nun sicher nicht als Empfehlung für den Klassikeinsteiger. Wer sich etwa bei Sibelius einhören möchte, der kann und sollte, keine Frage, für die ersten Schritte aus der heutzutage zur Verfügung stehenden Fülle an hochwertigen Konkurrenzeinspielungen in Stereo auswählen. Wer aber über derartige die Basis des eigenen Musikverständnisses ausbauende Aktionen bereits hinaus ist, wer sich auch mit historisch wertvollen Interpretationen beschäftigen und sich vielleicht auch noch für die darin parallel spiegelnde Entwicklung der Aufnahmetechnik zu begeistern vermag, der liegt hier genau richtig.

Der Anthony-Collins-Sibelius-Zyklus auf LP

Anhang

Der Filmkomponist Anthony Collins

Was das Filmmusikschaffen angeht, zeigt bereits eine nicht alles auslotende, eher schnelle Sichtung der Datenbanken, dass die Angaben für „composer“ nur teilweise deckungsgleich sind und darüber hinaus so manche Zuschreibung Fragen aufwirft. So weist etwa die Liste beim Filmdienst mit nur 12 Titeln eindeutig Lücken auf. Das gilt in deutlich kleinerem Maße auch für die wohl besonders zuverlässige auf „Film Music on the Web“, die mit immerhin 18 Filmtiteln aufwartet. Die imbd dagegen listet 26, Wikipedia sogar 28 Filmtitel auf.

Die in der imdb zu findenden Zusammenstellungen für Collins als bei anderen Filmprojekten mit Beteiligtem (Arrangeur, Orchestrator & Dirigent) sind demgegenüber deutlich umfangreicher. Allerdings fallen unter den 51 gelisteten Filmtiteln nicht nur Überschneidungen zu den credits in der Rubrik composer auf, etwa Irene und Sunny (s.u.). Bemerkenswerterweise finden sich in den Jahren ab 1939 auch längst nicht nur RKO Produktionen, sondern neben einigen von Columbia werden sogar erstaunlich viele (mehr als ein Dutzend!) von Republic Pictures aufgeführt. Wobei zu den Collins zugeschrieben Republic-Filmen für die Musik in aller Regel rasch der Name Stanley Wilson auffindbar ist. Besonders stutzig machte dazu dann die Angabe (Quelle Wikipedia) „Wilson composed the film soundtracks for all Republic Westerns and serials in the late 1940s and early 1950s. Wilson was in charge of supplying music for every Republic production.“ Da fragt man sich inwieweit Anthony Collins bei diesen Vertonungen überhaupt involviert gewesen sein kann.

Daraus resultiert letztlich, dass die Auflistungen in der imdb jeweils um etwa ein Drittel nach unten zu korrigieren sind. Weitgehend verlässlich hat Antony Collins bis 1957 für rund 20 Filme eigene Musik komponiert (s.u.) und vermutlich bei etwa 25 bis 30 weiteren Filmproduktionen als Arrangeur, Orchestrator oder auch Dirigent mitgewirkt.

Insgesamt dreimal ist Collins für den „Oscar für die beste Filmmusik“ nominiert worden: im Jahr 1940 für Nurse Edith Cavell (1939), 1941 für Irene (1940) sowie 1942 für Sunny (1941). Dabei handelt es sich bei beiden zuletzt Genannten allerdings um Leinwandadaptionen von Broadway-Musicals: So basiert Sunny auf Original-Musik von Jerome Kern und Irene auf Original-Musik von Harry Tierney und Joseph McCarty. Collins ist hier ähnlich wie John Williams bei Fiddler on the Roof * Anatevka (1971) nicht als Komponist im eigentlichen Sinne, sondern als Arrangeur/Dirigent tätig geworden. Entsprechend werden beide Filme korrekterweise auch bei „Film Music on the Web“ nicht aufgeführt.

The Nazis Strike (1943) bildet einen absoluten Grenzfall, einen, den man ebenfalls an dieser Stelle nicht guten Gewissens mitzählen kann. Dies ist Frank Capras zweiter Dokumentarfilm aus der US-Kriegspropaganda-Reihe „Why We Fight“ – Lauflänge rund 40 Minuten. Im zugehörigen Wikipedia-Artikel wird Collins als nur einer von insgesamt sechs Komponisten erwähnt, die noch dazu im Vorspann ungenannt (uncredited) bleiben. Marigold (1938) findet sich zwar nicht in der Auflistung von „Film Music on the Web“, aber etwas, das darüber hinaus Zweifel an der Zuordnung zu Collins als Komponisten rechtfertigen würde, habe ich nicht gefunden. Ein zweifelhafter Kandidat bleibt Republics The Fabulous Texan * Brennende Grenze (1947), für den ich jedoch ebenfalls kein klares Ausschlusskriterium auffinden konnte. Dagegen ist der ebenfalls von Republic Pictures stammende Laughing Anne * Anna von Singapur (1954) stimmig. Der übrigens in den britischen Shepperton Studios, sogar in Technicolor (!) produzierte Film ist von Herbert Wilcox initiiert, mit Margaret Lockwood anstelle der ursprünglich dafür vorgesehenen Anna Neagle (s. o.) als Titelfigur. So basiert die nachfolgende Aufstellung auf der von „Film Music on the Web“, ergänzt um vier Filme (markiert oben rechts mit rotem Stern) und, soweit vorhanden, um die deutschen Verleihtitel.

Die Filmmusiken von Anthony Collins:

  1. Victoria the Great * Königin Victoria (1937)
  2. The Rat (1937)
  3. A Royal Divorce (1938)*
  4. Marigold (1938)*
  5. Sixty Glorious Years (1939)
  6. Allegheny Uprising auch Black River * Der Mann vom schwarzen Fluss (1939)
  7. Nurse Edith Cavell (1939)
  8. Swiss Family Robinson (1940)
  9. Tom Brown’s Schooldays (1940)
  10. Destroyer (1943)
  11. Forever and a Day * Auf ewig und drei Tage (1943)
  12. I Live in Grosvenor Square * Die Atlantik Brücke (1945)*
  13. Piccadilly Incident * Schicksal von gestern (1946)
  14. The Courtneys of Curzon Street (1947)
  15. The Fabulous Texan * Brennende Grenze (1947)
  16. Odette (1950)
  17. The Lady with the Lamp * Florence Nightingale – Ein Leben für den Nächsten (1951)
  18. Derby Day (1952)
  19. Macao * Macao (1952)*
  20. Trent’s Last Case * Trents letzter Fall (1953)
  21. Adventures of Robinson Crusoe (1954)
  22. Laughing Anne * Anna von Singapur (1954)

Wer beim Filmkomponisten Collins erste Eindrücke gewinnen möchte, der kann mit Hilfe der Youtube-playlist „Anthony Collins: Film Music“ zu 14 Filmen den Main Titel hören – abgenommen von der Filmtonspur.

© aller Logos und Abbildungen bei Universal Music Australia. (All pictures, trademarks and logos are protected by Universal Music Australia.)

Erschienen:
2021-08
Land:
Australien
Gesamtspielzeit:
892 Minuten
Sampler:
Universal Music Australia
Kennung:
Decca Eloquence ELQ484 1467
Zusatzinformationen:
14 CDs; London Mozart Orchestra, London Symphony Orchestra, New Symphony Orchestra, London Philharmonic Orchestra, Members of the New Symphony Orchestra of London, English Opera Group Ensemble, London Promenade Orchestra

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