Sir Malcolm Arnold, großer britischer Komponist nicht nur von Filmmusik, feiert im Oktober 2001 seinen 80sten Geburtstag! Das Team John Morgan und William T. Stromberg haben es sich nicht nehmen lassen, dem Jubilar aus diesem Anlass ein CD-Album zu widmen.
Ausgewählt worden sind die Arbeiten zu The Roots of Heaven • Die Wurzeln des Himmels (1958) und Arnolds letzte Filmkomposition zu David Copperfield (1969). Leider sind die Partituren vieler britischer Filmmusiken verschollen. Da in beide Filmprojekte die 20th-Century-Fox involviert war, fanden sich die vollständigen Materialien erfreulicherweise im US-Archiv der Fox. Beide Musiken sind in den von Morgan-Stromberg bevorzugten „substantiell“ vollständigen Fassungen eingespielt worden. Kürzere Auszüge aus beiden Werken liegen bereits auf dem vorzüglichen CHANDOS-Album „The Film Music of Malcolm Arnold, Vol. 2“ vor.
Das bereits zu den entsprechenden Suiten auf diesem Sampler Geschriebene gilt hier in besonderem Maße. Die beiden Kompositionen sind in der jeweiligen Langfassung nicht einfach nur verlängert, sondern bieten neues wertvolles und hörenswertes Musik-Material. Eine Aussage übrigens, die für sehr gute Film-Musiken immer gilt.
So ist für den Hörer erst jetzt die ganze Schönheit der leitmotivischen Arbeit und auch Raffinesse der Orchestration beider Musiken voll erfahrbar. In dieser langen Version der Musik zu The Roots of Heaven begegnet einem erstmals das überaus kraftvolle, majestätische Thema „für die Elefanten“ in Original-Gestalt. So wirkt die bereits bekannte Premierenouvertüre, in der dieses Thema in variierter Form eine wichtige Rolle spielt, beim erneuten Hören deutlich anders als zuvor. Für vier Szenen komponierte Alfred Newman nachträglich Musik, von denen zwei Stücke in dieser Neueinspielung enthalten sind. Auch die sehr britisch angehauchte lyrische Musik zur Lebensgeschichte des David Copperfield wirkt jetzt noch stimmiger als in der schon gelungenen Kurzfassung Rumon Gambas.
Der Käufer bekommt zwei prall-sinnliche, trotz gelegentlicher epischer Ansätze sehr luftig und transparent klingende (arnold-typische) Partituren geboten, in denen mit eingängigen melodischen Themen handwerklich perfekt gearbeitet wird. Das ist süffige Musik zum Relaxen, die, obwohl sich in gewohnten Bahnen bewegend, keineswegs langweilig, geschweige denn abgedroschen wirkt: ein Album für Genießer.
Die Moskauer Sinfoniker unter John Morgan werden auch diesen beiden Musiken vollauf gerecht und überzeugen mit differenzierten und einfühlsamen Interpretationen. Die Aufnahmetechnik steht dem in keiner Weise nach und sorgt für ein hervorragend ausgeleuchtetes, breites und tiefgestaffeltes Klang-Panorama. Das gewohnt edle Booklet präsentiert eine Biografie Malcolm Arnolds, in der die beiden vorgelegten Filmmusiken den Mittelpunkt bilden. Auch dieses Mal gilt: Der Hörer sollte eingehend lesen und sich nicht auf die Tracklistings beschränken.
Schon recht früh, im Alter von 48 Jahren, hat Malcolm Arnold der Film-Komposition den Rücken gekehrt, da ihm die von Produzenten verstärkt geforderten kommerziell verwertbaren Songs und Pop-Einflüsse nicht behagten. Was nicht bedeutet, dass er seitdem grundsätzlich nicht mehr komponiert hat. Ein verstärktes Engagement für Theater und Konzert ersetzte das in Sachen Film nachhaltig. Man mag dies bedauern, doch auch so kann der Jubilar auf mehr als 125 Spielfilm-, Dokumentarfilm- und TV-Vertonungen zurückblicken. Sicher ist hier noch manch klingender Schatz zu heben, aber auch im Bereich seiner „seriösen“ Kompositionen gibt es zweifellos ebenfalls noch manch schönes Werk, das es verdient, für den Tonträger-Markt erschlossen zu werden.
Das neue Marco-Polo-Album erweist nicht allein einem Großen der britischen Filmmusik klingende Referenz, sondern ist überhaupt eine willkommene Repertoire-Bereicherung. Das Cinemusic-Team wünscht Malcolm Arnold auch weiterhin alles Gute. Hoffentlich müssen wir nicht bis zu seinem 90sten auf die nächste vergleichbar gelungene Arnold-Film-Musik-Veröffentlichung warten.