Cinderella, die Disney-Adaption der französischen Variante des im deutschen Sprachraum als „Aschenputtel“ oder auch „Aschenbrödel“ geläufigen Märchens, ist nun ebenfalls in High Definition als „Diamond Edition“ auf Blu-ray erhältlich. Damit ist Disney, zumindest nach den Maßstäben von Cinemusic.de, mit dem Übertragen seiner zuvor nur auf DVD erhältlichen wahren Filmklassiker (die aus den Jahren zwischen 1938 und 1959 stammen) ins HD-Format, am Ende angelangt.
Nach dem mit aller technischen wie kreativen Finesse ausgeführten Bambi (1942), der trotz Kriegseintritts der USA noch vollendet worden war, musste Disney kürzer treten, sich mit den eher kargen Gegebenheiten und Restriktionen der Kriegsjahre arrangieren. Dafür stehen Saludos Amigos (1943), Drei Caballeros (1944), Make Mine Music (1946), Fun and Fancy Free • Fröhlich, Frei, Spaß dabei (1947) sowie Melody Time • Musik, Tanz und Rhythmus (1948). Hierbei handelt es sich sämtlich um sogenannte „package pictures“: Das sind Produktionen, die keine größere zusammenhängende Geschichte erzählen, sondern aus einer Aneinanderreihung diverser kürzerer Zeichentrickfilmeinlagen bestehen, also mehr oder weniger auf eine abendfüllende Sammlung von Cartoons hinauslaufen.
Cinderella erhielt gegenüber den ebenfalls in Vorbereitung befindlichen Projekten, Alice im Wunderland (1951) und Peter Pan (1953), den Vorrang und wurde schließlich für Disney — wie andere Filme in ähnlich kritischen Situationen schon mehrfach zuvor — zum die Existenz sichernden großen Erfolg. Auch wenn der Film mit der bis in Details so faszinierend ausgeführten technischen Perfektion seiner Vorgänger nicht mehr mithalten kann, die ehedem so erstklassige 3D-mäßige Plastizität der mit Hilfe der Multiplantechnik erzeugten Bilder hier, ähnlich wie bei Dumbo (1941), fast komplett verschwunden ist. Die vergleichbar liebevoll wie Schneewittchen (1937), Dumbo (1941) oder auch Susi und Strolch (1956) gestaltete und mit so ungemein charakteristischen Figuren bevölkerte Disney-Adaption des Märchenstoffes besitzt immer noch weitgehend zeitlosen Charme.
Auch weiterhin gilt das bereits zur immer noch respektablen 2005er Doppel-DVD „Special-Edition“ zum Film Geschriebene. Und das gilt ebenso für die seinerzeit ebenfalls vorgestellten Direct-to-Video-Fortsetzungen Cinderella 2 — Träume werden wahr (2000) und Cinderella 3 — Wahre Liebe siegt (2007), die beide jetzt ebenfalls erstmalig als BD verfügbar sind und außerdem zusammen mit dem 1950er Klassiker als Tripel-Set angeboten werden. Und so versteht sich auch dieser Artikel in erster Linie als technische Aktualisierung — neudeutsch „Update“ — zur Cinderella-Trilogie.
Cinderella von Blu-ray erstmalig im Glanz von HD
In der HD-Präsentation hat Disney wiederum ganze Arbeit geleistet. Cinderella, jetzt hochauflösend, hinterlässt insbesondere beim Bild einen erstklassigen Eindruck. Wie seine Vorgänger erscheint auch dieser mittlerweile rund 60 Jahre alte Zeichentrick-Klassiker in HD eben doch noch ein — eben das entscheidende — Stück brillanter. Nur einzelne, kurze Einstellungen sind etwas softer und weniger detailliert. Insgesamt bestimmen ein ausgewogenes Kontrastverhältnis im Verbund mit vorzüglicher Schärfe, leuchtenden Farben, solidem Schwarzwert sowie ausgeprägtem Detailreichtum den vorzüglichen Gesamteindruck. Auch im vorliegenden Fall ist bemerkenswert, wie sich das gegenüber der bereits feinen 1995er-US-Laser-Disc-Edition bereits merklich aufpolierte Bild der 2005er DVD-„Special-Edition“ in der aktuellen HD-Ausgabe jetzt nochmals eindeutig verbessert hat.
Auch für Cinderella gilt das, was für sämtliche Produktionen Gültigkeit besitzt, die vor Einführung der Breitwandverfahren entstanden. Der Film sollte in seinem originalen Format (1 : 1.37) belassen und auf den modernen 16:9-TV-Geräten nicht (!) formatfüllend aufgeblasen werden. Wer sich an den seitlichen schwarzen Balken seines Breitbild-TVs stört, der teste „Disney-View“, das die Balken passend zum jeweiligen Bild gemäldeartig grafisch auffüllt.
Akustisch haben Cinderella und ihre drolligen tierischen Freunde gegenüber der älteren, bereits soliden DVD-Ausgabe ebenfalls noch ein kleines Stückchen zugelegt. 1951 wurde der Film unter anderem in der Oscar-Kategorie „Bester Tonschnitt“ nominiert. Auf der Box ist zwar DTS-HD-7.1 vermerkt, aber bei Tonmaterial aus dieser Zeit steht zum Abmischen nur Mono zur Verfügung. Dass sich daraus nun einmal kein echter Super-Surround-Sound basteln lässt, liegt auf der Hand. Nun, auch hier haben die Toningenieure trotz aller Einschränkungen geschickt an den Reglern gewerkelt und neben einer Portion Hall das Klangbild punktuell recht nett nachträglich „stereofonisiert“, indem durch unterschiedliche Pegel auf den einzelnen Kanälen räumlich gerichtete Toneffekte à la „Perspecta Stereo“ erzeugt worden sind.
Bei den Boni ist die vorliegende Cinderella BD zwar zweifellos sehr solide, aber, angesichts der zuvor für Ausgaben der Top-Kategorie „Diamond-Edition“ gemachten üppigen Versprechungen, im Umfang doch etwas bescheiden geraten. Diese Aussage gilt insbesondere im Vergleich zum gegenwärtigen Diamond-Edition-Leuchtturm: der 2010er Edition zu Die Schöne und das Biest. Aufbauend auf den guten „Klassischen DVD-Extras“ der 2005er Ausgabe, die natürlich „nur“ in SD vorliegen, sind die zusätzlichen neuen HD-Features mit einem Gesamtumfang von rund 30 Minuten sehr überschaubar. Zum eigentlichen Thema, dem 1950er Disney-Cinderella-Film, bringen sie zudem punktuell zwar Nettes, aber eben nichts essenziell Neues. Der als Storyboard-Entwurf erst jüngst aufgefundene Entwurf eines alternativen Anfangs ist nett, aber nicht umwerfend. Bei „Eine Cinderella Story: Der Zauber des gläsernen Schuhs“ (ca. 10 min.) handelt es sich um einen Kurzfilm, in dem der Designer Christian Loutoutin seine Version des im Märchen eine entscheidende Rolle spielenden gläsernen Schuhs präsentiert. „Die echte gute Fee“ (ca. 12 min.) porträtiert die der Animation der guten Fee als Vorlage dienende Realfigur, und in „Das Geheimnis der Magie: Ein neues Disney Princess Fantasyland“ (ca. 8 min.) geht es um das Schloss des Prinzen, welches ja seit langem auch als Logo sämtliche Disney-Filme einläutet und daher breitesten Schichten von Disney-Freunden zumindest unterschwellig geläufig ist.
Außerdem ist noch der rund 6-minütige Fortsetzungskurzfilm zum sehr ansehnlichen 2011er 3D-Animationsabenteuer um Rapunzel 3D — Neu verföhnt zu sehen: Verföhnt, verlobt, verheiratet. Es geht um die im Kinofilm am Schluss im Raum stehende Hochzeit von Rapunzel und Flynn. Hierzu gilt: Nett anzuschauen, aber was hat dies denn nun eigentlich noch mit Cinderella zu tun? Nun, wenn es um Werbung geht, war man bei Disney schon immer einfallsreich: Dort ist dieses Segment nämlich in der Kategorie platziert „Prinzessinnen-Videoclips aus klassischen Disney Prinzessinnen-Filmen“ platziert, wie Cinderella, Schneewittchen, Arielle, die Meerjungfrau, Mulan etc. Alles klar?
Abgesehen von der 1992 neu gefassten rund drei minütigen Einleitung, ist bei Cinderella durchgehend die Originalsynchronisation von 1950 intakt. Zwar wäre es sinnvoll gewesen, den zweifellos erheblich stimmigeren Originalprolog ebenfalls zugänglich zu machen. Ob man sich allerdings über dessen Nichtvorhandensein nun wieder derart erregen muss, wie verschiedentlich in Kommentaren im Internet nachzulesen, erscheint mir angesichts einer ansonsten doch mehr als nur zufriedenstellenden Gesamtbilanz ein Stück überdramatisiert.
Cinderella II & III ebenfalls in HD
Auch die recht ansprechend geratenen beiden Direct-to-Video-Fortsetzungen Cinderella 2 — Träume werden wahr und Cinderella 3 — Wahre Liebe siegt (s. o.) haben insbesondere visuell deutlich zugelegt. Beide Filme sehen nun noch deutlich knackiger aus, was der merklich plastischer erscheinenden und auch detailfreudigeren Animation von Cinderella 3 zusätzlich zum dezenten Vorteil gereicht. Ebenso tadellos schneidet auch die nun ebenfalls hochauflösend, in DTS-HD 5.1, vorliegende Audio-Seite der Produktion ab. Beide jeweils knapp 75 Minuten umfassenden Filme sind dazu kostensparend als Kombipack auf einer BD vereint. Hinzu kommen für die als (Haupt-)Zielpublikum anvisierten Kleinen noch eine handvoll kindgerechter Boni: „Eine Prinzessin werden — Edition 1 & 2“, „Der Zauber der Musik“ sowie das Musikvideo „Put It Together“.
Alles in allem handelt es sich hier um eine ansprechende Ergänzung zum Klassiker aus dem Jahr 1950. Diese Aussage gilt ganz besonders für Cinderella 3, der für einen dritten Aufguss sogar überraschend pfiffig geraten ist. Davor mag man nicht nur die lieben Kleinen beruhigt parken, dabei dürfte auch so mancher Erwachsener bereitwillig sitzen bleiben und angenehm unterhalten werden.
Fazit: Nun sind also auch Cinderella sowie ihre so liebenswerten tierischen Freunde und Helfer im HD-Zeitalter angekommen. Neben dem 1950er Original gilt dies auch für die beiden Direct-to-Video-Fortsetzungen, die übrigens zusammen auf einer BD vereint sind. Ähnlich wie bereits die zuvor in HD erschienenen Filme der Cinemusic.de-Kategorie „Disneys wahre Zeichentrick-Klassiker“, erstrahlt jetzt auch der nunmehr rund 60 Jahre alte Cinderella fast durchgehend in perfektem, neuem Glanz. Und das gilt im Rahmen der durch relativ alte Schallaufzeichnungen gesetzten Grenzen ebenso für die behutsam aufgepeppte deutsche Tonspur, auch wenn der Original-Prolog durch die wenig glückliche 1992er Neufassung ersetzt worden ist. Einzig bei den Extras wird diese so genannte „Diamond-Edition“ der Verpflichtung ihres Namens nicht voll gerecht. Alles in allem kann sich die Bilanz aber trotz dezenten Schwächelns unterm Strich durchaus sehen lassen. Dabei vermag Cinderella gerade beim praktisch durchweg Referenzqualität beinhaltenden Bild in besonderem Maße zu punkten.
Zur Erläuterung der Wertungen lesen Sie bitte unseren Hinweis zum Thema „Blu-ray-Disc versus DVD“.
Dieser Artikel ist Teil unseres Spezialprogramms zum Jahresausklang 2012.
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