Für Korngold wurde die Arbeit am Sommernachtstraum die Grundlage seiner Hollywood-Karriere. Im Gegensatz zu Reinhardt, dessen Stern zum Zeitpunkt der Sommernachtstraum-Produktion bereits zu sinken begann, gehörte Korngold nach der Besetzung österreichs im Jahr 1938 zu den Emigranten, die mit Kusshand in Amerika aufgenommen wurden. Die Sommernachtstraum-Verfilmung wurde trotz Kritikerlobes an der Kinokasse eine Enttäuschung; auch Devotion ließ bereits im Verlauf der Produktion 1942/43 einen Flop erahnen und erschien darum erst 1946 kurzzeitig in den US-Kinos. In Deutschland wurde das verunglückte Vehikel über das Leben der Brontë-Schwestern, von deren Büchern bei uns „Wuthering Heights“ und Jane Eyre bekannt sind, bislang nicht gezeigt. Speziell hier ist es die herrliche Musik Korngolds, die beweist, welch gute Musik mitunter für schlechte Filme komponiert wurde. Dem Hörer präsentiert sich ein kleiner Kosmos der Stimmungen, die diese „Oper ohne Worte“ durchläuft, und kein Detail der raffinierten, glitzernden Instrumentierung geht in der vorliegenden Neuaufnahme verloren. Die expressiven Harmonien von Emilys Todesmusik erinnern an Korngolds Oper „Das Wunder der Heliane“.
Korngold arbeitete an der Musik für Devotion insgesamt vier Monate. Für das Ausarbeiten der Mammut-Partitur – es entstanden immerhin rund 100 Minuten Musik – blieben dabei aber nur gut sechs Wochen übrig. Die Hauptmenge der Restzeit entfiel auf das Durchsehen der Orchestrierungen neben gut drei Wochen für die Aufnahmesitzungen. Erschwerend kam noch hinzu, dass Korngolds bevorzugter Orchestrator Hugo Friedhofer dieses Mal nur begrenzt zur Verfügung stand, so dass die Arbeit auf nicht weniger als sechs (!) verschiedene Orchestratoren verteilt werden musste. Dass trotzdem eine völlig homogene Partitur ohne Brüche von bester Qualität entstand, ist zusätzlich überaus bemerkenswert. Dies ist zum einen Beleg dafür, wie gut Korngold es offenbar verstand, seine Klangvorstellungen dem jeweiligen Orchestrierer herüber zu bringen; zum anderen zeigt es auch, welch hohes Maß an Disziplin und Professionalität diese wichtigen Männer des „Zweiten Gliedes“ besaßen.
Die Booklet-Texte, in beiden Fällen von Brendan G. Carroll, einem versierten Korngold-Biographen verfasst, bieten faszinierende Blicke hinter die Kulissen der Filmproduktionen und detaillierte Einblicke in die Struktur der Kompositionen, die auch für den Laien gut verständlich abgefasst sind.
Fazit: Beide Einspielungen sind sowohl technisch wie interpretatorisch von hohem Rang und eine Bereicherung nicht nur für den Freund Korngoldscher Musik. Vielleicht hätte „cpo“ die verbleibenden immerhin zwanzig Minuten Restkapazität der CD zumindest teilweise nutzen können und noch ein wenig mehr interessante Musik aus den ca. zwei Stunden Material der Midsummer-Night´s-Dream-Musik einspielen können. Trotz dieser kleinen Einschränkung gebe ich eine dicke Empfehlung. Desgleichen (schon fast selbstverständlich) für die wieder einmal superb produzierte Marco-Polo-CD.
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