Tim Burton, film: 5

Geschrieben von:
Michael Boldhaus
Veröffentlicht am:
6. Juli 2000
Abgelegt unter:
Lesen

Interessantes für den Kinofreund bieten die Bücher der Reihe „film“ des Bertz-Verlages, die sich vorwiegend mit dem Schaffen jeweils eines bekannten Regisseurs befassen. Mir lagen hiervon „film: 5, Tim Burton“ und „film: 7, Alfred Hitchcock“ vor. Verschiedene Merkmale der beiden Titel sind identisch – was wohl auch für die übrigen Titel dieser Reihe zutreffen dürfte.

Beide Bücher bestehen aus Essays, die beim Burton-Buch zwei und im Hitchcock-Buch 50 Autoren zu thematischen Begriffen verfasst haben. Diese sollen den Titel gebenden Regisseur und sein Filmwerk umfassend charakterisieren. Zwangsläufig sind von einem Team geschriebene Bücher nicht so homogen, wie wenn nur ein Autor verantwortlich ist. Nicht immer gefiel mir der Stil, und auch alle Erklärungen und Schlüsse des jeweiligen Schreibers vermochten mich nicht in jedem Fall zu überzeugen. Insgesamt sind die Texte aber weitgehend stimmig, interessant und gut lesbar, der Gesamteindruck ist daher generell positiv. Besonders hervorstechend sind die vielen schwarz-weißen Filmbilder, insgesamt etwa 500 bei Burton und rund 1700 bei Hitchcock, die sogar überwiegend im originalen Kino-Format präsentiert werden. Ungewöhnlicherweise werden nicht nur ganze Szenenabläufe minutiös wiedergeben, sondern auch der visuellen Gestaltung der Rollentitel ist Raum eingeräumt worden – eine Liebe zum Detail, die in derartigen Veröffentlichungen selten zu finden ist! Eine sorgfältig recherchierte und detaillierte Filmografie und eine Bibliografie schließen beide Bücher ab.

Dirk Schaefers und Helmut Merschmanns Essay über den Regisseur Tim Burton wird nicht zuletzt dank des Erfolges von Burtons jüngstem Filmwerk Sleepy Hollow viele Leser besonders interessieren. Burton dürfte unter den gegenwärtigen Filmschaffenden zu denjenigen gehören, dessen Filme einen stark ausgeprägtem Personalstil haben und thematisch ungewöhnlich geschlossen sind. Dies ist schon ein wenig überraschend, da Burton das Regiefach nicht an der Akademie gelernt, sondern sich durch die Arbeit am Set schrittweise erworben hat – hier gibt es eine interessante Parallele zum ebenfalls nicht klassisch ausgebildeten „Hauskomponisten“ Danny Elfman, der für Burton schon frühzeitig breitorchestral komponierte.

Offenbar faszinieren Burton Schauermärchen und Gespenstergeschichten. Seine Filme sind daher alle von skurrilen Typen bevölkert, und einige faszinieren geradezu durch ihre eigenwillige Bildästhetik. Der Autor zeichnet Burtons Werdegang ausführlich nach, beschreibt dabei eingehend die Filme und spart auch interessante Informationen und Begebenheiten, die das Umfeld der Titelfigur betreffen, nicht aus. So entsteht für den Leser ein facettenreiches Bild dieses Regisseurs und seines filmischen ŒŒuvre. Dass ein ganzes Kapitel der Filmmusik und damit zwangsläufig hauptsächlich Burtons Hauskomponist Danny Elfman gewidmet ist, dürfte Cinemusic-Leser besonders freuen. Dirk Schaefer, der dieses Kapitel verfasste, stellt lesenswerte Zusammenhänge zwischen den Filmszenen, der Musik sowie der Zusammenarbeit beider Künstler her; und er zeigt darüber hinaus die vielfältige Verbundenheit mit dem klassischen Kino-Sound in Elfmans Filmmusik auf. Wohl durch den Redaktionsschluss-Termin begründet, konnte leider die pfiffige Tonschöpfung zu Sleepy Hollow nicht mehr berücksichtigt werden. Gerade hier hat der vormalige Dilettant Elfman jedoch die Mängel seiner früheren Kompositionen wie der im Buch umfassend beschriebenen zum Film Batman weitgehend überwunden. Erfreulicherweise wird der Regisseur aber nicht zur allein alles überragenden Künstlerpersönlichkeit verklärt, vielmehr wird die kollektive Originalität seiner späteren Filme in einem eigenen Kapitel besonders herausgearbeitet – denn wo Burton draufsteht ist längst nicht nur Burton drin! Auch dies macht „film: 5“ zu einem gelungenen Buch.

Erschienen
2000
Seiten:
191
Verlag:
Bertz Verlag
Kennung:
3-929470-75-6
Zusatzinfomationen:
€ 15,90 (D)

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