Fantasia 2000

Geschrieben von:
Michael Boldhaus
Veröffentlicht am:
16. Juli 2000
Abgelegt unter:
CD

Score

(4/6)

Die sieben für Fantasia 2000 neu hergestellten Episoden basieren auf teilweise bereits in den Vierzigern skizzierten Ideen: Ein Kondensat des ersten Satzes aus Beethovens Fünfter Sinfonie verwendet diese „absolute“ Musik, um abstrakte Formen und Farbkombinationen zu illustrieren, vergleichbar mit dem Segment „Toccata und Fuge“ von Bach, das den 1940er-Fantasia eröffnete; zwei Teilsätze aus Respighis Tondichtung „Römische Pinien“ erklingen zu einem fantastischen Flug dreidimensional computeranimierter Wale; Bruce Broughton arrangierte eine Kurzfassung von Gershwins leicht jazziger „Rhapsodie in Blau“ zu einer stilistischen Hommage an den Karikaturisten Al Hirschfeld — das Segment ist ein zeichnerisch bewusst zweidimensional „flach“ angelegter ironischer Blick auf den Alltag von Bewohnern Manhattans in den „Goldenen Zwanzigern“; Hans Christian Andersens Märchen vom Standhaften Zinnsoldaten — eine schon in den Vierzigern skizzierte Idee — dient zur Kombination von Computeranimation und handgemalten Bewegungen: Das witzig-freche Allegro aus Dmitri Schostakowitschs Zweitem Klavierkonzert bildet den dazu passenden musikalischen Hintergrund; zu Camille Saint-Saëns aus dem bekannten „Karneval der Tiere“ experimentiert eine Gruppe Flamingos drollig mit einem Jo-Jo; die berühmte klassische Episode mit Micky Maus als Zauberlehrling (mit der gleichnamigen Tondichtung von Paul Dukas) ist in Bild und Ton vollständig digital restauriert und bearbeitet übernommen worden — was zur interessanten Demonstration der Leistungsfähigkeit der gegenwärtigen Technik werden dürfte; wo Micky Maus seine Scherze treibt, ist auch Donald Duck meist nicht weit: Zu einem musikalischen Feuerwerk der Highlights aus den vier „Pomp-and-Circumstance“-Märschen von Edward Elgar überwacht Donald, ob auf Noahs Arche alles mit rechten Dingen zugeht; zum Finale gibt es eine kondensierte Fassung des „Feuervogel“-Balletts von Igor Strawinsky in einer fantastischen Geschichte über den ewigen Kreislauf von Tod und Leben in der Natur.

Ob auch Fantasia 2000 das Zeug dazu hat, ein ähnlich überzeugendes Gesamtkunstwerk der Farben, Formen und der Musik zu werden wie das Original, wird erst das Live-Erlebnis offenbaren: Warten wir’s ab.

Die Fantasia-2000-CD präsentiert die im Film verwendeten klassischen Musikstücke — den Zauberlehrling gibt es hier allerdings in einer Neueinspielung. Die nicht für diesen speziellen Zweck komponierten Originalstücke wurden jeweils von einem versiertern und einfühlsamen Arrangeur bearbeitet, um die „in Ansätzen“ geeigneten Vorlagen „richtig bildwirksam“ zu machen: Hierzu waren (mehr oder weniger) deutliche Eingriffe in Länge und Tempi erforderlich und auch die Instrumentierung musste gelegentlich „aufgepeppt“ werden. An einem derartigen Ansatz scheiden sich zwangsläufig die Geister: Ich schätze die „Originale“ ebenfalls, bin aber trotzdem der Meinung, dass die Kritik hier zu hart ist und halte die Einstellung Leopold Stokowskis, der klassische Musik breiten Bevölkerungsschichten nahe bringen wollte, für gerechtfertigt. Warum sollen gekonnt durchgeführte Eingriffe in Originalkompositionen nicht als Auslöser und Multiplikator für die Lust auf ein „Mehr an Klassik“ dienen dürfen? Ein „André Rieu“ war hier nicht am Werke, und immerhin hat sich ein Meister-Dirigent wie James Levine bereit gefunden, die musikalische Leitung zu übernehmen. Mir hat das (mehrmalige) Anhören des „Musikalischen Buffets“ durchaus Spaß gemacht, zumal das Ganze mit mehr als nur einem (hörbaren) Augenzwinkern angerichtet worden ist.

Fazit: Fantasia 2000 muss zeigen, ob ein Anknüpfen an den Klassiker Fantasia von 1940 gelungen ist. Die Pressematerialien sehen zumindest viel versprechend aus. Die vorliegende CD mit ihren zum Teil neu arrangierten klassischen Musikstücken von Beethoven bis Schostakowitsch ist ein sehr unterhaltsamer musikalischer Spaß und dazu vielleicht Anregung, sich auch die Originale einmal komplett anzuhören.

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Mehrteilige Rezension:

Folgende Beiträge gehören ebenfalls dazu:


Komponist:
Diverse

Erschienen:
2000
Gesamtspielzeit:
60:20 Minuten
Sampler:
Disney (edel)
Kennung:
0105582DNY
Zusatzinformationen:
Chicago SO, J. Levine

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