Ende der siebziger Jahre äußerte der Dirigent und Begründer der RCA-Classic-Film-Score-Serie, Charles Gerhardt, in einem Interview zu Peyton Place • Glut unter der Asche (1957): „… Diese Musik zeigt Waxman von seiner besten Seite als 20th-Century-Fox-Romantiker …“. In der Tat, es handelt sich wohl um eine von Waxmans schönsten und auch melodisch besonders stark inspirierten Kompositionen. Für mich waren die wiederveröffentlichte Film-LP seit ihrem Erscheinen im Jahr 1979 zusammen mit Prince Valiant • Prinz Eisenherz (1954) in der Gerhardt-Version die viel gehörten Top-Favoriten Waxmanscher Filmmusik.
Der von Mark Robson für die Fox-Studios inszenierte Film über den zeitlichen Wandel von Moral und Lebenseinstellung, erzählt am Beispiel einer Kleinstadt in Neuengland in den späten dreißiger Jahren, hat eine literarische Vorlage. Das gleichnamige Buch von Grace Metalious war seinerzeit ein Bestseller und auch der gut fotografierte Film war sehr erfolgreich. Er zog eine Fortsetzung — Return to Peyton Place • Rückkehr nach Peyton Place (1961) — sowie mehrere Fernseh-Serien-Adaptationen nach sich.
Erst vor einigen Jahren war Peyton Place das erste Mal im deutschen Fernsehen zu sehen. Wohl aus gutem Grund, denn vermutlich hat das Opus auf die Programmplaner ähnlich antiquiert gewirkt wie auf mich. Die im Film präsentierten Generationskonflikte und so genannten sexuellen Abgründe der Story sind zwischenzeitlich von der Entwicklung überholt und wirken heutzutage eher langweilig.
Franz Waxman ließ sich für seine lyrischen Themen von der Folklore Neu-Englands inspirieren, wobei zwei Themen sogar direkt auf Volksliedern basieren. Die herrlich melodische, harmonisch wenig komplexe Komposition ist unmittelbar eingängig und tief romantisch empfunden. Es handelt sich hier um ein wahres Meisterwerk der Inspiration, Variation und Instrumentation. Bis auf zwei kürzere Abschnitte, die dissonante Passagen enthalten („The Rape“ und „Chase in the Woods“), ist die Musik lyrisch und überaus warm. Was der Komponist dem musikalischen Material an Stimmungen und dem Orchester an Klangfarben abgewinnt, kann ich nur als fantastisch bezeichnen! Das zentrale, breit ausschwingende Liebesthema ist geradezu traumhaft schön. Obwohl ein herrlicher Ohrwurm, ist es keineswegs simpel gestrickt, sondern tendiert zum edlen Kunstlied. Es wurde im 1961er Return to Peyton Place zum Song „The Wonderful Season of Love“ gestaltet und diente auch den vielfältigen weiteren Fernseh-Fortsetzungen als musikalisches Hauptthema.
Über die Einspielung des Royal Scottish National Orchestra unter der Leitung von Frederic Talgorn kann ich ebenfalls nur Positives sagen. Die überaus innig-gefühlvolle Musik wird hier ähnlich zurückhaltend interpretiert wie von Waxman selbst in der Originaleinspielung. Anders als bei z. B. Alfred Newman, dessen Interpretationen infolge ausgeprägtem Vibrato der Streicher mitunter (besonders aus heutiger Sicht) ein wenig zu gefühlsselig geraten sind, bekommt die etwas kühlere Gangart Frederic Talgorns der Peyton-Place-Neueinspielung hervorragend. Das Gefühlvolle der Komposition bleibt erhalten, ohne das „Schmalz aus den Boxen trieft“. Gegenüber dem schon vorzüglichen Plattenschnitt wurden hier noch rund zehn Minuten weiteres wertvolles Material eingespielt – und damit die Musik fast vollständig vorgelegt. Tontechnik und Booklet der Edition entsprechen ebenfalls dem Niveau dieser Varèse-Spitzenproduktion. In erster Linie bleibt über das Geschmackvolle im kitschigen Cover-Painting von Matthew Joseph Peak zu streiten.
Fazit: Die Musik zu Peyton Place ist die aktuellste Veröffentlichung aus der Serie mit Neueinspielungen klassischer Filmmusiken des Varèse-Labels. Die innig-gefühlvolle und üppig-melodische Musik liegt hier in einer herausragenden Produktion vor, die in keiner ernsthaften Filmmusik-Sammlung fehlen sollte und ist nicht nur für Waxman-Fans ein Muss. Franz Waxmans Musik ist ein zeitloses Meisterwerk und außerdem häufiger anhörbar – was selten zusammentrifft!