Die Neueinspielung der annähernd kompletten Musik zu Zulu, einem walisischen Heldenepos von 1963 mit Michael Caine, Jack Hawkins und Stanley Baker, ist dagegen um so stärker zu begrüßen. Der Film um die Verteidigung eines Kolonialstützpunktes in Natal (Südafrika) wo im Jahre 1879 ca. 100 britische Rotröcke (davon eben die meisten aus Wales) gegen 4000 Zulu-Krieger mehrere Tage standhielten, ist eine Art britisches Alamo. In der Durchhaltetendenz ist der Film sicher sehr fragwürdig, aber optisch und darstellerisch packend gestaltet und auch heute noch ein mitreißendes Beispiel für das monumentale Abenteuer- und Schlachten-Kino. Heute wird der Kinogänger mit Massen an technischen Computertricks etc. beeindruckt, damals waren es noch in erster Linie Massen an Komparsen in sorgfältig kreierten Kostümen und farbenfreudiger opulenter Ausstattung.
Für Zulu komponierte Barry eines seiner stärksten und kraftvollsten Abenteuerthemen, das im kurzen Score (insgesamt weniger als 30 Minuten Musik für, in der ungekürzten Originalfassung, gut 140 Minuten Film) zwar nur leicht variiert, dafür aber immer treffend platziert wird. Hier hat man noch den alten, unverbrauchten John Barry vor sich, der vor harschen Bläserattacken und heftig eingesetztem Schlagwerk nicht zurückschreckte. Keine Spur vom eher soften, schnell etwas langweiligen Sound der späteren Jahre. Das von Barry einbezogene, walisische Traditional „Men of Harlech“ wird vom Crouch End Festival Chorus packend intoniert und am Ende auch orchestral zitiert.
Daneben findet sich auf der Doppel-CD (in USA übrigens in abgespeckter Einzel-CD-Version veröffentlicht) noch eine recht abwechslungsreiche Kollektion in dieser Form überwiegend unveröffentlichter Themen und Suiten. Von Musik zu einem Werbespot (The Girl with the Sun in Her Hair), über den Marsch aus King Rat (ebenfalls ein interessanter Barry der Sechziger) bis zum grotesken Quacksalber Mister Moses ist durchweg ziemlich abwechslungsreiche Kost vertreten. Sanfte Popanklänge, Jazz-Inspiriertes, Streicherteppich mit neobarocken Einsprengseln à la Miss Marple bis zu episch breiten Klängen werden geboten, von differenziert zusammengesetzten, kleineren Ensembles bis hin zum großen Orchesterapparat inklusive Chor. Die beiden CDs entwickeln so ein deutlich vielseitigeres Barry-Porträt als die übrigen Kompilationen auf dem Markt.
Erfreulicherweise gibt´s hier auch nicht manch platte Wiederholung bereits anderweitig veröffentlichten Materials, sondern man bekommt, wie z. B. in The Last Valley eine andere Fassung (hier die originale Chorversion des epischen Hauptthemas) geboten, oder bislang wenig bekannte Stücke (z. B. „Florida“ aus Midnight Cowboy) zu hören.
Beide Alben werden von den Prager Sinfonikern unter Nic Raine ansprechend interpretiert. Auch die Tontechnik hat sehr gut gearbeitet. Besonders die Zulu-Suite hat viel Drive und echte HiFi-Power: ein echtes Demostück für die Heimstereoanlage. Ansprechende, informative Booklets sind beiden Alben beigelegt. Da es die Silva Doppel-CDs immer zu einem günstigen Paketpreis gibt, freut’s den Sammler. Dafür gibts dann wohlwollend, im Sinne einer großzügigen Albumwertung, volle vier Sterne.