Sea Suites: Sea Fever und Sea Power
Ein Jahr nach seiner bezaubernden Musik für die TV-Dokumentation Into the Rising Sun (1998) erschienen zwei weitere Arbeiten des belgischen Komponisten und Gitarristen Guy Cuyvers auf CD. Sein zweites Album mit dem Titel „Sea Suites“ kombiniert die beiden jeweils etwa eine Viertelstunde umfassenden Musikbeiträge zu den Kurzfilmen Sea Fever (1995) und Sea Power (1999).
Sea Fever, Cuyvers’ erster Filmauftrag, thematisiert anhand stimmungsvoller Seefahrts- und Meeresaufnahmen zwei mögliche Deutungen eben jenes Begriffes „sea fever“: Das „Meeresfieber“, die Sehnsucht mancher Menschen nach dem Meer auf der einen Seite – wie es auch im zu Grunde gelegten Gedicht „Sea Fever“ (1903) von John Masefield zum Ausdruck kommt , und das „Fieber des Meeres“, die schlimmen Konsequenzen der menschlichen Eingriffe in das sensible Ökosystem Ozean auf der anderen. Die Musik hierzu zeigt, wie sehr sich Cuyvers im spätromantischen symphonischen Idiom zu Hause fühlt. Er präsentiert edle Melodien in opulenter klangsinnlicher Orchesterverbrämung, die in Teilen unleugbare Anleihen bei John Barry (im fließenden melodischen Stile von Out of Africa u. ä.) oder auch dem Jerry Goldsmith der 90er Jahre erkennen lässt.
Derselben einnehmend schönen Tonsprache bedient sich der Komponist in Sea Power. Der von einem Marinemuseum in Virginia in Auftrag gegebene Kurzfilm will sich laut Booklet-Text als „lyrisches Stück über die spirituelle und materielle Macht des Meeres“ verstanden wissen. Eine Überleitungspassage des Hauptthemas im ersten Track, „Origins“, ähnelt (wohl durch Zufall) sehr einer vergleichbaren Stelle in Jerry Goldsmiths „The Trees“ aus Medicine Man (1992). Über diese unerhebliche Gemeinsamkeit von ein paar Noten hinaus teilt dieser Track des schönen späten Goldsmith-Scores mit Cuyvers’ Sea Power aber auch den breit angelegten romantischen Gestus. Er sollte daher denjenigen, die ihn kennen, einen guten Eindruck davon vermitteln können, wie vollmundig orchestral der Belgier hier (und auch anderswo) bevorzugt zu Werke geht.
Erfreulicherweise entgeht Cuyvers der Versuchung allzu gleichförmiger (Barryesquer) Klangteppiche. Er legt großen Wert auf ausgefeilte orchestratorische Detailarbeit und lässt aus den blühenden Orchestertutti, die ihm sichtlich liegen, immer wieder reizvolle Instrumentalsoli (etwa von Cello oder Oboe) und eher kammermusikalische Episoden hervortreten.