Spider-Man 2

Geschrieben von:
Michael Boldhaus
Veröffentlicht am:
18. Juli 2004
Abgelegt unter:
CD

Score

(4/6)

Spider-Man ist zurück! Im am 8. Juli 2004 gestarteten Spider-Man 2 versucht Regisseur Sam Raimi an den großen Erfolg von Spider-Man aus dem Jahr 2002 anzuknüpfen. Mittlerweile ist der eher unscheinbare, kleine, bebrillte Peter Parker (Tobey Maguire) College-Student und schlittert durch eine Serie von Misserfolgen geradewegs in eine Identitätskrise. Infolge dessen will es ihm einfach nicht mehr gelingen, in die Rolle des Spider-Man zu schlüpfen. Besagter wird allerdings bald umso dringender gebraucht, denn ein Experiment des Fusionsforschers Dr. Otto Octavius (Alfred Molina) gerät außer Kontrolle und verwandelt jenen in Doctor Octopus, „Doc Ock“. Ausgestattet mit vier mächtigen metallenen Tentakeln — die auch eigenen Willen besitzen — wird er für Spider-Man zum praktisch ebenbürtigen Gegner und ein überaus rasantes Action-Spektakel nimmt seinen Lauf.

Die Action-Szenen sind in der Tat spektakulär und technisch — im Sinne von „echt“ — sehr überzeugend geraten. Darüber hinaus wartet Raimis Film mit (für eine Comic-Verfilmung) sorgfältig gezeichneten Charakteren auf; was ihm gegenüber manch anderem eher hohlen Action-Blockbuster deutlich mehr Tiefe und damit letztlich auch wohl mehr (dauerhaften) Charme verleiht. Neben der Auseinandersetzung mit Doc Ock muss Peter Parker alias Spider-Man nämlich auch sein Leben ordnen. Dabei geht es nicht allein um sein bittersüßes Verhältnis zu Mary Jane Watson, die sich mittlerweile enttäuscht einem anderen zugewandt hat, sondern auch um seinen Freund Harry Osborn, der Spider-Man für den Tod seines Vaters verantwortlich macht. Und natürlich ist auch Parkers schrullig-grantiger Chef beim „Daily Bugle“, verkörpert von Jonathan Kimble Simmons, wieder mit von der Partie und sorgt für Schwierigkeiten. Alles in allem ist der Mix aus Action- und Charakterkomödie sehr gut und unterhaltsam gelungen, und das gilt ebenso für die Musik von Danny Elfman.

Bereits zum 21. Juni erschien — ähnlich wie seinerzeit zum ersten Film — eine rockige Song-Kompilation der Marke „Music from and inspired by the Movie“. Der Silberling bietet ordentliche Kost populärer Bands, beispielsweise der australischen Retro-Rocker Jet und der kalifornischen The Ataris sowie von Dashboard Confessional. Dass davon nur insgesamt drei Titel überhaupt im Film zu finden sind, ist bei derartig konzipierten Alben kein Novum. Den Abschluss bilden immerhin rund 8 Minuten aus Elfmans Musik. Die beiden Tracks sind aus dem Material des Score-Album-Schnitts nett montiert worden und präsentieren in stark komprimierter Form ein paar Schnupper-Highlights. Möglicherweise sind diese für diejenigen, die primär an Songs interessiert sind, sogar völlig ausreichend, vielleicht machen sie aber auch neugierig auf mehr …

Erschien das Score-Album zum ersten Film erst mit einiger Verzögerung, sind die Filmmusikfreunde hierzulande dieses Mal sogar gegenüber den USA begünstigt: dort erscheint die CD nämlich erst am 20. Juli, während sie bei uns bereits seit dem 5. Juli erhältlich ist. Das vorliegende Score-Album präsentiert Elfmans Musik (ähnlich dem zum ersten Film) im Rahmen eines rund 45-minütigen Albumschnitts. Christopher Young und John Debney sind für einige in letzter Minute umgeschnittene Szenen hinzugezogen worden, da Elfman keine Zeit hatte, seine Musik neu anzupassen. Das vorliegende Album enthält allein Musik von Elfman. Beim langen Track „Train/Appreciation“ handelt es sich möglicherweise um die komplette ursprünglich für diese große Action-Szene des Films vorgesehene Musik.

Natürlich verwendet der Komponist die Themen und Motive aus dem ersten Teil erneut — und der Spider-Man 2 eröffnende Main Title ist sogar dem des ersten Films besonders ähnlich. Hier begegnen dem Hörer wiederum sowohl das Thema für Peter Parker als auch das heroische Thema für den Spinnenmann. Infolge der Identitätskrise Peter Parkers und des damit verbundenen Unvermögens, Spider-Man zu sein, ist das dem Superhelden zugeordnete Heroenthema im Score (stimmig) geraume Zeit nicht präsent. Besonders überzeugend gelungen ist die musikalische Charakterisierung des Dr. Otto Octavius alias Doc Ock. Wie sein Gegenstück Spider-Man besitzt auch Octavius eine gespaltene Persönlichkeit und erhält dementsprechend zwei Motive zugeordnet: eine absteigende Tonfolge für den seriösen Octavius und ein überaus witziges 8-Noten-Motiv für den Bösewicht Doc Ock. Das rhythmisch stampfende, in marschähnlicher Umgebung auftauchende Doc-Ock-Motiv besteht aus jeweils zweimal zwei langen Noten (für die vier wuchtigen metallischen Tentakel) und wiederum zweimal zwei kurzen Noten (für die vier humanoiden Gliedmaßen). Das ist witzig und originell zugleich, weil Elfman den Tentakelmann tonmalerisch ungemein plastisch beschreibt und damit in modern-raffinierter Spiegelung zugleich dem „Mickey-Mousing“ des Golden Age Reverenz erweist. Interessanterweise erklingen verschiedentlich beide Motive in Folge — was auch im Verlauf der Filmhandlung durchaus Sinn macht.

Natürlich bleibt Elfman auch ansonsten rhythmische Power nicht schuldig. Die bildgewaltigen Action-Passagen stattete er mit seinem bekannten energiegeladenen Mix aus Orchestralem, Elektronik und Chor-Vokalisen aus, wobei er auch mit dem musikalischen Material gut arbeitet. Und wenn in „The Goblin Returns“ der Geist von Harry Osborns Vater (dem Bösewicht des ersten Films) von seinem Sohn Besitz ergreift, tritt auch wieder das Goblin-Thema hervor. Die besonders ruhigen Teile der Filmmusik bilden die für die Beziehung von Peter und Mary Jane stehenden Passagen. Es handelt sich dabei um eine Art „Love Music“, die zwar wieder erkennbar (und damit zugeordnet werden kann), aber eben kein wirkliches Liebesthema ist. Nun, vielleicht überrascht uns der Komponist ja in Spider-Man 3 mit einem solchen.

Somit ist auch das Sequel-CD-Album zum Abenteuer des Spinnenmannes, Spider-Man 2, energiegeladen und überhaupt sehr unterhaltsam geraten; eine insgesamt runde Sache, die nicht nur spielzeitmäßig, sondern auch qualitativ mit dem Album zum ersten Spider-Man-Film gleichauf liegt. Der das Album beschließende berühmte Burt-Bacharach-Film-Song aus Zwei Banditen (1968), „Raindrops keep fallin’ on my Head“, ist nur eine nostalgisch-nette, aber zugleich unbedeutende Zugabe, die stilistisch zudem ziemlich aus dem Rahmen fällt.


Mehrteilige Rezension:

Folgende Beiträge gehören ebenfalls dazu:


Komponist:
Elfman, Danny

Erschienen:
2004
Gesamtspielzeit:
48:01 Minuten
Sampler:
Sony
Kennung:
517841

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