The Chronicles of Narnia: The Lion, the Witch and the Wardrobe

Geschrieben von:
Michael Boldhaus
Veröffentlicht am:
20. Januar 2006
Abgelegt unter:
CD

Score

(2.5/6)

The Chronicles of Narnia: The Lion, the Witch and the Wardrobe

Ein „Herr der Ringe“ für die Kleinen! So kann man den am 8. Dezember 2005 in den deutschen Kinos gestarteten ersten Teil des Narnia-Epos trefflich bezeichnen. The Lion, the Witch and the Wardrobe • Der König von Narnia basiert auf dem ersten der insgesamt sieben Bände der Fantasy-Reihe von C. S. Lewis „Die Chroniken von Narnia“. Weniger präzise und detailliert ausgelotet als das Szenario von Tolkien, führt das Narnia-Epos in eine merklich simplere, kindgerechte Fantasywelt, in der selbst die in großen Schlachten ausgetragene Auseinandersetzung zwischen Gut und Böse (zugleich Disney-typisch) ohne sichtbares Blut ausgetragen wird. Narnia entpuppt sich dabei als eine Art Paralleluniversum zum England in der Frühphase des Zweiten Weltkriegs. Die häufigen Spiegelungen christlicher Erlösungsmystik sind dabei aber nicht das Einzige, das mich irritierte. (Aber ich habe ja auch den vom Autor anvisierten Altersbereich – von fünf bis 50 – bereits ein wenig überschritten.) Mit der Regie wurde Andrew Adamson betraut, der originellerweise, wie Peter Jackson, Neuseeländer ist. Adamson debütierte 2001 mit dem reizenden Shrek • Der tollkühne Held.

Die Buena Vista-Werbung preist Die Chroniken von Narnia blumig als die größte Disney-Produktion aller Zeiten an. Dies verschaffte Harry Gregson-Williams nach Königreich der Himmel eine weitere Gelegenheit, ein groß angelegtes Film-Epos zu vertonen, wobei man erwarten würde, dass die Aussicht auf Fortsetzungen besonders reizvoll und beflügelnd wirkt. Qualitativ sticht Gregson-Williams’ Narnia-Vertonung allerdings deutlich von ihrem Vorgänger ab. Das Gebotene ist zwar keineswegs einfach schlecht gemacht, aber es bietet kaum Prägnanz, wirkt wenig inspiriert. Für die im klassischen Kinostil gehaltene Erzählweise ist die Musik m. E. auch etwas sehr modern, im Sinne von poppig und (ehedem) Media-Ventures-lastig, geraten.

Zumindest die aufgebotenen Kräfte können nicht als bescheiden eingestuft werden. So sind in den partiell recht massiven Chorpassagen neben dem Sylvia Young Theatre School Choir ein weiteres Mal vertreten: The Bach Choir sowie The Choir of The Kings Consort. Neben einem Light-Feeling zu den Herr-der-Ringe-Vertonungen ist hier aber ausgeprägte Nähe zur Zimmerschule und entsprechend Poppiges unüberhörbar, wobei im weltmusikalischen Anstrich auch der mittlerweile arg strapazierte Duduk mit von der Partie ist. Und vergleichbar wie beim derzeit jüngsten Potter-Score auf Tonträger, Harry Potter und der Feuerkelch, versucht man offenbar auch hier, dem anvisierten Zielpublikum über eine angehängte Kollektion Popsongs (dieses Mal sogar insgesamt vier) die Sache noch schmackhafter zu machen. Zwar ist das hier am Schluss des Albums versammelte Song-Quartett keinesfalls derart anachronistisch geraten wie im Falle Potter, über ein akzeptabel komme ich hier aber ebenfalls nicht hinaus. Die Songs in den Herr-der-Ringe-Scores wirken demgegenüber deutlich organischer und sind in den Kontext der jeweiligen Musik vorzüglich integriert.

Und auch im Score-Anteil von rund 55 Minuten findet sich weder Aufregendes noch Mitreißendes. Zwar sind die Mars-Anklänge im Eröffnungsstück, „The Blitz 1940“ – zur Bombardierung Londons durch die deutsche Luftwaffe –, nicht penetrant geraten, aber es ist letztlich doch „nur“ ein recht beliebiger Zimmer-Abklatsch. Zwischendrin vermag die CD durchaus eine Reihe ansprechender Momente zu präsentieren. Die zur Charakterisierung eingesetzten Themen sind allerdings ebenfalls nur passabel; als markant und prägnant können sie nicht bezeichnet werden. Und da infolge der Unscheinbarkeit des Musikmaterials auch nach mehrmaligem Hören nur wenig in Erinnerung bleibt, dominiert trotz manch hübsch orchestrierter Passage letztlich eine gewisse Blässe. Besonders im Hinblick auf Fortsetzungen bin ich, was die Ausbaubarkeit dieses ersten Kompositionsentwurfs angeht, doch sehr skeptisch – ein Eindruck, der auch durch einen Filmbesuch nicht abgeschwächt werden konnte. Dass hier eine Serie zusammengehöriger Scores ihren Anfang genommen hat, die auch nur annähernd (!) mit den Kompositionen zu den Filmsagas Lord of the Rings oder gar zu Star Wars wird mithalten können, erscheint mir gar völlig utopisch.

Als ordentliches Souvenir zum Film funktioniert das in Teilen durchaus gefällige Album zum ersten Narnia-Film aber in jedem Fall. Wertungstechnisch schwankte ich bis zuletzt zwischen zweieinhalb und „noch“ drei Sternen. Die etwas strengere Position erscheint mir letztlich aber doch, auch in Relation zum wesentlich gelungeneren Königreich der Himmel, angemessener.

Erschienen:
2005
Gesamtspielzeit:
70:55 Minuten
Sampler:
EMI
Kennung:
0946-3-47667-2-2

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