Hostel

Geschrieben von:
Michael Boldhaus
Veröffentlicht am:
13. Mai 2006
Abgelegt unter:
CD

Score

(2.5/6)

Hostel

Der Komponist Nathan Barr liefert mit der Musik zum Horror-Streifen Hostel sein Cinemusic-Debüt. Zum Komponisten gibt die IMDB insgesamt etwas verschwommene, dürftige Infos: unter anderem, dass er in den 90ern mit der Industrial-Rockband V.A.S.T. bei Elektra Records unter Vertrag stand. Und entsprechend rockig und synthielastig müssen auch seine bislang auf Tonträger greifbaren Filmmusiken geraten sein, z. B. Cabin Fever (2003) und The Dukes of Hazzard (2005) — siehe dazu Kritiken auf „Filmmusik 2000“.

Was seine musikalischen Ambitionen angeht, scheint Barr ein nicht untalentierter Musiker zu sein, einer, der nicht nur von vielschichtigen musikalischen Genres (von Klassik über Rock und Big Band bis zur Peking-Oper) beeinflusst ist. Er soll sich außerdem auf das mustergültige Spiel dutzender Instrumente verstehen. Zur Filmmusik stieß Barr 1996 über eine Begegnung mit Hans Zimmer, für den er anschließend eine zeitlang als Assistent arbeitete. Dabei wirkte er beispielsweise mit an den Vertonungen von As Good as it Gets (1997) und The Thin Red Line (1998). Seit 1998 geht Barr eigene Wege (s. o.) und hat mit Hostel offenbar (zumindest auf Tonträger) seine erste breitorchestrale Filmvertonung vorgelegt.

In den USA hat Hostel trotz eher bescheidenen Budgets, infolge einer geschickten PR-Kampagne immerhin rund 50 Mio Dollar eingespielt. In diesem angeblich zu den härtesten Horrorstreifen zählenden Kinoereignis geht es um drei Rucksacktouristen, die sich in einem abseits der üblichen Reiserouten in Osteuropa gelegenen Städtchen auf die Suche nach außergewöhnlichen erotischen Abenteuern begeben. In einer speziellen Herberge geraten sie an zwei Schönheiten und wähnen sich am Ziel ihrer Träume. Doch die Freude währt nur kurz …

Auf dem CD-Cover prangt dazu ein unheimlicher Typ mit Lederhalbmaske, der anscheinend gerade die Kettensäge anwirft. Eingespielt wurde in Prag mit einem 75-köpfigen Orchester. Wie der Komponist im Pressematerial schreibt, begeistert ihn die Tschechische Republik und Prag auch musikalisch, seit er im College-Orchester an einer Aufführung von Bedřich Smetanas Zyklus sinfonischer Dichtungen „Mein Vaterland“ mitwirkte. Barr schreibt, dass ihm diese Musik als Inspirationsquelle für„The Village“, das wohl überzeugendste Stück der CD gedient habe. Hier schwingt sich das Orchester immerhin zu einem ansprechenden heroisch-hymnischen Moment auf, der schon ein wenig an „Die Moldau“ erinnert, aber leider in ähnlicher Form nicht wieder erscheint. In der das Album einleitenden „Suite“ (die Abspannmusik des Films) gibt’s außerdem ein geheimnisvoll klingendes Thema, das auf der CD anschließend in „Brothel“ auftaucht; dort in Gesellschaft einer von Streichern und Harfe begleiteten, sirenenartigen Frauenvocalise erscheint. Diese beiden musikalischen Gedanken schimmern in den folgenden Suspense-Stücken immer wieder einmal auf. Die Komposition wird von einer Portion Herrmann, insbesondere Psycho sowie mitunter modernistisch angehauchten typischen Horrorklischees bestimmt.

Was über ca. zwei Drittel der Albumspielzeit zwar nicht bewegend, aber doch noch recht passabel funktioniert, ist jedoch im letzten Drittel komplett auf dem Level üblicher, völlig ausgetretener Slasher-Movies angelangt. Die hier in Serie auftretenden, einander jagenden Ostinati- und Crescendo-Effekte hat man in ähnlicher Form bereits x-fach gehört. Die dann noch hinzukommenden diversen Synthie-Klänge vermögen jedoch nichts zum Besseren zu wenden. Das hier zu Hörende erinnert in den besten Teilen an John Ottmans Düstere Legenden 2 und Marco Beltramis Kompositionen zur Scream-Trilogie. Noch einigermaßen gelungen wirkt der Einsatz der vom Komponisten höchstpersönlich interpretierten Glasharmonika.

Alles in allem kann man sich aus dem Album zu Hostel eine ordentliche 15- bis 20-minütige Suitenfassung zusammenstellen — ob dies allerdings die Anschaffung lohnt, diese Frage kann sich jeder nur selbst beantworten. Der Rest ist eher etwas für eingefleischte Fans, die der übermäßig bekannten Horrorsounds nicht überdrüssig werden. Wertungsmäßig sind dafür „noch“ zweieinhalb Sterne wohl das höchste der Gefühle. Allerdings ist mir dieses sicherlich entbehrliche Album denn doch noch um einiges lieber als Brian Tylers neuester Streich zu Annapolis.

Ob Regisseur Eli Roth allerdings, wie im Pressematerial behauptet wird, mit dieser zweiten Regiearbeit zeigt, dass er „zu Recht als Hoffnung des Horrorfilms“ gehandelt wird, mag der Interessierte selbst herausfinden: Ab dem 27. April 2006 hat er dazu auch hierzulande Gelegenheit.

Komponist:
Barr, Nathan

Erschienen:
2006
Gesamtspielzeit:
43:11 Minuten
Sampler:
Varèse
Kennung:
VSD-6710

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