Frauen sind doch bessere Diplomaten war der erste abendfüllende Spielfilm in Agfacolor und ist allein schon deshalb ein nicht unbedeutendes farbfilmhistorisches Dokument. In erster Linie ist der Streifen eine vom braunen Zeitgeist nahezu völlig verschont gebliebene, harmlose Biedermeierkomödie. Einzig der etwas ominöse „Vertreter der Reichsexekutive“ (schreibt man doch das Jahr 1848) wettert gegen das Parlament als Quasselbude und huldigt kurz entschlossen dem „Führerprinzip“. Diese allerdings eher komisch wirkenden, keineswegs penetranten kleinen Szenen sollte man aber nun nicht überzogen interpretieren — siehe dazu auch Münchhausen — Derartiges findet sich in US-Filmen der Ära nämlich in durchaus vergleichbarer Form.
Die Filmhandlung um das aus „moralischen Gründen“ mit Hilfe hannoveranischen Militärs zu schließende Bad Homburger Spielkasino wirkt mittlerweile zweifellos etwas angestaubt. Allerdings, als Kind seiner Zeit, dazu mit einigem Wortwitz, nicht ohne Situationskomik und auch nicht ohne eine dezente Prise Freizügigkeit inszeniert, ist die Plotte auch heute noch durchaus unterhaltsam anzuschauen. Dabei wird unter anderem auffällig, wie sehr Frauen sind doch bessere Diplomaten mit den US-Musicals liebäugelt. Die einfache Geschichte lebt von der prächtigen Ausstattung (Startbudget rund 1,5 Mio Reichsmark!), der charmanten Musik von Franz Grothe und den recht netten Wortgeplänkeln zwischen Marika Rökk und Willy Fritsch, die damals zu den beliebtesten Stars der Ufa zählten. Sicher, die Rökk ist nicht jedermanns Sache, aber wie sie hier weibliche Diplomatie vorexerziert und zugleich ihren Rittmeister umgarnt, das ist nicht schlecht gemacht. Und eines musste man ihr eh lassen: Tanzen konnte sie. Regisseur Georg Jacoby hat die musikalischen und tänzerischen Auftritte seiner Frau dabei geschickt auf zwei Lieder und zwei rund sechsminütige, groß angelegte Tanznummern beschränkt. In der ersten Showeinlage überzeugt Marika Rökk im Stil klassischen Balletts, in der zweiten zeigt sie einen rassigen Flamenco. Auch wenn die Choreographien in Leichtigkeit und Eleganz nicht ganz den Charme der großen Vorbilder aus Hollywood erreichen, sind sie durchaus ansehnlich.
Dabei waren die Dreharbeiten extrem mühsam und auch ungewöhnlich langwierig. Fortwährende Nachdrehs mit verbessertem Filmmaterial verzögerten die bereits Ende Juli 1939 begonnene Produktion dieses „unendlichen Films“ bis zum Herbst 1940. Und erst am 31. Oktober 1941 wurde der in aufwändiger Nachproduktion endlich fertig gestellte Streifen in Berlin uraufgeführt — kurz vor Die goldene Stadt. Die zeitgenössischen Reaktionen waren trotz aller erkennbaren Einschränkungen durchweg positiv, ja häufig ehrlich begeistert.
Bereits seit Mitte der 1980er ist der Streifen hin und wieder in einer vom ZDF videotechnisch farbrestaurierten Fassung zu sehen gewesen. Dieser mittlerweile zwangsläufig technisch veralteten Version ist die im Jahr 2003 durch Friedrich-Wilhelm-Murnau-Stiftung und Transit Film erfolgte Restauration eindeutig überlegen. Was man von der vorliegenden DVD zu sehen bekommt, ist trotz der bei diesem Erstling noch besonders ausgeprägten beleuchtungstechnischen sowie farbtechnischen Beschränkungen geradezu ein Fest für die Augen. Fast nimmt man die typischen Probleme frühen Agfacolors bei der Blau-Grün-Differenzierung, die mangelhafte Farbsättigung (besonders auffällig bei den eher stumpfen Rottönen) und auch die eintönig gleichmäßige Ausleuchtung der Szenen nicht mehr wahr. Das Bild überrascht dabei fast durchweg durch Klarheit sowie erstaunlich gute Schärfentiefe. Bildschäden sind überwiegend sauber retuschiert und farbliche Defekte weitgehend ausgeglichen worden. Der Gesamteindruck beim Bild ist in Anbetracht der schwierigen Materialsituation (kein Negativmaterial, sondern allein mehr oder weniger stark beschädigte Kopien) überaus gut. Nach allem, was es zu den seinerzeit enormen Problemen mit der Reproduktion von grünem Gras zu lesen gibt, wirkt selbst die Tanzszene auf dem Rasen vor dem Babelsberger Schloss bereits erstaunlich gut gelungen.
Überhaupt überzeugt der Film durch die sorgfältige Farbdramaturgie, welche eine Vielzahl der Schwächen des noch unausgereiften Farbverfahrens geschickt zu überspielen weiß. So wirken die fast durchweg in Pastelltönen gehaltenen Seidenkostüme der Tänzerinnen in ihren eher sanften Farben nicht nur angenehm dezent, sondern durch ihre edlen Muster erscheinen diese sogar besonders elegant. Dabei sind auch feine farbliche Abstufungen sauber zu erkennen. Zum meist eher dezenten Farbenspiel bilden Schwarz, Weiß und abgestufte Grautöne in den Ausgehuniformen der feschen schwarzen Husaren sowie in den Fracks der Kavaliere Abwechslung und schicken Kontrast. Recht stumpf ist dafür das Rot der Rosenbuketts oder auch in den roten Umhängen der höheren Offiziere.
Sicher darf man bezweifeln, ob der Film zur Zeit seiner Uraufführung in allem schon wirklich derart gut ausgesehen haben mag. Hier muss man aber berücksichtigen, dass die Restauratoren gerade bei Agfacolor vor kaum lösbaren Problemen stehen. Es existiert heutzutage nämlich fast gar nichts mehr, was ihnen für eine dem ursprünglichen Aussehen möglichst nahe kommende farbtechnische Aufbereitung zuverlässige Anhaltspunkte bieten könnte. Hinzu kommt, dass vieles im frühen Agfacolor-Prozess nicht endgültig standardisiert war, sich vielmehr noch im Experimentierstadium befand. In jedem Fall war das von DVD sehr ruhig erscheinende (videotechnisch beruhigte) Bild seinerzeit von einem deutlichen Flackern, kombiniert mit sanft pulsierenden Farben gekennzeichnet, was aus damals noch unvermeidlichen Schwankungen der Schichtdicke der Filmemulsion herrührte.
Der sehr sorgfältig aufbereitete, frische und klare Ton verdient es ebenfalls, erwähnt zu werden. Hier ist sehr gut gearbeitet worden. Von, wie in manch anderen Beispielen, fast bis zur Unkenntlichkeit der ehedem charakteristischen Stimmen entrauschtem, geradezu zu Tode gefiltertem Klang kann hier erfreulicherweise nicht die Rede sein. Nahezu blank geputzt wirkt der Sound, was nicht zuletzt der feinen Filmmusik von Franz Grothe zu Gute kommt — von der man sich im Anschluss durchaus eine schön eingespielte vielleicht 20-minütige Suite wünscht. Etwas knapp geraten ist allerdings die etwas grobe Unterteilung in gerade mal acht separate Kapitel. So sind z. B. die beiden Tanzeinlagen unglücklicherweise nicht unmittelbar anwählbar.
Natürlich wäre in der Bonus-Sektion eine eingehendere Dokumentation zur Entstehung des Films eine feine Sache gewesen. Aber wenn Derartiges nicht als TV-Produktion vorgefertigt greifbar ist, dann wird es natürlich teuer und sprengt das Budget. Immerhin gibt’s rund sechs Minuten Filmbeispiele vor und nach der Restauration, verknüpft mit einer kurzen Einführung auf Texttafeln. Etwas merkwürdig ist dabei zwar, dass Frauen sind doch bessere Diplomaten als erster „colorierter“ deutscher Spielfilm bezeichnet wird. Erbsen-Zählen ist aber nun auch nicht angesagt. Zusammen mit Münchhausen, Große Freiheit Nr. 7 und Die Fledermaus zählt Frauen sind doch bessere Diplomaten zum Besten, was derzeit an restaurierten frühen Agfacolor-Filmen auf DVD erhältlich ist.
Hinweis: Aufgrund einer abgelaufenen Lizenz ist diese DVD derzeit nur in oft sehr preisgünstigen Restmengen bei einschlägigen Versandhändlern des „modernen Antiquariats“ (z. B. Weltbild) erhältlich. Eine regulär vertriebene Neuauflage ist für 2009 geplant.
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Dieser Artikel ist Teil unseres Spezialprogramms zum Jahresausklang 2008.
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