Wunderwelt Ozeane 3D (3D-Blu-ray)

Geschrieben von:
Michael Boldhaus
Veröffentlicht am:
10. Juni 2011
Abgelegt unter:
3D

Film

(4/6)

Bild

(5/6)

Ton

(5/6)

Drei weitere bemerkenswerte Naturdokus aus dem IMAX-3D-Fundus sind bei Universal Pictures erschienen. Als Regisseur fungierte Jean-Jacques Mantello, ein französischer Pionier sowohl im Bereich der digitalen Fotografie als auch im Bereich des stereoskopischen Dokumentarfilms. Bereits seit 1992 produziert er zusammen mit seinem Bruder François Unterwasserdokumentationen in 3D. Der Erstling, Miracle Mermaid, aufgenommen mit Betacam SP, war damals noch eher ein Kuriosum. Um den Film überhaupt in 3D aufführen zu können, musste erst trickreich ein eigenes Projektionssystem improvisiert werden. 1995 produzierte Mantello erstmalig einen dreiminütigen Filmclip für IMAX, für das in Paris im Parc de la Villette gelegene La Géode. Die drei hier vorgestellten Naturdokus sind denn auch die ersten 3D-Produktionen der Mantello-Brüder für die gewaltige IMAX-Kinoleinwand.

Der alte 3D-Slogan „zum Greifen nahe“ kommt in Wunderwelt Ozeane 3D ganz besonders zum Tragen. So verblüffend wirkt es, wenn z. B. eine Gruppe Mantarochen von links kommend durchs Wohnzimmer am Zuschauer vorbei zu gleiten scheint, Korallen scheinbar aus dem Bild herausragen, oder ein Delphin einen förmlich anzustupsen scheint. Die äußerst sensiblen Lebensräume der Riffe, im Ökosystem unseres Planeten für zahllose Lebewesen ein vielfältiger Lebens- und Nahrungsraum, sind hier das Thema. Dabei liegen die Stärken der IMAX-Dokus eindeutig in der bildgewaltigen Unterhaltung und weniger in mehr in die Tiefe gehender Information.

Insgesamt macht aber bei allen drei vorgestellten Titeln das Faszinierende des 3D-Erlebnisses den besonderen Reiz aus. So eindrucksvoll die Bilder bereits in 2D sind, das Allermeiste, z. B. tänzerisch kreisende Fischschwärme, wirkt eben in 3D noch eindeutig eindrucksvoller. Und auch die zwischendurch von exotischer, satter Buntheit der in ihr lebenden Fische geprägte Unterwasserwelt der Riffe kommt gerade dreidimensional besonders eindringlich herüber. Der bereits beim scheinbar mitten im Raum stehenden Universal-Logo beginnende 3D-Spaß macht Eindruck.

Dabei fungiert in Wunderwelt Ozeane 3D die Schildkröte Aris als eine Art Reiseführer. Sie kommentiert die räumliche Bilderflut vom vor Australien gelegenen großen Barriereriff und den Bahamas recht nett. Ein in erster Linie für jüngere Zuschauer gedachter, netter Gag.

Aus den Motiven resultieren zwangsläufig mitunter gewisse Unzulänglichkeiten beim Bild. So etwa die Beeinträchtigungen von Auflösung, Farbwiedergabe und auch des Raumeindrucks bei stärker durch Plankton getrübtem Wasser. Das dann je nach Wassertiefe mitunter „nur“ graublaue Farbspektrum wie auch die durch Schwebstoffe hervorgerufenen Trübungen sorgen aber eben auch für Realismus anstelle von rein auf Hochglanz getrimmter Ansichten, die sich dem Taucher in der Realität ebenfalls nur selten bieten. Ein wirklicher Mangel der Produktion ist das allerdings nicht. Aber keine Angst: unmittelbar packende Hochglanzbilder, z. B. mit den seit Finding Nemo so beliebten Clownfischen in leuchtenden Farben, gibt’s gerade, aber nicht nur (!), in Wunderwelt Ozeane 3D ebenfalls zur Genüge.

Eine Gruppe von Haien gibt sich bereits für einige sogar etwas spannungsträchtigere Momente in Wunderwelt Ozeane 3D ein Stelldichein, aber erst Haie 3D widmet sich ausführlich diesen immer noch eher als blutrünstige Bestien verkannten, für das Ökosystem Meer aber so bedeutenden und mittlerweile durch den Menschen massiv bedrohten Raubfische. Zwar gibt es hier weniger der unmittelbar ins Auge fallenden 3D-Momente, aber als fast zum Greifen nah erscheinen diese in der Mehrzahl für den Taucher ungefährlichen Meeresräuber in jedem Fall. Der Zuschauer begegnet fast hautnah wichtigen Vertretern der Gattung, wie dem berühmt-berüchtigten Weißen Hai, dem Hammerhai oder dem Walhai, einem völlig sanften Riesen. Besonders mitreißend sind die Bilder, wenn die Haie in Schwärmen agieren. Die Dokumentation unterstreicht in erster Linie die Eleganz dieser so faszinierenden wie zugleich erstaunlich alten Gattung. Bevölkerte sie doch bereits die Ozeane mehrere Millionen Jahre bevor die Ära der Dinosaurier überhaupt begann.

Delfine und Wale 3D lässt in vergleichbarer Form in relativ kurzen Segmenten die wichtigsten Wal- und die zur selben Familie (den Zahnwalen) gehörenden Delfin-Arten (Flipper und Co.) revueartig passieren. Man erhält z. B. Impressionen der Aufzucht des Nachwuchses oder erlebt männliche Buckelwale aus nächster Nähe. Dabei ergeben sich sehr schön fotografierte, mitunter quasi hautnahe, besonders majestätische Begegnungen mit diesen zum Teil akrobatischen, aber auch besonders großen (Schwertwale) und intelligenten Meeressäugern, kommentiert von Martina Gedeck. Der 3D-Effekt kommt hier insgesamt etwas zurückhaltender als in Wunderwelt Ozeane 3D, aber trotzdem überzeugend zur Geltung. Die Assoziation mit dem WWF und dem UNEP (Umweltprogramm der Vereinten Nationen) sind zwar grundsätzlich lobenswert. Entsprechend wird der Ökoaspekt und damit der wichtige Schutz dieser so empfindlichen Lebensräume durch entsprechende Bilder versinnbildlicht und zugleich emotional unterstrichen. Die resultierenden, andauernd wiederholten Warnhinweise auf die Artenbedrohung wirken in ihrer Häufigkeit aber schon etwas ermüdend.

Das Material allein für Haie 3D zusammenzutragen, erforderte rund neun Monate Drehzeit mit insgesamt über 500 Tauchstunden an verschiedensten Drehorten, z. B. im Roten Meer, an der Küste Mosambiks, vor San Diego (USA) und auch in Französisch-Polynesien. Delfine und Wale 3D erforderte sogar rund drei Jahre Drehzeit. Dabei kommt die Zeit für die eigentliche Produktion im Studio noch hinzu. Das vermittelt zumindest einen Eindruck vom hinter derartigen filmischen Präsentationen steckenden großen Aufwand.

Was die Bildqualität anbelangt, schneiden alle drei vorgestellten Dokus vergleichbar ab. Nur hin und wieder sind einzelne leichte Ghostingeffekte, besonders in Szenen mit trüberem Wasser, zu beobachten. Zwar limitieren zwischendrin die bereits erwähnten naturgegebenen Umgebungsbedingungen die Auflösung, Farbwiedergabe, Schärfe, Detailliertheit sowie den 3D-Effekt und damit auch die Brillanz des Gezeigten. Aber das lassen die gerade in klarem Wasser so vielfältig eingestreuten, dann besonders faszinierenden Raumeindrücke wieder vergessen. Auch wenn also die grundsätzlich machbare Brillanz des IMAX-70-mm-Verfahrens hier im wahrsten Wortsinn naturbedingt nicht immer voll zur Geltung kommen kann, bleibt der Zuschauer in ganz besonderem Maße beeindruckt zurück. Wobei hier wiederum die Bildschirmgröße klar ein mitentscheidender Faktor für die letztlich erreichbare Qualität des 3D-Vergnügens ist. Zwangsläufig wirken nämlich bereits Delfine und erst Recht die zum Teil tonnenschweren Wale bei zu kleinem Bild schnell puppenartig und damit etwas künstlich.

Zum soliden, mit eher ruhiger, sinfonischer Musikuntermalung nebst Unterwassergeräuschen versehenen Surroundtonmix gibt es bei allen dreien der hier vorgestellten IMAX-Titel weder etwas zu beanstanden noch Sensationelles zu bemerken. Das Klangerlebnis (in Deutsch und im englischen Original) wirkt angemessen, ist in sich homogen und ausgewogen. Der akustische Raumeffekt erscheint ebenfalls stimmig, auch weil übertriebene Surround-Effekte nicht zum Einsatz kommen. Dass es zu den eindrucksvollen, jeweils rund 40-minütigen Dokumentationen keinerlei Boni gibt, macht die Anschaffung dieser an sich lohnenden 3D-(Demo-)Objekte nicht gerade preiswert.

In punkto besonders hervorstechender 3D-Effekte ist Wunderwelt Ozeane 3D zweifellos der Spitzenreiter, aber auch die beiden übrigen Dokus spielen hier, wenn auch etwas zurückhaltender, ihre Trümpfe in Form zum Teil schlichtweg majestätischer, verblüffend räumlich erscheinender Bilder aus.

Fazit: Die drei hier vorgestellten 3D-Blu-ray-Titel aus dem Hause Universal laden natürlich insbesondere in der dritten Dimension dazu ein, in so noch nicht gesehene Unterwasserwelten einzutauchen. Dabei fungiert Wunderwelt Ozeane 3D gewissermaßen als besonders effektreiche Einstimmung und Vorbereitung für die beiden Nachfolger Haie 3D und Delfine und Wale 3D.

Für praktisch alle IMAX-Dokus gilt, dass sie meist nicht allzu tiefgründig, sondern in erster Linie für das Auge angelegt sind. Dabei sind sie für alle Altersstufen tauglich und in der Regel bei den Basisinfos zumindest fürs Erste ausreichend. Das Gesehene macht dann vielleicht auch den einen oder anderen neugierig auf erheblich mehr ins Detail gehende Naturdokus, wie die zur Thematik besonders passende, hervorragende BBC-Serie Unser blauer Planet— so er diese nicht bereits kennt.

Also, anstatt der Taucherbrille die 3D-Brille aufsetzen und sich mitnehmen lassen auf eindrucksvolle Reisen in die so vielfältige, faszinierende Unterwasserwelt der Meere. Mit OceanWorld 3D, koproduziert mit Disneynature, steht übrigens bald das erste, mit 90 Minuten Laufzeit sogar abendfüllende Naturfilm-Projekt der Mantello-Brüder ins Haus.

Weiterführender Link:

Questions for Jean-Jacques Mantello, Director of OceanWorld 3D

Zur Erläuterung der Wertungen lesen Sie bitte unseren Hinweis zum Thema „Blu-ray-Disc versus DVD“.

Dieser Artikel ist Teil unseres Spezialprogramms zu Pfingsten 2011.

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Mehrteilige Rezension:

Folgende Beiträge gehören ebenfalls dazu:


Erschienen:
2010
Vertrieb:
Universal Pictures 3D-Blu-ray
Zusatzinformationen:
USA/CAN 2003

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