Sanctum 3D (3D-Blu-ray)

Geschrieben von:
Michael Boldhaus
Veröffentlicht am:
26. November 2011
Abgelegt unter:
3D

Film

(4/6)

Bild

(5/6)

Ton

(4.5/6)

Extras

(3.5/6)

Nach seinem sensationellen 3D-Erfolg mit Avatar — Aufbruch nach Pandora (2009) tritt Regisseur James Cameron erneut mit einem 3D-Filmprojekt auf den Plan. Bei Sanctum allerdings fungierte er nur als ausführender Produzent, Regie führte hingegen der Australier Alister Grierson. Grierson, der 2006 mit dem Weltkrieg-II-Mini-Epos Kokoda — Das 39. Batallion im Australischen Mutterland einen Hit landen konnte, ist international bislang noch nicht in Erscheinung getreten.

James Cameron ist seit 1969 passionierter Taucher, was den Spielfilmfreunden bereits den eindrucksvollen Abyss — Abgrund des Todes (1989) beschert hat. Zwar fungierte er bei Sanctum in erster Linie als wichtiger Werbeträger. Cameron hat aber auch die bereits für Avatar eingesetzte und weiter optimierte 3D-Technik zur Verfügung gestellt und außerdem — ebenso bedeutend — Chuck Comisky als 3D-Supervisor ins Team eingebracht. 3D-Veteran und -Innovator Comisky ist z. B. in besonderem Maße für die brillanten Raumeindrücke in Avatar verantwortlich und hat auch die 3D-Optik für Final Destination 4 (2009) mitgestaltet.

Auch mit dem Unterwasserforscher Andrew Wight verbindet Cameron eine längere Partnerschaft. Mit ihm hat er bereits die beiden 3D-Imax-Filme Die Geister der Titanic — 3D (2003), Aliens der Meere (2005) sowie diverse TV-Specials für Disney und Discovery Channel produziert, wie Die Bismarck (2002) oder Last Mysteries of the Titanic (2005). Wight ist Inhaber von „Great Wight Productions“, einer australischen Filmproduktionsfirma. Bei Sanctum fungierte er als Produzent und hat entscheidend am Drehbuch mitgewirkt. Der angesehene Tauch- und Höhlentauchlehrer verarbeitete im Plot eigene traumatische Geschehnisse, welche sich bei einer Tauchexpedition im Jahr 1988 in einem Höhlensystem im abgelegenen Südwesten Australiens ereigneten. Was in der Realität glimpflich ausging — sämtliche nach einem Einsturz Eingeschlossenen konnten gerettet werden — gerät im Film zum klaustrophobischen Horrortrip, den nur ein Expeditionsteilnehmer überlebt.

In Sanctum wird ein sechsköpfiges Forscherteam in der Wildnis von Papua-Neuguinea durch einen Tropensturm mit sintflutartigem Regen in einem Höhlensystem eingeschlossen. Und da die Höhle langsam komplett geflutet wird, bleibt den Eingeschlossenen nur die Flucht nach vorn: Indem sie immer tiefer in die ihnen unbekannten Weiten des größtenteils komplett unter Wasser liegenden Höhlensystems eindringen, um, einem unterirdischen Fluss folgend, den Weg zum Ozean und damit nach draußen, in die Freiheit zu finden.

Dabei geht es im Stile der Disaster-Movies der 1970er recht heftig zur Sache, wird das Häuflein der „sechs kleinen Negerlein“ nach und nach unter hochdramatischen Umständen dezimiert, zwei Gnadentode inklusive, vollzogen an schwer verletzten Expeditionsteilnehmern, die man ansonsten hilflos zurücklassen müsste. Sanctum setzt dem Zuschauer aber bereits zu, bevor die eigentliche Katastrophe erfolgt ist, und lässt eine der Höhlenforscherinnen im Rahmen eines tragischen Tauchunfalls ums Leben kommen.

Die dazu in so mancher der mehr oder weniger vernichtenden Kritiken zu lesenden Feststellungen von rücksichtslosem Sozialdarwinismus, Brutalität, Herzlosigkeit und/oder schlichter Sadismus sind m.E. in einer derart ausweglosen Situation, wo Eingeschlossene total auf sich gestellt sind, also auf Hilfe von außen nicht hoffen können, einfach nur völlig realitätsfern und entsprechend überzogen. So befiehlt der Expeditionsleiter Frank McGuire (Richard Roxburgh) beim Hindurchkriechen durch eine besonders enge tiefe Spalte den Schwächsten und Unsichersten der Gruppe an den Schluss, damit dieser, falls er sich verklemmt oder in Panik gerät, die Übrigen nicht in Lebensgefahr bringen kann. Was hier jedoch mitunter so leidenschaftlich gebrandmarkt wird, findet sich übrigens in vergleichbar stimmiger Form bereits in einem der überzeugendsten Vertreter dieses Genres, in The Towering Inferno • Flammendes Inferno (1974), wo im lichterloh brennenden Hochhausglasturm der Chef der auf sich selbst gestellten Feuerwehrmänner (Steve McQueen) vor dem Abseilen seines Trupps in einem Versorgungsschacht über x Stockwerke den Ängstlichsten in der Gruppe entsprechend behandelt, nämlich so, dass sein eventueller Absturz die anderen nicht gefährden kann.

Dass sich im Verlauf der Geschehnisse der Milliardär Carl Hurley (Ioan Gruffudd), welcher die Expedition finanziert, als besonders rücksichtsloser Zeitgenosse entpuppt, der bereit ist auch über die Leichen seiner Leidensgenossen zu gehen, um sich zu retten, zählt wie der vor allem zu Beginn etwas holzschnittartige Vater-Sohn-Konflikt zwischen Expeditionsleiter McGuire und Josh (Rhys Wakefield) zum etwas Stereotypen eines Drehbuches, das insgesamt jedoch längst nicht so schlecht ist, wie man verschiedentlich darüber lesen kann.

Sanctum ist sicher kein tiefgründiger Film, keiner, der dramatische menschliche Schicksale bewegend nachzeichnet. Man kann durchaus sagen, dass die Einführung der Figuren im ersten Filmdrittel mit etwas viel an banalen Sprüchen erfolgt, aber für Feststellungen wie, die Darsteller seien grottig, sehe ich wirklich keinen Anlass. Trotz ein paar Schwächen hier und da, die im Genrekino aber fast schon die Regel sind, erfüllt der Film seinen reinen Unterhaltungsauftrag in jedem Fall sehr respektabel. Erzählt er doch eine nicht alltägliche, spannende Geschichte, eingebettet in sehr sorgfältig gestaltete Höhlen-Sets, und das alles in beeindruckenden 3D-Bildern. Wobei hier in ganz besonderem Maße die virtuos gehandhabte 3D-Technik der Geschichte unter die Arme greift und das zu Sehende aufregender macht. James Cameron hat dazu angemerkt, dass beim sich verstärkt in kleineren räumlichen Dimensionen abspielenden Sanctum die 3D-Technik bedeutender sei als beim aus erheblich mehr an Totalen bestehenden Avatar. Das sollte man nicht als reines Werbegetrommel abtun, auch wenn natürlich Avatar infolge seines in einer völlig anderen Liga spielenden Budgets seine Optik durch äußerst effektvolle CGI-Tricks 3D-mäßig besonders effektiv gestalten konnte. Entsprechend kann Avatar mit einem herausragend brillanten Bild aufwarten, das beim mit eher sparsamen Mitteln produzierten Sanctum wohl kaum machbar war.

Sämtliche Unterwasseraufnahmen entstanden in einem riesigen Wassertank auf dem Gelände der Village Roadshow Studios im australischen Queensland. Dort wurden die interessanten verschiedenartigen Höhlenformationen gebaut, die im Film zu bewundern sind. Hinzu kommen Außenaufnahmen und Szenen, die in echten Höhlen in den Höhlentauchregionen um den Mount Gambier im Süden Australiens aufgenommen wurden.

Sanctum nimmt den Zuschauer mit auf eine Höhlenwanderung und damit zu Schauplätzen der besonderen Art. Der Film entführt in eine fremdartig anmutende unterirdische Welt, welche verschiedentlich an Abyss erinnert und die wunderbar, prächtig und furchterregend zugleich in spektakulären 3D Bildern offeriert wird. Nur durch die dritte Dimension der Bilder wird nämlich sowohl die klaustrophobische Enge schmaler, aber tiefer Spalten oder Felsröhren oder auch das Riesenhafte von wie unterirdische Kathedralen anmutenden gigantischen Hohlräumen auf eine Art und Weise erfahr- und damit förmlich greifbar, wie es die 2D-Version keinesfalls vermag. Auch dagegen könnte man einwenden, dass, wenn die Eingeschlossenen die Flucht vor dem steigenden Wasser antreten, die unterirdischen Orte, welche sie durchqueren müssen, schlicht zu perfekt ausgeleuchtet sind und daher alles unglaubwürdig sei. Aber ohne ausreichendes Licht gibt’s im Kino eben nichts Spektakuläres zu sehen. Somit gilt: Ohne gewisse Kompromisse beim Realismus der Darstellung vermag das Desaster-Popcornkino schlichtweg nicht zu funktionieren.

Wertungsmäßig erhält der insbesondere visuell sehr eindrucksvolle Film von mir dreieinhalb Sterne. Der hier eben nicht eine Jahrmarktsattraktion darstellende, sondern vielmehr für die Handlung essenzielle 3D-Effekt sorgt für einen Zuschlag auf glatte vier Cinemusic.de-Sterne.

Sanctum auf 3D-Blu-ray

Der Film besticht in der 3D-Version durch Bildeindrücke von geradezu bestechender Räumlichkeit. Insgesamt ist die Bildqualität allerdings nicht voll befriedigend. So fehlt den Bildern häufiger ein Quäntchen Detailschärfe. Die Farben sind zwar insgesamt ausgewogen, sie wirken zum Teil aber etwas blass und auch der Kontrastumfang und der Schwarzwert sind nicht immer optimal. Mitunter wirken Bildteile in den Höhlenszenen etwas ausgewaschen oder erscheinen unnatürlich angegraut oder sind merklich angerauscht. Diese Einschränkungen gelten nicht nur für die 3D-, sondern entsprechend auch für die 2D-Version. Die hier vorgebrachten Einwände sind mir übrigens teilweise bereits im Kino aufgefallen. Der 3D-Effekt fällt dafür durchweg sehr überzeugend, oftmals auch geradezu faszinierend aus.

Allerdings sollte das vorstehend zum Bild Geschriebene auf den geneigten Leser nun nicht abschreckend wirken. Hier gilt vielmehr: Auch wenn der visuelle Eindruck beileibe nicht perfekt ist, die Brillanz von Avatar nicht erreicht wird — die Einschränkungen liegen auf einem recht hohen Qualitäts-Level, und das bedeutet, dass es für ein immer noch sehr beeindruckendes Gesamt-Seherlebnis durchaus reicht. Einem unterhaltsamen und ganz besonders in 3D packenden Heimkinoerlebnis steht also nichts im Wege.

Angenehm, wenn auch eher unspektakulär, ist der schwerpunktmäßig auf Atmosphäre setzende Tonmix in DTS HD 5.1, wobei durch die gut eingebundenen Surroundkanäle besonders die Unterwasser- und Grottenatmosphäre solide wiedergegeben wird.

Da Highlight Entertainment die ursprünglich angekündigte Premium-Edition des Titels beizeiten gecancelt, also überhaupt nicht produziert hat, wird der hiesige Interessent bei den Boni etwas stiefmütterlich behandelt. Immerhin gibt es bei der deutschen Ausgabe fünf Programmsegmente, die eine Reihe netter Impressionen zu Hintergründen und von den Dreharbeiten vermitteln. Vom gegenüber der üppiger ausgestatten (2 Blu-ray-Discs umfassenden) US- bzw. UK-Edition Fehlenden ist es zweifellos schade um die rund 10 Minuten geschnittener Szenen, wie auch um die TV-Dokumentation von Andrew Wight, Nullarbor Dreaming, in welcher es um die besagte 1988er-Höhlenexpedition geht.

Dafür stimmt bereits das dreidimensionale Hauptmenü gelungen auf das Kommende ein. Als passendes kleines Vorprogramm offeriert die Trailerkollektion drei in 3D: Resident Evil — AfterlifeStep Up 3D und Konferenz der Tiere.

Die Musik für das Heiligtum von David Hirschfelder

Der 1960 in Ballarat im australischen Bundesstaat Victoria geborene David Hirschfelder war zuerst im Jazz- und Rockbereich tätig. In den 1980ern war er Keyboarder für die „Little River Band“. Außerdem arbeitete Hirschfelder auch mit dem Sänger John Farnham. Ende der 80er Jahre entdeckte er seine Neigung zur Filmmusik und komponierte zum Teil beachtliche Scores, insbesondere zu Shine — Der Weg ins Licht (1997), Elizabeth (1998) und Australia (2008).

Während Hirschfelder beim Sequel Elizabeth — Das goldene Königreich (2007) doch etwas sehr in die Nähe eher schlichterer Vertonungsstandards der seit Jahren sowohl Kino- wie auch TV-Produktionen überdeutlich prägenden Zimmer-Schule geriet, zählt seine jüngste Musik zu Sanctum (2011) wieder zu seinen interessanteren Arbeiten. Seine Komposition präsentiert sich als eine fast durchweg geschickt ausbalancierte Mixtur aus orchestralem Fundament, ethnischen Klängen (Choreinlagen inklusive), sowie behutsam ergänzt durch Klangsynthetik.

Zwei recht markante Themen, die direkt zu Beginn vorgestellt werden, bestimmen den Score: das religiös/spirituell anmutende in „A Sacred Place„ und das vorantreibend optimistische mit heroischen Untertönen in „Espiritu Esa Ala“. Dieses thematische Material dominiert insbesondere am Anfang und Ende des Films wie auch des chronologischen Albumschnitts. Im betont atmosphärischen Mittelteil wird es nur vereinzelt zitiert und selten länger ausgespielt. Hier bestimmen in erster Linie daraus gewonnene motivische Bruchstücke und deren Varianten das musikalische Geschehen. In den häufiger exotisch-aparten Klangkombinationen, z. B. der Gamelan-Musik, fühlt man sich in Teilen (z. B. in „Saint Judes Cathedral“ oder „Through the Restriction“) an die klanglichen Experimente Thomas Newmans erinnert.

Der im Mittelteil recht ausgeprägte minimalistische und damit partiell auch etwas hypnotische wie statische Touch der Musik behindert anfänglich etwas den Zugang. Mehrfaches Hören bewirkt allerdings auch hier einiges. Erst nach und nach wird nämlich deutlich, wie eingehend die beiden Hauptthemen hier verarbeitet sind. Wenn man dann noch einen Bezug zum Film hat und beim wiederholtem Betrachten nachvollziehen kann, wie gut die Musik mit so mancher Einstellung harmoniert, dann wird das Musikalbum zum besonders feinen Filmsouvenir.

Bei mir war es auch keine Zuneigung auf den ersten (Hör-)Blick, vielmehr ist das Interesse für diese Musik erst durch die wiederholte Begegnung mit dem Film von 3D-Blu-ray geweckt worden. Insofern würde ich hier empfehlen, der Musik etwas Zeit zu lassen, ihre Wirkung zu entfalten. Zwar kann man sagen, dass der mit knapp 70 Minuten sehr gut bestückte, wohl die praktisch vollständige Musik repräsentierende Albumschnitt als Höralbum etwas zu lang ist. Das bleibt dann aber letztlich in erster Linie eine Sache des individuellen Geschmacks, und da hilft Programmieren beim Finden individuell stimmiger Lösungen. Zum behutsamen Einstieg in Hirschfelders Höhlen-Klangwelten ist die beide Hauptthemen gelungen zusammenfassende Musik im Filmabspann, auf dem Album als beschließende „Sanctum Suite“ vertreten, ein feiner Appetitanreger.

Hirschfelders Sanctum-Vertonung ist weder ungewöhnlich noch hervorstechend originell. Sie ist aber trotz ihrer „konventionellen“ Machart keineswegs 08/15-mäßig, sondern vielmehr ambitioniert gefertigt. Wertungsmäßig gibt’s dafür von mir dreieinhalb Sterne mit dezentem Fingerzeig nach oben.

Fazit: Sanctum ist in vielem eine Neuauflage der Disaster-Movies der 1970er. Wie meist bei derartigen Plots ist auch dieser beileibe nicht perfekt, er ist aber insgesamt deutlich besser als verschiedentlich darüber zu lesen ist. Die vorhandenen Schwächen treten durch die vor ungewöhnlicher Kulisse, in einem bildgewaltigen Höhlenlabyrinth, recht spannend inszenierte Handlung weitgehend in den Hintergrund. Die fremdartig, mitunter auch bizarr anmutenden unterirdischen Höhlenwelten, mal klaustrophobisch eng und schmal, dann wieder riesig und erhaben, erscheinen dank 3D in Bildern von einer außergewöhnlichen visuellen Kraft und Faszination, wie man sie gewiss nicht alltäglich geboten bekommt.

Seit dem 6. Oktober 2011 steht Sanctum nun auch in beachtlicher Qualität auf 3D-Blu-ray zur Verfügung, damit seine Tauglichkeit für das Heimkino erprobt werden kann. Und wer dabei auf den Geschmack kommt, der sollte auch das Varèse-Album mit der Musik David Hirschfelders nicht unbeachtet lassen.

James Cameron hat angemerkt, dass noch mehr als im zweifellos feinen Avatar der 3D-Effekt bei Sanctum entscheidend mit dazu beiträgt, die Handlung zu unterstützen, und will übrigens, wenn wundert’s, Avatar 2 ebenfalls unter Wasser drehen.

Zur Erläuterung der Wertungen lesen Sie bitte unseren Hinweis zum Thema „Blu-ray-Disc versus DVD“.

Dieser Artikel ist Teil unseres Spezialprogramms zum Jahresausklang 2011.

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Mehrteilige Rezension:

Folgende Beiträge gehören ebenfalls dazu:


Regisseur:
Grierson, Alister

Erschienen:
2011
Vertrieb:
Highlight Communications
Kennung:
HC032338 (3D-Blu-ray)
Zusatzinformationen:
USA/AUS 2011

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