Knights of the Round Table (+ The King’s Thief)

Geschrieben von:
Michael Boldhaus
Veröffentlicht am:
2. Oktober 2003
Abgelegt unter:
CD

Score

(6/6)

Der nachfolgende Text ist der zweite Teil von „Komponieren im Kettenhemd: Miklós Rózsa vertont Ivanhoe und Die Ritter der Tafelrunde“

hier geht’s zu Ivanhoe

Selbstredend, dass MGM nicht geneigt war, der Konkurrenz das Feld allein zu überlassen. So wurde der bewährte Richard Thorpe eilig nochmals ins Rennen geschickt und King Arthur and the Round Table vorbereitet. Umgetitelt in Knights of the Round Table • Die Ritter der Tafelrunde kam der Film 1953 als MGMs erste Produktion im anamorphotischen Breitwandverfahren CinemaScope und entsprechend mit 4-Kanal-Magnet-Stereoton ausgestattet in die Kinos.

Im Vergleich mit Ivanhoe vermögen Die Ritter der Tafelrunde jedoch merklich weniger zu überzeugen. Sie sind insgesamt ein doch mit spürbar heißer Nadel gestrickter Kintopp, der über eine Reihe von Schauwerten nicht hinausgelangt. Die vielschichtige Arthus-Legende ist auf Comic-Niveau zusammengestutzt, dabei puritanisch vom Inzestuösen gereinigt und außerdem ein gutes Stück entmystifiziert: Merlin ist hier kein Zauberer. Die rund 116 Film-Minuten präsentieren sich als naive, dabei aber keineswegs billig gemachte Hollywood-Unterhaltung. Dank der überzogen knalligen Buntheit der Kostüme ist der Streifen zwar hübsch anzuschauen, sticht aber von den sorgfältigen (historisch wesentlich korrekteren), eher dezenten und trotzdem detailfreudigen Farbkompositionen in Ivanhoe deutlich ab. Und ähnlich unbekümmert gibt sich die schlicht-banale, auf Action getrimmte Story, wobei die Schlachtszenen noch am interessantesten sind. (Die Aktion mit den Brandpfeilen in der Schlacht gegen die Pikten – römische Bezeichnung für ein frühgeschichtliches, kriegerisches Volk im schottischen Hochland – wirkt gar ein wenig wie ein Vorbild für Gladiator.)

Als Schauspieler wurde erneut Robert Taylor (Lancelot) verpflichtet. Mel Ferrer verkörpert König Arthus und Ava Gardner seine Frau Queen Guinevere. Die Rolle des Schurken Modred übernahm der Waliser Stanley Baker, der rund 10 Jahre später als Co-Produzent das „Welsh-Epic“ Zulu in Szene setzte.

Richard Thorpe (1896-1991) gehörte zu den Regisseuren, bei dem die Produzenten vor unliebsamen Überraschungen, wie Überschreitung von Zeitplanung und Budget, relativ sicher waren. Er war sogar derart effizient und schnell, dass er den Spitznamen „One Take“ erhielt. In der Regel setzte er pro Jahr zwei bis drei Filme in Szene. Und Thorpe enttäuschte die Studio-Bosse auch dieses Mal nicht. Die Dreharbeiten starteten (wieder in England) in der 2. Juni-Woche 1953 und die Galapremiere konnte trotzdem noch im selben Jahr, am 22. Dezember in Hollywoods Egyptian Theatre stattfinden. Und am 7. Januar des Folgejahres wurde der Film in der New Yorker Radio Music Hall auf gigantischer Scope-Bildwand gezeigt.

Im Gegensatz zu Ivanhoe, wo Miklós Rózsa bereits frühzeitig (Anfang 1951) in das Projekt integriert war, stieß er dieses Mal erst Anfang Oktober 1953 (!) hinzu. Um den für Weihnachten angekündigten Premierentermin von Fox’ Prince Valiant noch unterbieten zu können, blieben ihm für die Komposition der rund 80-minütigen Musik – inklusive der Einspielung – gerade mal 6 Wochen! Darüber war Rózsa alles andere als begeistert und musste eindringlich zum Mitmachen überredet werden. Auf den musikhistorischen Studien zu Ivanhoe fußend – über die Musik aus der Arthus-Zeit (6. Jahrhundert) ist kaum etwas bekannt – gewährte er sich dieses Mal größere Freiheiten. So griff er für die religiösen Momente der Story auf Klangfärbungen aus der Musik des Mittelalters und der Gregorianik zurück.

Wer nun aber bei der Musik zu Knights of the Round Table einen musikalischen Ivanhoe-Nachzieher erwartet, wird nicht allein angenehm überrascht, sondern dürfte vielmehr vergleichbar begeistert sein. Es ist geradezu erstaunlich, wie inspiriert und sorgfältig der Maestro zu Werke ging. Auch hier entdeckt der Hörer eine Reihe prägnanter Themen, die in einen vergleichbar prachtvollen musikalischen Fluss integriert sind. Allein ein Thema und zusätzlich noch ein fanfarenartiges Motiv charakterisieren Ritter Lancelot. Zwei breit melodische Liebes-Themen prägen den Score und außerdem gibt es ein edles Thema für Parsifal, ein ebenso markantes Schurkenmotiv (für Modred) und auch mystisch-geheimnisvoll Klingendes (mit Chor-Vokalise) für die Vision des heiligen Grales – wobei hier sowohl ein wenig Quo Vadis anklingt als auch Ben-Hur vorweggenommen wird. Und dass auch hier die breit auskomponierten Action-Passagen in der gewissenhaften und geschickten Machart denen in Ivanhoe nicht nachstehen, ist für Rózsa wohl fast schon selbstverständlich. Im Gegensatz zu den beiden deutlich unterschiedlich wertvollen Filmen hat der Komponist für Die Ritter der Tafelrunde, trotz der Kürze der zur Verfügung stehenden Zeit, eine gleichwertige Musikuntermalung geliefert: eine geradezu grandiose Leistung.

Die Aufnahmesitzungen begannen bereits, bevor die Komposition vollständig abgeschlossen war. John Green, Chef des MGM Music Departments, sprang ein und Miklós Rózsa hörte Probe via Telefon …

Kurioserweise entstand etwa zur gleichen Zeit in England nochmals eine vollständige Einspielung der Filmmusik unter Muir Mathieson, um die sich eine Reihe zum Teil widersprüchlicher Informationen und Vermutungen ranken. Diese diente schließlich zur Vertonung der parallel zur CinemaScope-Version separat aufgenommenen Fassung im klassischen Normal-Format für noch nicht umgerüstete Kinos. Teile der Mathieson-Einspielung erschienen auf dem Varèse-Label zuerst 1980 auf einer LP und später auch als CD. (Den doppelten Dreh eines und desselben Films in zwei Bildformaten, war eine Extravaganz, die sich Hollywood nur in der Anfangsphase von CinemaScope erlaubte.)

Im Umfeld von Die Ritter der Tafelrunde produzierte MGM The King’s Thief • Des Königs Dieb (1955), einen kleinen unterhaltsamen Swashbuckler der B-Kategorie, für den Rózsa ebenfalls eine sehr hübsche, wenn auch etwas weniger groß geratene Musik geschrieben hat – siehe hierzu auch die Infos zur tickertape-CD von 1999.

Die Filmmusiken auf CD

Eine Suite aus der Originaleinspielung zu Ivanhoe erschien bereits in den 50er Jahren auf dem hauseigenen MGM-Label (in Mono) auf LP zusammen mit Suiten aus Madame Bovary und Plymouth Adventure. Charles Gerhardt legte 1975 als erster einen Ausschnitt der Musik in Stereo vor: die rund fünfminütige, gut aus Material der Partitur zusammengestellte Premieren-Ouvertüre auf „Spellbound – The Classic Film Scores of Miklós Rózsa“.

Das 2002 auch hierzulande veröffentlichte Doppel-CD-Album „Miklós Rózsa at MGM“ enthält sowohl Musik der Original-Einspielungen zu Ivanhoe (rund 20 Minuten) als auch zu Knights of the Round Table (rund 12 Minuten).


Mehrteilige Rezension:

Folgende Beiträge gehören ebenfalls dazu:


Originaltitel:
Die Ritter der Tafelrunde

Komponist:
Rózsa, Miklós

Erschienen:
2003
Gesamtspielzeit:
CD 1: 70:32 Minuten; CD 2: 78:24 Minuten
Sampler:
FSM
Kennung:
Vol. 6 No. 7

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