Zur Chronik von Grieshuus

Geschrieben von:
Michael Boldhaus
Veröffentlicht am:
15. November 2016
Abgelegt unter:
Klassik

Gottfried Huppertz: Zur Chronik von Grieshuus

Die UFA-Verfilmung des Theater- und Filmregisseurs Arthur von Gerlach (1875–1925) wurde im Februar 1925 im Berliner Ufa-Palast am Zoo uraufgeführt. Für die UFA war Grieshuus seinerzeit ein mit beträchtlichem Aufwand in Szene gesetztes Prestigeprojekt, das späterhin allerdings eindeutig im Schatten der erheblich berühmteren Produktionen Die Nibelungen (1924) und Metropolis (1927) stand. Die gleichnamige, wenig bekannte Novelle von Theodor Storm ist ein Generationen übergreifendes nordfriesisches Heide-Drama um Liebe, Hass und Brudermord. Heutzutage vermögen den Zuschauer am Film neben der ausgefeilten Bildästhetik insbesondere die ausgefeilten Kulissen, etwa die Heideburg der Familie Grieshuus, immer noch zu beeindrucken. Die Filmmusik von Gottfried Huppertz, welcher die beiden vorstehend genannten UFA-Streifen ebenfalls vertont hat, war jedoch weitgehend vergessen.

Im Anschluss an die in den Jahren 2004/05 erfolgte Rekonstruktion durch die Murnau-Stiftung des nach der Uraufführung gekürzten und späterhin ausschließlich in verstümmelten Fassungen kursierenden Stummfilms ist auch das Interesse an der Originalmusik neu erwacht. Analog zum Vorgehen bei Metropolis und Die Nibelungen, wo ebenfalls die Originalpartitur bereits bei der Filmrekonstruktion wertvolle Hinweise lieferte, hat sich auch in diesem Fall das Team um Frank Strobel kräftig ins Zeug gelegt, um die erhaltenen Materialien der Filmmusik in eine exakt zur verfügbaren Schnittfassung passende, also aufführbare Version zu bringen.

Huppertz schlägt hier konsequenterweise einen merklich anderen Ton an als in den beiden anderen o.g. Stummfilmkompositionen. Zwar gibt es in der klanglichen Üppigkeit der schwelgerischen Musik schon ein wagnerisches und wiederum einen Hauch von Max Steiner implizierendes Klangfundament – siehe dazu den Artikel zum Metropolis-CD-Album. Im Ausdruck herrschen dieses Mal jedoch in besonderem Maße romantisch-lyrische und pastoral gefärbte Stimmungen vor. Aus der vielfältigen, breit ausschwingenden, oftmals liedhaft anmutenden Melodik der kunstvoll ausgeführten Partitur wird geschickt ein Geflecht von Erinnerungsmotiven gebildet. Zusammen mit einzelnen, gut platzierten, die Bildeindrücke illustrierenden musikalischen Dopplungen gelingt es dem Komponisten auch im vorliegenden Fall dem Visuellen ein ebenso geschickt konstruiertes musikalisches Spiegelbild zur Seite zu stellen. PAN Classics ist es zu verdanken, dass der Interessierte nach Die Nibelungen nun auch diese bemerkenswerte Huppertz-Komposition substanziell vollständig daheim studieren kann. Die beiden tadellos klingenden CDs sind nebst recht informativem Begleitheft untergebracht in einer soliden, klappbaren Pappbox.

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Erschienen:
2016
Gesamtspielzeit:
94:48 Minuten
Sampler:
Pan Classics
Kennung:
PC 10355 (2-CD)
Zusatzinformationen:
hr-Sinfonieorchester; Dirigent: Frank Strobel

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