TV-Natur-Dokumentarserien, 13. Folge: Wildes Skandinavien, Wildes Deutschland & Mythos Amazonas
Der NDR, genauer gesagt die Abteilung Naturfilm des NDR, lässt nach Wildes Russland nicht locker. Dieses Mal stehen drei weitere, sämtlich zuvor 2011 im TV erstmalig gezeigte Dokumentarreihen auf Blu-ray bereit.
Wildes Skandinavien
Die wilden Schönheiten Skandinaviens, eingefangen in imposanten und packenden HD-Bildern, gibt es hier zu sehen. Wildes Skandinavien präsentiert die ungezähmte Natur des hohen Nordens in sechs TV-Folgen: So führen die Naturfilmer den Zuschauer von Dänemark und Norwegen, Schweden, Island und Finnland schließlich bis nach Grönland. Als Making-of fungiert auch hier wiederum die siebte Folge: Das Abenteuer — Ein Blick hinter die Kulissen der Dreharbeiten.
Bereits das Intro zu jeder Serienfolge beeindruckt und stimmt auf das Kommende gelungen ein. Staunen und Genuss sind dabei garantiert. Zwar werden im Making-of ironischerweise die berüchtigten Mückenschwärme Skandinaviens als die hier am häufigsten gefilmten Tiere genannt. Aber selbstverständlich wird in Wildes Skandinavien so vieles gekonnt ins Bild gesetzt, was selbst Einheimische kaum zu sehen bekommen. Welcher Tourist hatte schon die Gelegenheit, in Finnland ein Wolfsrudel dabei zu beobachten, wie es Bären ihre Beute abjagt? Es ist also auch für diejenigen zweifellos viel Sehens- und Entdeckenswertes dabei, die Skandinavien bereits durch ihre touristischen Aktivitäten gut zu kennen glauben. Auch den Vulkanausbruch des Eyjafjallajökull 2010 haben die Kamerateams übrigens eingefangen. Von diesem Naturereignis hat Otto-Normal-TV-Gucker fast ausschließlich die massiven Aschewolken und deren weiträumige Auswirkungen auf den Flugverkehr in den Nachrichten präsentiert bekommen.
Ein weiteres Mal spielt hier die moderne, im Grade der Perfektionierung rasante Fortschritte machende HD-Kameratechnik ihre Trümpfe aus. Sehr eindrucksvoll ist beispielsweise der im Watt per Zeitraffer packend eingefangene Wechsel der Gezeiten. Die absolut wackelfreien Flugaufnahmen und die beeindruckenden Tieraufnahmen mit Hilfe von Superzeitlupenkameras mit bis zu unvorstellbaren 2000 Bildern pro Sekunde begeistern immer wieder auf’s Neue, z. B. bei einem Kampf von Birkhühnern. Und wenn Moschusochsen-Bullen, um die Gunst der Weibchen kämpfend, im wahrsten Wortsinn mit voller Wucht aufeinander krachen, dann erkennt man sogar die das Fell der Tiere durchlaufende Schockwelle.
Gerade die Making-of-Episode ist dabei hilfreich, sich zumindest einen kleinen Eindruck vom Aufwand, den Mühen und der erforderlichen riesigen Portion Geduld zu verschaffen, was neben Sachverstand, geschulten Augen und Liebe zum Metier die Voraussetzungen für derart brillante Resultate sind. Das kann man sich für den Schluss aufheben, aber es funktioniert auch vorzüglich als neugierig machender Einstieg zur Reihe.
Wildes Skandinavien hat ob seiner Brillanz denn auch bereits diverse Preise eingeheimst. Unter anderem beim ersten Tierfilmfestival des Jahres im US-amerikanischen Missoula, Montana, gingen mehrere Hauptpreise an die Aufnahme-Teams des NDR: bester TV-Film, beste Kamera, beste ökologische Beobachtungen und beste Filmsequenzen. Außerdem sind die Folgen Norwegen und Schweden auf dem internationalen Naturfilmfestival „Green Screen“ in Eckernförde prämiert worden. Norwegen erhielt gar die Auszeichnung als bester Film des Festivals.
Die Präsentation auf Blu-ray-Disc
Die Bildqualität ist vorzüglich. Sie zieht den Zuschauer unmittelbar in den Bann. Was hier an Schärfe, knackigem Kontrast und auch in prallen Farben an Detailvielfalt zu sehen ist, das ist schlichtweg erstklassig. Dass einzelne Einstellungen dann doch mal etwas unzulänglicher, weicher aussehen oder mehr oder weniger vergrieselt ausfallen, hat seine Gründe in den schwierigen Drehbedingungen. Den brillanten Gesamteindruck der zudem meist sehr plastisch erscheinenden Bildeindrücke vermögen derartige einzelne Unzulänglichkeiten absolut nicht zu beeinträchtigen.
Fein ist übrigens nicht allein das Bild, auch der zugehörige Ton überzeugt mit stimmiger Atmosphäre. Der Tonmix wartet mit einer abwechslungsreichen, die Geräusche präzise auf sämtliche Kanäle verteilenden und dabei sehr gut ausbalancierten Surround-Abmischung auf, bei der auch die Musik nicht untergeht.
Wildes Deutschland
Das Attribut „Wild“ ist im keineswegs mehr unberührte Natur-, sondern im Prinzip reine Kulturlandschaft darstellenden Deutschland sicherlich etwas augenzwinkernd zu nehmen. Das bedeutet aber nicht, dass es hierzulande nicht ähnlich wie im wilden Russland oder wilden Norden Skandinaviens vergleichbar eindrucksvolle Naturphänomene zu beobachten gäbe, die selbst den Einwohnern der jeweiligen Region eher verborgen bleiben.
Auch wenn Wildes Deutschland ein wenig mit älteren Produktionen konkurriert, wie „Wilde Heimat — Deutschlands Tiere in vier Jahreszeiten“: Was man hier sehen kann, das ist dem bislang Präsentierten praktisch durchweg mehr oder weniger eindeutig überlegen. Auch im nicht ganz so wilden Deutschland sorgt die sich stürmisch entwickelnde digitale HD-Technik für Bilder von Land und Leuten in außergewöhnlicher Brillanz. Dies sorgt zugleich für eine hervorragende Plastizität der Bildeindrücke. Entsprechend meint man als Zuschauer fast, dabei zu sein. Und so begeistern z. B. Nordfriesland im Wandel der Jahreszeiten, alte Bräuche wie die schwarzwäldische Fastnachtstradition, Vorpommerns Küste als eine der schönsten deutschen Naturregionen, das einzigartige Elbsandsteingebirge in der Sächsischen Schweiz oder auch der als Wintermärchen noch heute ein wenig mystisch anmutende Spreewald unweit Berlins, aus dem die berühmten Spreewaldgurken stammen.
Die Präsentation auf Blu-ray-Disc
Auch hier gibt es, wie inzwischen schon fast gewohnt, praktisch durchweg Bilder in Top-Qualität zu sehen. Der unterlegte Ton ist ebenso tadellos, obwohl er auf die mitunter krachenden Surroundeffekte des Blockbusterkinos verzichtet. Auf den ersten Blick enttäuscht das Set freilich ein wenig in Sachen Boni. Es fehlt eine Blicke hinter die Kulissen eröffnende Making-of-Episode. Aber da es sich gemäß Cover-Aufdruck ja nur um die erste Staffel handelt, dürfte diese Lücke beim Folge-Set wohl noch geschlossen werden.
Mythos Amazonas
Der aus dem westfälischen Münster stammende Christian Baumeister (•1971) war beim Dreiteiler Mythos Amazonas Leiter des Aufnahmeteams. Heinz Sielmanns „Expeditionen ins Tierreich“ waren für den jungen Baumeister der Auslöser und begründeten seinen Jugendtraum, Tierfilmer zu werden.
Galt der Amazonas-Regenwald lange ausschließlich als „Grüne Hölle“ voller Gefahren, ist die Region heutzutage nicht allein als eminent wichtig für das Weltklima anerkannt. Sie ist zugleich eine biologische Schatzkammer, in deren Flora es z. B. noch so manch medizinisch nutzbaren Wirkstoff zu entdecken gibt. In den ersten beiden Episoden wird Amazonien mit seinen riesigen, sich über mehr als fünf Millionen Quadratkilometern erstreckenden Regenwäldern porträtiert, eine Fläche etwa 20-mal so groß wie Deutschland. Das hier in 135 Minuten zusammengefasste Bildmaterial wurde aus insgesamt rund 400 Stunden HD-Material zusammengestellt, das aus drei Jahren Drehzeit resultiert. Dies vermittelt zumindest einen ersten Eindruck vom immensen Aufwand, der sich hinter den in Serie zu sehenden visuellen Highlights verbirgt.
Teil 3, „Alarm im Regenwald“, ist dann eine ökologische Bestandsaufnahme mit zugleich Making-of-Touch — zusätzliche Boni enthält die Edition nicht. Dabei gibt es neben Bedenklichem auch Erfreuliches festzustellen. So haben sich einige der pessimistischen, ja verheerenden Voraussagen früherer Jahrzehnte über die bevorstehende Vernichtung der Regenwälder nicht erfüllt: etwa 80% des Regenwaldes sind noch vorhanden und 50% sind glücklicherweise sogar noch unberührt. Das ist freilich kein Grund, sich entspannt zurückzulehnen, es bleibt aber zumindest zu hoffen, dass der Mensch zukünftig in der Lage ist, das Schlimmste zu verhindern. Verdeutlicht wird auch, welche Schwierigkeiten zu überwinden waren, um die hier gebotenen prächtigen Natureindrücke überhaupt einfangen zu können. Einem normalen Reisenden mit Fotoapparat würde sich die anzutreffende Vielfalt der Arten nicht einmal annähernd offenbaren.
Die Präsentation auf Blu-ray-Disc
Bis auf einzelne Einstellungen gibt es hier Bilder zu sehen, die neben Schärfe, knackigem Kontrast und satten Farben eine wohl kaum noch überbietbare Detailvielfalt offerieren. Auch der Ton zu den meist bestechend plastisch erscheinenden HD-Bildern ist tadellos.
Fazit: Mit den edlen Naturdokumentationen in HD Wildes Skandinavien, Wildes Deutschland und Mythos Amazonas, hat nun (federführend) der NDR an seinen Erfolg aus dem Jahr 2009, Wildes Russland, gelungen angeknüpft. Unmittelbar beeindruckend sind auch hier die dank des Einsatzes neuester HD-Kameratechnik entstandenen Bilder in zuvor nie gesehener, schlichtweg brillanter Qualität. Und das ist etwas, was letztlich nur die jeweilige Blu-ray-Ausgabe durch das sich praktisch unmittelbar einstellende High-Def-Feeling eindeutig nachvollziehbar macht, auch wenn die DVD-Versionen innerhalb ihrer systembedingten Grenzen bereits sehr solide ausschauen.
Zur Erläuterung der Wertungen lesen Sie bitte unseren Hinweis zum Thema „Blu-ray-Disc versus DVD“.
Dieser Artikel ist Teil unseres Spezialprogramms zum Jahresausklang 2011.
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