Unfall im Weltraum

Geschrieben von:
Michael Boldhaus
Veröffentlicht am:
20. Oktober 2016
Abgelegt unter:
Blu-Ray

Film

(3.5/6)

Bild

(5/6)

Ton

(3/6)

Extras

(4/6)

Blick zurück in das Science-Fiction-Kino der späten 1960er: Unfall im Weltraum (1969)

Der amerikanische Filmregisseur Robert Parrish (1916–1995) ist wohl am ehesten mit dem britischen Kriegsdrama The Purple Plain * Flammen über Fernost (1954) geläufig, in dem Gregory Peck die Hauptrolle verkörpert. Er stand bereits in jungen Jahren als Kinderschauspieler vor der Kamera, etwa in Murnaus Stummfilm Sonnenaufgang, Im Westen nichts Neues, Der große Treck und auch in Chaplins Lichter der Großstadt. Ab 1935 arbeitete er als Filmeditor und positionierte sich erst 1951 auch als Regisseur, mit dem Noir-Streifen Cry Danger.

Der von Parrish inszenierte Doppelgänger * Unfall im Weltraum wurde außerhalb Europas unter dem Titel Journey to the Far Side of the Sun gezeigt. Hierzulande kam der Film nicht in die Kinos, sondern erlebte seine Premiere im Januar 1971 in der ARD. Das ist wohl damit zu erklären, dass Unfall im Weltraum in den Miniatur-Sets und überhaupt den pfiffigen Special Effects unübersehbar von der originellen TV-Marionetten-Science-Fiction-Reihe Thunderbirds (zuerst als Donnervögel gezeigt) inspiriert ist. Produziert wurde diese zwischen 1964-66 von Gerry Andersons Firma „APF“ („AP-Films“, später umbenannt in „Century 21 Productions“) im bemerkenswerten Puppentrickverfahren „Supermarionation“ und war auch dank dem mitreißenden Main-Title-Marsch von Barry Gray auch bei uns ein beliebter TV-Hit ab 1968. Und wie es der Leser wohl bereits erraten haben dürfte, stammt Unfall im Weltraum ebenfalls von APF und Barry Gray zeichnet wiederum für die Musik verantwortlich.

In einer näheren Zukunft gibt es offenbar ein vereinigtes Europa mit einer gemeinsamen Weltraumbehörde: „Eurosec“. Per Zufall entdeckt eine Eurosec-Weltraumsonde einen unbekannten Planeten, der auf exakt derselben Umlaufbahn wie die Erde, allerdings dieser exakt gegenüber und damit auf der Rückseite der Sonne kreist und da, hinter dieser verborgen, bislang unentdeckt blieb. Eine geheime Expedition aus zwei Astronauten bricht zum neuentdeckten Planeten auf. Das Raumschiff gerät bei der Landung in Schwierigkeiten und stürzt ab. Nur einer der beiden Astronauten, Colonel Glenn Ross (Roy Thinnes), wird gerettet und muss überraschenderweise feststellen, dass er sich offenbar auf der Erde befindet. Es scheint so, als seien die Astronauten irgendwie zum Ausgangspunkt ihrer Reise zurückgekehrt. Doch wie Ross bald feststellt stimmt irgendetwas nicht mit der ihm doch so vertrauten Umgebung: Alles ist nämlich seitenverkehrt und das ist noch nicht alles, was auf dieser offensichtlich spiegelbildlichen Kopie von Mutter Erde nicht so ist wie gewohnt …

Nach seinen Puppentrickserien war es Gerry Andersons erste Produktion mit realen Darstellern. Manches wurde in der nachfolgenden TV-Serie Ufo wiederverwendet und Roy Thinnes dürfte manchem aus der auch hierzulande kultigen Science-Fiction-TV-Serie Invasion von der Wega (im ZDF von April 1970 bis Januar 1971 gezeigt) vertraut sein.

Zweifellos hat Unfall im Weltraum einige Patina angesetzt, was sich nicht allein in den an sich keineswegs schlampig getricksten Weltraumszenen manifestiert. Sie sind trotzdem schlichtweg mit ein Beleg dafür, dass es im Science-Fiction-Kino zwischen Stanley Kubricks 2001 – Odyssey im Weltraum (1968) und Star Wars (1977) tricktechnisch nichts gibt, das auf annähernd vergleichbarem Qualitätsniveau rangiert. Umso mehr bereiten dafür allerdings gerade die originellen Miniatur-Spezial-Effekte von Derek Meddings, wobei der Raketenstart besonders begeistert, sowie der in einigen der frühen Szenen spürbare James-Bond-Touch nostalgischen Spaß. Die selten für die Leinwand adaptierte interessante Idee einer „Gegenerde“ macht den Streifen zudem sehenswert. Diese geht bereits auf den antiken griechischen Philosophen Philolaos zurück. Another Earth (2011) griff das Thema erneut auf.

Unfall im Weltraum in HD auf BD

Koch Medias feine Blu-ray-Ausgabe kommt als schickes Steelbook daher.

Das Bild im Breitwandformat (1:1.85) erscheint tadellos frisch. Nur ganz vereinzelt zeigt es kleinere Bildschäden. Es verfügt durchgehend über solide Schärfe, gute Farben und zeigt infolge des sauberen Kontrastverhältnisses und soliden Schwarzwerts auch viele Details. Das unaufdringliche, naturbelassen wirkende Filmkorn macht ebenfalls eine gute Figur. Das gilt erfreulicherweise ebenfalls für den sehr frischen, sauberen Mono-Ton in Deutsch wie Englisch, wobei in diesem Fall die deutsche Tonspur sogar noch ein wenig knackiger ist.

Neben dem 102-minütigen ungekürzten Hauptfilm (wahlweise mit Audiokommentar von Gerry Anderson, zu dem es allerdings leider keine deutschen Untertitel gibt) ist auch die etwas kürzere deutsche Fassung (97 min) wählbar.

Die Boni-Kollektion ist klein aber solide ausgefallen. Neben der Koch-Media-typischen, netten Galerie, bestehend aus diversen Werbematerialien, finden sich alternative Szenen (2:25 min), der deutsche und der britische Vorspann sowie als Appetithappen ein britischer Teaser nebst einem Kinotrailer.

Fazit: Der britische (!) Originaltitel Doppelgänger trifft den Kern der Sache zwar am besten, aber auch Unfall im Weltraum sowie das außereuropäische Pendant, Journey to the far Side of the Sun, ergeben letztlich Sinn. Damit steht dem nostalgischen Spaß an dieser nur wenig bekannten mittlerweile klassischen britischen Science-Fiction-Produktion der späten 1960er Jahre nichts im Wege. Der Film ist allein schon wegen seiner originellen Idee, einer mit der unsrigen fast identischen „Gegenerde“, sehenswert. Wer außerdem noch der originellen TV-Marionetten-Science-Fiction-Reihe Thunderbirds etwas abgewinnen kann, der dürfte kaum enttäuscht werden. Da die Koch-Media-Präsentation sowohl schick (Steelbook) als auch technisch tadellos ausgefallen ist, kann der Aufgeschlossene beruhigt zugreifen.

Zur Erläuterung der Wertungen lesen Sie bitte unseren Hinweis zum Thema Blu-ray-Disc versus DVD.

Regisseur:
Parrish, Robert

Erschienen:
2016
Vertrieb:
Koch Media Edition
Kennung:
Western Legenden Vol. 41, BD-Edition
Zusatzinformationen:
GB 1969

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