So mancher der etwas älteren Leser dürfte sich an die raffinierten Puppenanimationen in der berühmten TV-Scifi-Serie The Thunderbirds aus den Jahren 1964-66 erinnern, die Gerry Anderson produzierte. Der britische TV-Produzent Gerry Anderson ist übrigens in etwa das, was Gene Roddenberry für das US-TV bedeutet. Die im aufwändigen Super-Marionation-Verfahren verwirklichten Puppen- und Miniaturmodelltricks stammen übrigens vom später unter anderem auch für Golden Eye tätigen Trick-Spezialisten Derek Meddings. Seine schon damals aufwändig erzeugten Effekte sind ein besonders faszinierender Teil einer auch heutzutage noch ansehnlichen und für ihre Zeit ungewöhnlich actiongespickten und rasanten TV-Unterhaltung. Der große Erfolg der TV-Serie — besonders im Ausland — sorgte übrigens für zwei Kinofilme, von denen einer, Thunderbirds Are Go • Feuervögel startbereit (1966), auch hierzulande gezeigt worden ist.
Regisseur Jonathan Frakes versucht durch sein Remake Thunderbirds an den alten Erfolg anzuknüpfen. Der Film sorgte an den Kinokassen jedoch weltweit nicht gerade für Furore und wird hierzulande wohl in erster Linie in den Kindervorstellungen verheizt. Musikalisch bringt er Neues aus der Media-Ventures-Klangschmiede. Neben Altmeister Hans Zimmer wird als Co-Komponist Ramin Djawadi genannt. Im Begleitheft, das im Wesentlichen aus Credits besteht, dankt HZ allerdings neben anderen noch Klaus Badelt, Harry Gregson-Williams und charmanterweise ebenso Frau Mama.
Die Komposition zitiert im Main Title das Hauptthema der alten TV-Serie, einen pfiffigen Marsch des damaligen Hauskomponisten Barry Gray. Mit Hilfe der hier schon penetrant eingesetzten elektropoppigen Rhythmuseffekte soll dieser offenbar auf Zeitgeist getrimmt werden, um sein jugendliches Zielpublikum auf den Geschmack zu bringen. Und auch im weiteren Verlauf des Scores sind diese flirrenden Elektronik-Beats besonders auffällig und für meinen Geschmack aufdringlich. Ansonsten gibt’s allerdings nichts Umwerfendes oder gar Neues zu berichten. Das schon bei King Arthur Ernüchternde setzt sich hier in gerader Linie fort. Abgesehen vom diesmal fehlenden Ethno-Akzent steht das übliche, rein standardisierte Media-Ventures-Klanggebräu synthetisch aufgeblasener Orchestersounds auf dem Programm: „Gladiator and King Arthur Are GO“ lautet hier leicht nachvollziehbar die musikalische Devise.
Die aus dem Hause Zimmer stammenden neuen Themen sind gegenüber dem Barry-Gray-Marsch zwar passabel, jedoch deutlich weniger einprägsam und blass. Entsprechendes gilt auch für die weitgehend unscheinbare musikalische Entwicklung. Leider scheint das Marsch-Thema allein noch einmal kurz (in leicht variierter Form) im vorletzten Track, „F.A.B.“, auf. Hier wäre doch überhaupt insgesamt eine charmant-augenzwinkernde Hommage an Grays Filmmusik denkbar gewesen, indem man auf die wichtigsten der alten Themen zurückgegriffen und den musikalischen Fluss zumindest passagenweise auch im „alten Stil“ gestaltet hätte. Nun denn, Derartiges ist wohl eher weniger die Sache von Media Ventures.
Mit dem als Abschluss des Score-Albums erklingenden Song „Thunderbirds Are GO!“ von Busted ist nicht nur das Teenie-Event perfekt, im Begleitheft wird dazu praktischerweise gleich noch die Werbetrommel für das zugehörige Song-Album des Sänger-Trios „A Present for Everyone“ gerührt. Unterm Strich ist Thunderbirds für Zimmer-Freunde ein passables Album, allerdings gewiss keines, das man unbedingt haben muss.
Dieser Artikel ist Teil unseres umfangreichen Programms zum Jahresausklang 2004.