Im Spätwestern The Man Who Loved Cat Dancing • Der Mann, der die Katzen tanzen ließ (1973) verkörpert Burt Reynolds einen Ex-Offizier, der wegen Totschlags an den Mördern seiner indianischen Frau „Cat Dancing“ verurteilt worden ist – insofern ist der deutsche Titel (wie so oft) gelinde gesagt völlig irreführend.
Das FSM-Album bietet den seltenen Hör-Vergleich zwischen zwei Musiken für den selben Film. Zu der wohl mit beträchtlichen Schwierigkeiten verbundenen Produktion wurde ursprünglich der französische Komponist Michel Legrand verpflichtet. Nachdem dieser im Juni 1973 bereits Teile seiner Komposition eingespielt hatte, wurde er kurzfristig durch John Williams ersetzt, der seinen rund 40-minütigen Score in nur 5 Tagen fertig stellte. Die FSM-CD bietet die komplette Williams-Musik sowie die Teile, die Legrand von seiner Musik eingespielt hat.
Was Williams in der kurzen zur Verfügung stehenden Zeit komponiert hat, ist sicherlich nicht große Filmmusik. Es ist aber eine durchaus beachtliche Leistung, wie liebevoll er auch diesen Score gestaltet hat. Neben dem dominierenden Love-Theme arbeitet Williams noch mit zwei weiteren Themen und verschiedenen davon abgeleiteten Motiven. Zwar sind Pop-Einflüsse der 70er Jahre unüberhörbar, sie geraten aber nicht zum verwässernden Element einer Komposition, die stilistisch zwischen den ähnlich stark folkig geprägten The Reivers (1969) und der stärker sinfonischen Copland-Americana in The Cowboys (1972) pendelt und auch ein Bindeglied zur eigenwilligen folkig-poppigen Klangschöpfung zu The Missouri Breaks (1976) ist. (In den Pop-Anklängen verwandt ist auch die ebenfalls 1973 entstandene Musik zu Ace Eli and Rodger of the Skies von Jerry Goldsmith.)
Michel Legrand dürfte den etwas älteren Hasen als Schreiber einer Reihe von heutzutage im Wesentlichen noch als „Pop-Dudler“ durchgehenden Filmmusiken bekannt sein. Zu seinen gut ausgearbeiteten, sinfonisch geprägten Partituren gehören Summer of ’42 (1971) und The Three Musketeers (1974). Legrands Beitrag zu The Man Who Loved Cat Dancing ist ebenfalls keinesfalls ohne Pfiff, sondern sogar gekonnt eigenwillig gemacht. Dies belegen selten eingesetzte Instrumente wie das Cembalo, die Okarina (eine Keramikflöte aus Italien und Südamerika), die Sarod (eine nordindische Laute) und das Hackbrett. Wie auch bei Williams sind Pop-Elemente deutlich spürbar, aber im Gegensatz zur Musik von Williams ist die von Legrand weniger Americana-Western-typisch. Sie klingt stärker ethnisch und wirkt dabei ein wenig mystisch angehaucht. Die Komposition ist in Teilen eine Mixtur aus indianisch anmutender und fernöstlich geprägter Klangexotik – die ethnischen Vocals sind übrigens von Michel Legrand selbst beigesteuert. Auch diese Komposition dürfte wohl eine wirksame Begleitung zu den Filmbildern sein. Leider ist ein CD-Album überfordert, wenn es um die Beurteilung einer Filmszene mit verschiedenen Musiken geht …
Das FSM-Album The Man Who Loved Cat Dancing bietet reizvolle Hör-Einblicke ins MGM-Archiv. Musikalisch sind beide Scores zwar eher leichtgewichtig, verdienen jedoch dank ihrer geschickten und pfiffigen Machart gleichermaßen 4 Sterne. Der hohe Repertoire-Wert des Albums sowie das vorzügliche Booklet rechtfertigen einen Zuschlag auf 4,5 Sterne. Erwähnung verdient auch der tadellose, überaus frische, transparente und rauscharme Klang. Wer allerdings sehr auf den ausgefeilten Sinfoniker Williams (ab etwa Star Wars) abonniert ist, sollte sicherheitshalber bei FSM probehören.
Mehrteilige Rezension:
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