The Foxes of Harrow
The Foxes of Harrow • Eine Welt zu Füßen (1947) zählt selbst in den USA zu den selten gezeigten Filmen und ist hierzulande nahezu unbekannt. Der Film scheint ein wenig eine allerdings verspätete Antwort der 20th Century Fox auf David O. Selznicks Vom Winde verweht zu sein. Im Gewande eines historischen Gesellschaftsmelodrams präsentiert sich die Geschichte um den ehrgeizigen Falschspieler Stephen Fox, angesiedelt am Mississippi im „Alten Süden“ von Louisiana um 1830. In den Hauptrollen agieren Rex Harrison und Maureen OHara.
David Buttolph (1902-1983) gehört zu den Veteranen des Golden Age, die mehr oder minder im Schatten der großen Namen, als einer unter vielen in der perfekt geschmierten Maschinerie der Musikdepartments (von Fox und Warner) in Hollywood agierten. Geboren in New York, verbrachte er die Jahre zwischen 1923 und 1927 in Deutschland und Österreich. Er studierte am Wiener Konservatorium und war sich nicht zu schade, als Musiker in Nachtklubs seinen Unterhalt zu verdienen. Die längste Zeit arbeitete er unter Kontrakt bei Fox und damit unter der Leitung von Alfred Newman. Er schrieb die Musik zu rund 300 Filmen, was aber in der Regel Teamarbeit beim Erstellen von Teilen der betreffenden Filmkomposition und/oder Tätigkeit als Arrangeur bedeutete. Zu den dutzenden Arbeiten Alfred Newmans an denen er (meist unter enormem Zeitdruck) mitarbeitete zählen beispielsweise The Blue Bird und The Black Swan.
Bei den Filmen, die David Buttolph (zumindest annähernd) eigenständig vertonte, finden sich nahezu sämtliche Genres. Zu den auch hierzulande bekannteren Streifen zählen dabei John Fords berühmte Western My Darling Clementine• Tombstone (1946) und The Horse Soldiers • Der letzte Befehl (1959) sowie Warners erster Ausflug ins 3-D-Genre, House of Wax • Das Kabinett des Professor Bondi (1953). In seinen späteren Jahren arbeitete Buttolph als Freelancer häufig für Warner, aber auch für weitere Studios, wie MGM, Paramount und Columbia. Er vertonte aber auch Fernsehserien: So eine ganze Staffel von Warner Bros. Presents, und zusammen mit Paul Francis Webster resultierte der besonders bekannt gewordene Song für die Warner-TV-Western-Serie Maverick.
The Foxes of Harrow war Buttolphs letzte Filmvertonung bei Fox. Das wiederum überaus liebevoll und üppig ausgestattete umfangreiche Begleitheft der SAE-Edition wartet mit ausführlichen Informationen, verfasst von John Burlingame, zur Entstehung von Film und Musik auf. Anhand vieler farbiger Szenenfotos entsteht beim ersten Durchblättern zuerst (fast) der Eindruck einen Farbfilm vor sich zu haben. The Foxes of Harrow ist jedoch „nur“ in Schwarz-Weiß, wurde aber mit colorierten Starporträts und Aushangfotos beworben.
David Buttolphs Filmmusik steht stilistisch besonders den Musiken Alfred Newmans nah. Auch wenn der Komposition daher zumindest über weite Strecken etwas Eigenständigkeit fehlt, das Gebotene zeichnet sich durch überaus solides Handwerk und melodischen Charme aus. Buttolph erweist sich sowohl als talentierter als auch als anpassungsfähiger Melodiker. Dafür stehen die beiden Hauptthemen des Scores, das Majestätische für Harrow/Stephen-Fox und das lyrische Liebesthema für die von Maureen OHara verkörperte Lily. Beide stehen in bester Alfred-Newman-Tradition und werden von ihrem Schöpfer im Score in sehr ähnlicher Weise gehandhabt.
Originellerweise erhält auch Maureen OHaras warmer irischer Sopran die Möglichkeit, sich zu beweisen: mit dem kreolischen Volkslied „Pauve Piti, Momzelle Zizi“. Auch die Welt der Negersklaven spiegelt sich in mehreren Spiritual-Arrangements sowie dem Voodoo-Song „Erzilee“. Den Höhepunkt des Films in „The Sugar Crop“ hat Buttolph allein rhythmisch unterlegt, ausgeführt von effektvoll-unheimlichen Voodoo-Trommeln. Ein Vorbild für diesen archaischen Effekt findet sich in Newmans Captain from Castile.
David Buttolphs Name erscheint zwar im Rollentitel, komplett sortenrein ist jedoch die Filmmusik zu The Foxes of Harrow nicht, sie trägt vielmehr, wie auch viele Arbeiten Alfred Newmans, dezente Spuren von Team-Work. So zeichnet für die Spiritual-Einlagen und den Voodoo-Song Jester Hairston verantwortlich. Das Arrangement des von Maureen OHara interpretierten kreolischen Volkslieds stammt von Arthur Wynter-Smyth, Charles Henderson arrangierte das alte (ebenfalls) kreolische Lied „Musieu Bainjo“. Und in der großen Ballszene erklingen zwei der Newman-Walzer aus Dragonwyck.
David Buttolphs Musiken auf Tonträger besitzen Seltenheitswert: Derzeit ist auf CD offiziell wohl allein die Neueinspielung von rund 19 Minuten aus The Beast of 20.000 Fathoms (1953) aus der Reihe „Monstrous Movie Music, Vol. 2“ erhältlich. Ansonsten haben während der LP-Ära nur zwei Musiken des Tonschöpfers den Weg auf Tonträger gefunden: Long John Silver und The Horse Soldiers. Umso willkommener ist SAEs Veröffentlichung zu The Foxes of Harrow. Die Lichttonmaster des Scores lagen nicht nur vollständig (mehrkanalig) vor, sie haben sich außerdem in hörbar erstklassigem Zustand erhalten. Entsprechend verfügt das CD-Album über einen erstaunlich vollen und satten Stereo-Klang, der eindeutig zum Besten gehört, was bis dato aus der Lichtton-Ära zutage gefördert worden ist.
Dieser Artikel ist Teil unseres umfangreichen Programms zu Ostern 2006.