Sursum Corda, Baby Serenade

Geschrieben von:
Michael Boldhaus
Veröffentlicht am:
17. Mai 2002
Abgelegt unter:
CD

Caspar Richter dirigiert Korngold

Den Orchester- und Kammermusikwerken Korngolds widmet sich seit einigen Jahren eine CD-Reihe des Labels ASV. Auf dem hieraus vorgestellten Duo bereiten das Bruckner Orchester Linz unter Caspar Richter eine weitere Gesamt-Edition der Orchesterwerke des großen österreichischen Komponisten vor.

Neben den bereits an anderer Stelle – weiterführende Links unten – vorgestellten Kompositionen (Vorspiel und Serenade aus der Ballett-Pantomime „Der Schneemann“, die Ouvertüre „Sursum Corda“, die Märchenbilder, „Prelude und Carnival“ aus der Oper „Violanta“ sowie die Schauspiel-Ouvertüre) finden sich zwei weitere Auszüge aus Opern. Zum einen das Vorspiel zum II. Akt aus „Die tote Stadt“, in dem die Glocken der (toten) Stadt Brügge zur ausdrucksstarken tonmalerischen Klangvision werden. Zum anderen das orchestrale Zwischenspiel (vor dem III. Akt) aus „Das Wunder der Heliane“, Korngolds nicht allein größtes, sondern wohl auch reichhaltigstes Opernwerk. Das hochdramatische Zwischenspiel beginnt als düsterer von Bläserfanfaren umrahmter Trauermarsch, steigert sich in einer strahlenden Wiederaufnahme der den Liebenden im II. Akt zugeordneten Musik und schließt mit einer Reprise des Beginns.

Einen heiter-ironischen Kontrast zur Operndramatik bildet die entzückende „Baby-Serenade“, die zur Geburt von Korngolds zweitem Sohn Georg 1928 entstand – des Georg, der sich später um die Wiederbelebung der Filmmusik seines Vaters so verdient machte. Das humorvolle Werk – eine Art Pendant zur „Sinfonia Domestica“ von Richard Strauss – ist für Blasinstrumente (14 einschließlich Jazztrompete und drei Saxophonen), Banjo, Klavier, Harfe und Streicher geschrieben. Das Stück hat 5 Sätze mit den programmatischen Bezeichnungen: Ouvertüre – Baby tritt in die Welt; Lied – Es ist ein braves Baby; Scherzino – Es hat auch die schönsten Spielsachen; Jazz – Baby erzählt eine Geschichte; Epilog – Und nun singt es sich in den Schlaf.

Mit seinen sanften Jazz-Anklängen und dem Banjo-Spiel hat das hübsche kleine Werk gar einen leicht amerikanischen Touch und die Saxophone erzeugen ein Gefühl, das ein wenig an Kurt Weill erinnert. Auch hier gilt, ähnlich wie bei „Viel Lärm um Nichts“, dass leicht nicht niveauarm bedeuten muss. Der Komponist erweist sich auch hier als Meister in der kunstvollen Gestaltung und Verwendung musikalischer Formen wie Marsch, Walzer und Menuett. Im finalen Wiegenlied erklingen kunstvoll eingearbeitet die bekannten Kinderlieder: Hänschen klein; Oh, Du lieber Augustin und Kommt ein Vogel geflogen. Ein klingender Beweis dafür, wie leicht es Korngold fiel, die Grenzen zwischen E- und U-Musik zu verwischen.

In den 20er Jahren profilierte sich der junge Komponist auch mit der Wiederbelebung des seinerzeit weitgehend in Vergessenheit geratenen Johann Strauß – die hierdurch ins Leben gerufene Strauß-Renaissance strahlte auch noch auf Korngolds Jahre in den USA aus. In diese Zeit fallen eine Vielzahl berühmter Korngold-Neubearbeitungen von Strauß-Operetten, zu denen ihn zum Teil Hubert Marischka, Direktor des Theaters an der Wien, anregte. In dieser Phase lernte er aber auch Max Reinhardt kennen, den Mann, der ihn später bei Warner Brothers einführen sollte (siehe auch A Midsummer Night’s Dream). In dieser Zeit entstand die später von Franz Kopriva orchestrierte Klavierfantasie „Geschichten von Strauß“. Ein gelungenes Arrangement bekannter Strauß-Melodien, das seit einer Aufnahme in den 30er Jahren jetzt erstmalig wieder auf Tonträger zugänglich ist. Auch das letzte Orchesterwerk aus dem Jahre 1953 ist dem Meister der Wiener-Operette und des Wiener-Walzers gewidmet: Die „Straussiana“ ist eine für Schulorchester eingerichtete, trotz der damit notwendigen Vereinfachungen glänzend klingende Bearbeitung einiger seinerzeit nahezu unbekannter Strauß-Melodien aus „Fürstin Ninetta“, „Cagliostro in Wien“ und „Ritter Pasman“.

Thema und Variationen Op. 42 ist das letzte Werk Korngolds und zeigt, was ein Könner aus einem einfachen, aber markanten Thema alles machen kann – das laut Anweisung wie eine irische Volksmelodie gespielt werden soll. In den in Ausdruck und instrumentaler Farbe deutlich voneinander abgesetzten Variationen lebt aber auch ein letztes Mal die Erinnerung auf an die Jahre in Hollywood und die Kompositionen zu den Errol-Flynn-Abenteuerfilmen.

Das Linzer Bruckner Orchester ist ein oberösterreichisches Elite-Ensemble, das sehr erfolgreiche Konzerttourneen in Europa, Japan und auch China absolviert hat. Der 1944 in Lübeck geborene Caspar Richter ist seit 1999 Gastdirigent des Orchesters. Die auf den beiden CDs vertretenen Korngold-Aufnahmen zeigen einen homogen und geschmeidig agierenden voluminösen Klangkörper, der sich unter seinem Dirigenten der nicht einfach zu spielenden Musik locker gewachsen zeigt. Dies alles belegt eine hervorragende Aufnahmetechnik, die alle klanglichen Raffinessen der Partituren offenlegt.

Weiterführende Links:

Korngold auf Chandos
cpo-Special


Mehrteilige Rezension:

Folgende Beiträge gehören ebenfalls dazu:


Erschienen:
2000
Gesamtspielzeit:
61:45 Minuten
Sampler:
ASV
Kennung:
DCA 1074
Zusatzinformationen:
BO Linz, Caspar Richter

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