Der am 3. Dezember 1911 unter dem Namen Nini Rinaldi in Mailand (nicht, wie im Booklet fälschlicherweise angegeben, in Rom) geborene Nino Rota zählt zweifellos zu den bekanntesten und erfolgreichsten europäischen Filmkomponisten. Er stammte aus einer musikalischen Familie – ein Erbe, das sich schon sehr früh bemerkbar machte: Sein erstes Oratorium, „L’infanzia di San Giovanni Battista“, wurde bereits 1923 uraufgeführt! Überhaupt ist sein Werk abseits von Kino und Fernsehen ausgesprochen umfangreich und umfasst neben kammermusikalischen Werken beispielsweise auch etliche Opern und Ballettmusiken. Neben seiner Tätigkeit als Komponist war Rota aber auch in der Lehre tätig. 1950 übernahm er die Leitung des Konservatoriums in Bari – ein Posten, den er bis zu seinem Tod im Jahre 1979 behalten sollte.
Ab dem Beginn der 40er Jahre wandte sich Rota verstärkt auch dem Medium Film zu – allein in diesem Jahrzehnt entstanden über 30 Scores. Den endgültigen internationalen Durchbruch brachte jedoch seine Begegnung mit dem italienischen Regisseur Federico Fellini. Es entwickelte sich eine jahrzehntelange Zusammenarbeit, in deren Rahmen Klassiker wie La Strada (1953), La Dolce Vita (1960) oder Roma (1972) entstanden.
Auch für andere Regisseure blieb Nino Rota weiterhin tätig. Hier ist zum Beispiel Luchino Viscontis Film Der Leopard zu nennen, eine italienisch-französische Koproduktion von 1963 mit Burt Lancaster, Claudia Cardinale, Alain Delon und Terence Hill (siehe hierzu die Rota-Kompilationen unter dem Dirigat Riccardo Mutis). Sehr bekannt ist auch sein melancholisches Liebesthema aus der italienischen Verfilmung von Shakespeares Romeo und Julia von 1968. Der größte Publikumserfolg war jedoch zweifellos seine Musik zu Francis Ford Coppolas The Godfather • Der Pate. Das Liebesthema aus dieser Filmreihe zählt zu denjenigen Melodien, die auch viele Nicht-Filmmusik-Fans im Ohr haben. 1972 kam es jedoch zum Eklat, als Rota die Oscarnominierung wieder entzogen wurde, nachdem bekannt geworden war, dass er dieses Thema bereits 15 Jahre zuvor in dem italienischen Film Fortunella verwendet hatte. Dies war ein klarer Verstoß gegen die Regeln der Academy, und die Statue ging an Charlie Chaplin für seine Musik zu Limelight. Zwei Jahre später bekam Rota für die Fortsetzung des Erfolgsfilms dann doch noch die begehrte Auszeichnung – zusammen mit Carmine Coppola, aus dessen Feder u.a. die ebenfalls relativ bekannte Godfather-Tarantella stammt (und der übrigens der Vater des Regisseurs war).
Bei den vier Werken auf der vorliegenden CD handelt es sich um zwei relativ frühe Kompositionen Rotas (das Quintett stammt aus dem Jahr 1935, die „Sonate für Flöte und Harfe“ entstand 1937) sowie um zwei Spätwerke (das Nonett wurde 1976 uraufgeführt; das Trio ist ein Jahr älter).
Stilistisch unterscheiden sich die beiden frühen Werke deutlich von den später entstandenen. Während erstere deutlich impressionistisch beeinflusst sind und selbst in den schnelleren Sätzen noch relativ heiter und unbeschwert klingen, finden sich bei Nonett und Trio deutlich mehr hektische Passagen mit zahlreichen chromatischen, teilweise sogar dissonanten Elementen. Die Musik ist in allen vier Kompositionen fast immer melodiös, jedoch sind die Melodiebögen relativ kurz.
Die CD beginnt mit dem jüngsten der vier Werke, dem Nonett (mit dessen Komposition Rota allerdings schon 1959 begann). Vor allem die lebhafteren Sätze (der erste, dritte und fünfte) wirken hier stellenweise recht verspielt, während der zweite Satz sehr ruhig bleibt. Im vierten Satz, „Canzone von variazioni“, erinnern einige langsamere Stellen etwas an die europäischen Frühromantiker wie etwa Franz Schubert.
Unmittelbar auf das Nonett folgt auf der CD die älteste der vier Kompositionen, nämlich das „Quintett für Flöte, Oboe, Viola, Cello und Harfe“. Stilistisch unterscheidet sich dieses Werk, wie schon erwähnt, stark vom Nonett. Der erste Satz klingt ruhig und unbeschwert – wenn man die Augen schließt, könnte man sich fast in einen romantischen Garten versetzt fühlen. Der mittlere Satz, ein Adagio, ist wesentlich melancholischer, während der letzte wieder deutlich heiterer klingt.
Das Trio beginnt mit einem „Allegro ma non troppo“ – Satz, der beherrscht wird von schnellen, teilweise chromatischen Läufen des Pianos, zwischen die Rota aber auch einige ausgesprochen ruhige Passagen eingeschoben hat. Der zweite, insgesamt recht ruhige Satz ist wohl der chromatischste der gesamten CD, während der dritte, überschrieben mit „Allegro vivo con spirito“, mit seinen schnellen auf- und abwärtsgerichteten Läufen (diesmal vor allem bei Flöte und Violine) stellenweise stark an Rimsky-Korsakoffs „Hummelflug“ erinnert.
Die „Sonate für Flöte und Harfe“ entspricht stilistisch wieder mehr dem Quintett, allerdings ist das Melodische hier etwas stärker betont. Auch von der Besetzung her ähneln sich beide Werke, bringt Rota doch in beiden Fällen eine Flöte und eine Harfe zum Einsatz.
Fazit: Filmmusikliebhabern, die sich für das Schaffen von Filmkomponisten abseits der Leinwand interessieren, kann diese verhältnismäßig preiswerte CD ruhigen Gewissens empfohlen werden. Zwar fehlen weitgehend große Melodiebögen, doch gehen die vorgestellten Werke auf jeden Fall wesentlich leichter ins Ohr als z.B. manche kammermusikalische Komposition von Nino Rotas Landsmann Ennio Morricone.