La Belle et la Bête (Blu-ray & DVD)

Geschrieben von:
Michael Boldhaus
Veröffentlicht am:
4. September 2011
Abgelegt unter:
Blu-Ray, DVD

Film

(6/6)

Bild

(5/6)

Ton

(3/6)

Extras

(5/6)

Vom Multitalent Jean Cocteau (1889—1963), Poet, Maler, Schauspieler und Filmemacher, stammt der Filmklassiker La Belle et la Bête • Die Schöne und die Bestie (1946). Zusammen mit Alexander Kordas Der Dieb von Bagdad (1940) sowie Das Dschungelbuch (1942) zählt Die Schöne und die Bestie zu den herausragenden Beispielen des poetischen Märchenkinos.

Das überaus fantasievoll umgesetzte französische Volksmärchen über die Bedeutung wahrer Schönheit, der des Charakters, hat bis heute von seinen Reizen nichts verloren. Einer der Kernsätze des Films verdeutlicht dies, wenn die Schöne (Bella) zur halb Mensch wie Tier wirkenden Bestie sagt: „Viele Menschen sind abscheulicher als Ihr, aber Sie verstehen es zu verbergen“. Die so mitreißende Wirkung dieser vorzüglichen Leinwandadaption geht aber nicht allein auf die überzeugenden Darsteller zurück: im Zentrum Jean Marais in einer Dreifachrolle (Avenant/Bestie/Prinz) und Josette Day als Bella. 4659Ebenso entscheidend sind die ausgetüftelten, immer noch verblüffenden Tricks und Einfälle (z. B. rückwärtslaufende Kamera), die in Kombination mit einer ausgefeilten Lichtregie des Kameramannes Henri Alekan zu einer so eindrucksvollen wie zugleich unverwechselbaren Aura des Fantastischen dieses trotz seiner „Farblosigkeit“ atmosphärisch so außergewöhnlichen Schwarz-Weiß-Films führte. In den Bauten Christian Bérards schuf Alekan stimmungsvolle Bilder voller Magie, inspiriert von flämischen Malern des Barock (Jan Vermeer, Pieter Coecke van Aelst).

Jean Marais (1913—1998) war nicht nur Darsteller in Mantel-und-Degen-Filmen wie Fracass, der freche Kavalier (1961) oder die augenzwinkernde Verkörperung sowohl des Schurken wie des guten Journalisten Fandor in einer Doppelrolle im Fantomas-Franchise der 1960er. Er war zudem ein vorzüglicher Theatermime. Sein Spiel besitzt trotz Bestien-Maske erstaunliche Ausdruckskraft, wobei die Statik der heutzutage insgesamt natürlich etwas steif wirkenden Maske durch überraschende gelegentliche Bewegungen der Ohren raffiniert abgemildert wird. Wie bereits erwähnt, tritt Marais auch in La Belle et la Bête nicht nur einmal in Erscheinung: neben der Bestie ist er als oberflächlicher Schönling Avenant und schließlich als der erlöste Prinz zu sehen.

Das Schloss der Bestie ist ein wahrlich verwunschen erscheinender Ort. Die durch die Gänge huschende Bella wird von auf einmal lebendig werdenden Gesichtern steinerner Figuren fortwährend beobachtet, wobei aus den Wänden ragende menschliche Arme Leuchter halten und zuerst dem Vater, der sich verirrte, und späterhin der Schönen ebenso per Fingerzeig Hinweise geben. Was sich hier für den unbedarften Leser ein wenig wie Horrorfilmatmosphäre lesen mag, ist dies mitnichten. Die Steinfigurengesichter blicken eindeutig freundlich und mitunter huscht ein Lächeln darüber. Die körperlosen menschlichen Arme und Hände agieren ebensowenig bedrohlich, sondern vielmehr eindeutig wohlwollend und die Gäste bedienend. Dies alles ist mitentscheidend für die zwar fantastische, aber kaum bedrohlich erscheinende, vielmehr betont poetisch-sinnliche Atmosphäre dieses Films. Auch Georges Aurics edle Filmkomposition zu La Belle et la Bête spielt bei der insgesamt so überzeugenden Gesamtwirkung eine tragende Rolle.

„Für alle, die glauben, nichts sei unmöglich“ heißt es im Trailer. In einem Prolog beschwört Cocteau so die Welt der Märchen und der diesen andächtig lauschenden Kinder. Er erbittet vom Zuschauer im Vorfeld auf das Folgende eine entsprechende Portion Naivität und eröffnet das Geschehen mit den drei magischen Worten, dem „Sesam öffne Dich“ aller Märchen: Es war einmal …

4660Die Schöne und die Bestie auf Blu-ray und DVD

Bereits 2005 veröffentlichte ems Cocteaus Film als Doppel-DVD-Edition als lizensierte deutsche Übernahme der 2003er-Edition der „Criterion-Collection“ (ein US-Unternehmen, spezialisiert auf hochwertige Sammler-Editionen klassischer wie zeitgenössischer Kinofilme) mit punktuell verändertem, leicht abgespecktem Bonusmaterial. Als Vorlage diente die 1995 im Vorfeld des Jubiläums „100 Jahre Kino“ restaurierte Fassung des Films.

Seinerzeit meinte ems offenbar, der berühmten Disney-Adaption desselben Stoffes, Die Schöne und das Biest (1991), durch Verwendung des identischen Titels Tribut zollen zu müssen. Die nun von Alamode-Film vorgelegte neue Ausgabe hingegen firmiert erfreulicherweise wieder unter dem 1947er deutschen Titel: Die Schöne und die Bestie.

Die nun aus drei Discs bestehende Edition ist eine Kombination aus Alt und Neu, nämlich dem ems-Vorgänger, bestehend aus zwei DVDs (Spielfilm auf DVD 1, Boni auf DVD 2), sowie zusätzlich einer Blu-ray, welche den Film analog zur fast zeitgleich (am 19.7.2011) in den USA ebenfalls erschienenen Blu-ray-Version von Criterion erstmalig in High-Definition präsentiert.

Vergleicht man von der aktuellen Alamode-Ausgabe den Film von DVD, also in Standard-Definition (SD), mit der neuen HD-Version von Blu-ray, muss man feststellen, dass man auch dem restaurierten Material das Alter immer noch deutlich anmerkt. Unmittelbar erkennbare Schwächen zeigen sich neben auffälligem Bildgriesel im zwar durchaus passablen, aber eingeschränkten Kontrastumfang. Das Bild erscheint zudem auch in nicht weichgezeichneten Passagen immer etwas zu weich und wirkt in manchen Szenen durch einen deutlich rauschenden Untergrund etwas unruhig, und auch der Bildstand ist nicht immer optimal. Außerdem werden immer wieder Reste der beseitigten Materialschäden sichtbar.

Die angemerkten Schwächen sind nicht einfach eine Altersfrage. Bei optimaler Materialsituation können auch alte Filme durchaus ein mit heutigen Werken vergleichbar frisches, knackiges Bild zeigen. Im Falle von La Belle et la Bête sind die nicht vollständig behebbaren Mängel in entscheidendem Maße auf die äußerst schwierigen Umstände der Entstehung zurückzuführen.

Die Dreharbeiten begannen am 26. August 1945 in Rochecarbon bei Tours, also nur wenige Monate nach der deutschen Kapitulation, in einem vom Krieg noch stark gezeichneten Frankreich. Das entsprechend schon seinerzeit wohl kaum in optimaler Qualität verfügbare Negativmaterial ist zudem nicht nur durch den Alterungsprozess beeinträchtigt, sondern außerdem durch die unzähligen Kopierungen stark in Mitleidenschaft gezogen. Einblicke in die diversen Probleme, mit denen das Restaurationsteam zu kämpfen hatte (wie Materialschrumpfungen, fehlende Bilder), gibt es im mit rund 4 Minuten leider etwas knappen Segment „Film Restauration“ (DVD 2).

Entsprechend darf man nun von der Blu-ray-Ausgabe keine Wunder erwarten. So stellt sich beim Betrachten der HD-Fassung weder unmittelbar noch durchgehend die von hoch auflösenden Bildern üblicherweise erwartete Brillanz ein. Allerdings, obwohl längst nicht perfekt, sind punktuelle Verbesserungen gegenüber der DVD-Fassung spürbar, etwas, das besonders beim Betrachten auf größerem Bildschirm einen eindeutigen Qualitätszuwachs verzeichnet. Neben dem geringeren Anteil erkennbarer Restmängel ist ein leichtes Plus an Schärfe und Detail und auch im Schwarzwert zu beobachten. Zwar ist beim HD-Transfer gegenüber dem SD-Transfer mitunter gröberes Korn zu sehen, unterm Strich ist das Bild aber doch ein spürbares Quäntchen überzeugender. In einer Reihe von Szenen sieht es sogar derart beachtlich aus, dass einige Freude aufkommt. Da erscheinen dann die edlen Kostüme besonders detailreich und auch das Funkeln des Schmucks der schönen Bella sticht ins Auge. Beim Ton ist die angeschlagene französische Original-Tonspur besonders gut aufgefrischt worden. Gegenüber der 1947er deutschen Kinosynchronisation klingt diese jetzt gerade in der unterlegten eindrucksstarken Filmmusik merklich frischer als ihr deutsches Pendant. Zwangsläufig kann sich der nun gesäuberte alte Mono-Lichtton natürlich nicht mit heutigem Sourround-Stereo-Sound messen. Angesichts der suboptimalen Materiallage kann man summa summarum mit dem Erreichten bereits in der SD-Version, aber ganz besonders in der jetzt vorliegenden HD-Version, also von Blu-ray, zufrieden sein.

4661Sowohl zur SD- wie auch zur HD- Filmfassung ist ein interessanter Audiokommentar des Kulturhistorikers Christopher Frayling wählbar, der allerdings leider nicht deutsch untertitelt ist. Wie bereits erwähnt befinden sich die übrigen Boni auf der DVD 2, und diese sind erfreulicherweise sämtlich mit deutschen Untertiteln versehen. Die 1995er Doku „Aufführung im Majestic“ (ca. 27 Minuten) führt u. a. an die seit damals erstaunlicherweise nahezu unveränderten Drehorte. Darüber hinaus sind besonders erwähnenswert die Interviews mit dem Kameramann Henri Alekan (ca. 9 Minuten) und dem Maskenbildner Hagop Arakelian (ca. 9 Minuten) sowie neben dem Original- der neu erstellte Trailer nach der Restauration.

Zwar ist die Edition von Alamode-Film in den Boni — wie bereits die 2005er ems-Vorläuferin — mit ihrer US-Criterion-Schwester nicht komplett identisch, aber das Fehlende (im Wesentlichen ein zusätzlicher Audiokommentar des Filmhistorikers Arthur Knight sowie die gleichnamige Oper von Philip Glass als alternative Tonspur) ist weniger essentiell und dürfte daher von den allermeisten Interessenten zu verschmerzen sein. Dafür ist das Interview mit Maskenbildner Hagop Arakelian anscheinend nur in der deutschen Ausgabe enthalten.

Fazit: Alle Jahre wieder erscheint auch so mancher Filmklassiker in neuer Ausgabe. Die dieses Mal von Alamode-Film stammende Edition zu Jean Cocteaus La Belle et la Bête übernimmt das bereits bei der Boni-Kollektion sehr ansehnliche Material der im Jahr 2005 von ems veröffentlichten Doppel-DVD. Sie wird erweitert mit einer Blu-ray-Disk, die den Film zusätzlich in HD präsentiert.

Infolge der problematischen Materialsituation sieht man auch dem restaurierten Film noch Schwächen an. Aber auch hier vermag der punktuell nochmals verbesserte HD-Transfer immerhin dezente Trümpfe auszuspielen. Besonders bei Wiedergabe über größere Bildschirme tritt dann in Teilen die außergewöhnliche Magie dieser zeitlos schönen Märchenverfilmung doch noch etwas markanter hervor.

Zur Erläuterung der Wertungen lesen Sie bitte unseren Hinweis zum Thema „Blu-ray-Disc versus DVD“.

© aller Logos und Abbildungen bei den Rechteinhabern. (All pictures, trademarks and logos are protected.)

Regisseur:
Cocteau, Jean

Erschienen:
2011
Vertrieb:
Alamode Film
Kennung:
641 3208 (3-Disc-Set, 1 Blu-ray und 2 DVDs)
Zusatzinformationen:
F 1946

Weitere interessante Beiträge:

Radetzkymarsch (Corti)

Radetzkymarsch (Corti)

Immenhof: Die 5 Originalfilme auf DVD

Immenhof: Die 5 Originalfilme auf DVD

Metropolis

Metropolis

Die Schlacht am Harzhorn – Roms letzter Feldzug nach Germanien

Die Schlacht am Harzhorn – Roms letzter Feldzug nach Germanien

Cinemusic.de