Into the Woods (Blu-ray)

Geschrieben von:
Michael Boldhaus
Veröffentlicht am:
20. August 2015
Abgelegt unter:
Blu-Ray

Film

(3.5/6)

Bild

(5.5/6)

Ton

(5.5/6)

Extras

(4/6)

Betont düster, geradezu wie auf ein Disney’sches Tim-Burton-Abenteuer verweisend, eröffnet das bekannte Dornröschenschloss-Logo, obwohl der Regisseur Rob Marshall (Chicago) heißt. Im Disney’schen Märchenwald nach dem gleichnamigen 1987er Stephen Sondheim Musical, geht’s dieses Mal recht abgefahren und modern zugleich zu. Elemente aus „Cinderella“, „Rapunzel“, „Rotkäppchen“ sowie „Hans und die Bohnenranke“ werden zu einem mitunter drollig, zum Teil auch etwas bizarr anmutenden Märchen-Cocktail vermengt. Eine Rahmenhandlung um ein Bäckerehepaar bildet dafür die Basis, deren Kinderwunsch nur dann in Erfüllung gehen kann, wenn sie einer Hexe, elegant verkörpert durch Meryl Streep, vier Utensilien zukommen lassen, welche ein Charakteristikum des jeweils verarbeiteten Märchens sind: neben Rotkäppchens Kapuzenmantel, Cinderellas goldenem Schuh und Rapunzels Haar handelt es sich um Jacks weiße Kuh, die hier drolliger Weise Milky White heißt.

Im nahe bei einem englischen Dorf gelegenen Wald bekommt es Rotkäppchen (Lilla Crawford, die hier ihr Kinodebut gibt) mit einem lüsternen Päderasten-Wolf zu tun. Den gibt der Verkleidungskünstler Johnny Depp, der allerdings nur einen rund fünfminütigen Mini-Auftritt erhält. Dabei stehen die Zeichen nur anfänglich auf Happy-End. Im quasi zweiten Filmteil wird das idealisierend Optimistische der Märchen-Happy-Ends auf den Kopf gestellt. Die vertrauten Figuren werden aus der Traumwelt der Märchen katapultiert und landen im mitunter perfiden Spiel äußerst unsanft auf dem Boden der Alltagsrealität, wie sie jeder kennt. So entpuppt sich etwa Cinderellas Prinz Charming (Chris Pine) als Filou, der seinem Schatz bereits kurz nach der Hochzeitsnacht untreu wird. Versucht er doch, die hübsche Frau des Bäckers (Emily Blunt) zu verführen. Für die so trefflich agierende Meryl Streep als eine der ewigen Jugend nachjagende Hexe, gerät diese letztlich zur enttäuschenden Erfahrung mit sogar tödlichem Ausgang. Der dem Spektakel den Namen verleihende, stilisierte und im Verlauf immer düsterer erscheinende Märchenwald aus Gips, Stahl und ja, auch Holz, ist lt. Regisseur Rob Marshall ein metaphorischer Ort, quasi ein Spiegelbild der Seele der Figuren. Die Wendungen sind jedoch längst nicht immer komplett überzeugend geraten. Insgesamt pendelt Into the Woods ab jetzt eher unsicher zwischen Komödie und Tragödie. Während im originalen Sondheim-Musical nach scheinbar gutem Ende die Verwerfungen letztlich doch wesentlich überzeugender, nämlich erst ein gutes Jahr danach eintreten, spielt sich dies im Film alles innerhalb weniger Tage ab. Trotzdem zieht sich das Ganze dann auch mal etwas, wobei es dem durchweg so liebevoll detailfreudigen und eindrucksvollen Produktionsdesign zumindest teilweise gelingt, die Schwächen zu überspielen. Last but not least, die Moral von der Geschicht’ wiederum alltäglich ist: Die als kollektive finale Bedrohung im finsteren Tann auftauchende Riesin bringt man nur gemeinsam zur Strecke.

Da allzu sehr gegen den Strich der geläufigen Märchen-Mythen gebürstet, taugt Into the Wood, obwohl ab sechs freigegeben, ähnlich wie Tim Burtons Nightmare Before Christmas, für Kinder deutlich unter 12 doch wohl eher zum verfrühten desillusionierenden Overkill, der im vorliegenden Fall zudem noch mit einigen wenig kindgerechten Leichen garniert ist. Auch dürften gerade kleineren Zuschauern die im ausgewachsenen Musical komplett englisch vorgetragenen Songs kaum Gaudi bereiten. Auch für diejenigen, die Englisch gut verstehen, könnten die sich häufig wiederholenden Endreime mitunter doch etwas ermüdend sein. Hinzu kommt: Unmittelbar ins Ohr Gehendes wie beispielsweise „Send In The Clowns“ aus „A Little Night Music“ fehlt nahezu komplett. Immerhin dient der aus besagtem Musical entlehnte markante Walzer im Film als Hintergrundmusik zu Cinderellas Ball beim Prinzen. Darüber hinaus wartet der Hörer auf Ohrwurm- oder gar hitverdächtige Nummern leider vergebens. Unterm Strich ist das Gebotene zwar durchaus anhörbar, aber insgesamt bleibt wenig hängen.

Into the Woods von Blu-ray in HD

Die HD-Präsentation macht in Bild und Ton eine gute bis sehr gute Figur. Das sehr detailreiche Bild zeigt meist sehr gute Schärfe und ebenso einen überzeugenden Kontrastumfang. Nur in einzelnen Momenten weißt es infolge eines etwas zu hellen (leicht grau erscheinenden) Schwarzwertes geringfügige Mankos auf. Die Farbpalette ist dezent verfremdet. Neben teilweise etwas entsättigten Farben werden andere, etwa das Rot in Rotkäppchens Umhang besonders betont. Dazu präsentiert sich auf Wunsch ein äußerst fitter, auf den einzelnen Kanälen sehr aktiver DTS-HD 7.1-Surround-Sound-Mix, der akustisch für ein sehr plastisches Raumgefühl sorgt.

Die Boni-Kollektion mit u.a. „Trailern“, „Making-of“ und „Hinter den Kulissen“ ist nicht bloß komplett in HD. Sie ist, da nicht allzu werbelastig, zugleich sehr solide geraten. Es findet sich nicht bloß ein im Film nicht verwendeter Song. Man kann sich sämtliche Film-Songs, versehen mit Karaoke-Untertiteln, chronologisch zum Mitsingen anzeigen lassen. Etwas unschön ist allerdings, dass Disney dieses Mal im Menü für die vorhandenen Features, anstatt mit eindeutigem Text, ausschließlich mit gewöhnungsbedürftigen Symbolen aufwartet.

Fazit: Into the Woods steht zugleich für „Singing in the Woods“ und das nicht zu knapp. Im Gegensatz zu den bei Disney-Filmen in der Regel eher maßvoll eingestreuten Songeinlagen präsentiert sich hier nun ein nahezu sprechloses, d. h. fast durchweg mit Songs und Sprechgesang versehenes Vollblut-Musical. Hinzu kommt noch, dass der so kompromisslos, ja radikal die Märchenmythen dekonstruierende Into the Woods mit Kenneth Brennaghs ebenfalls aus dem Hause Disney stammender, dagegen wohltuend altmodischer, Cinderella-Spielfilm-Adaption rein gar nichts gemein hat. Wer auch damit leben kann, dürfte trotz einiger Schwächen mit dem insbesondere visuell durchweg sehr reizvollen und erst Recht von Blu-ray bildtechnisch besonders überzeugend präsentierten Filmmusical einigen Spaß haben.

Zur Erläuterung der Wertungen lesen Sie bitte unseren Hinweis zum Thema Blu-ray-Disc versus DVD.

Originaltitel:
Into the Woods

Regisseur:
Marshall, Rob

Erschienen:
2015
Vertrieb:
Walt Disney Studios Home Entertainment
Kennung:
BGY 0136604
Zusatzinformationen:
USA 2014

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